Tichys Einblick
Worum es wirklich geht

TV-Triell: Die Pläne der Kanzlerkandidaten im Faktencheck

Wahlkampf in Wolkenkuckucksheim: Die Kanzlerkandidaten von SPD, CDU und Grüne schwindeln sich an der Realität vorbei. Ihre Aussagen zu den wichtigsten Politikfeldern.

picture alliance/dpa/dpa Pool | Michael Kappeler

Beim Triell der Kanzlerkandidaten am Sonntagabend behaupteten Armin Laschet, Annalena Baerbock und Olaf Scholz vieles, das dem Test an der Wirklichkeit nicht standhält:

Klimapolitik kostet nichts

Der angebliche Klimawandel ist für alle drei Kandidaten verantwortlich für das Hochwasser und fehlende Vorsorge und schlechten Katastrophenschutz. Aber wer zahlt für die umfangreichen Vorhaben, das Weltklima mit Mitteln deutscher Wirtschaftspolitik zu bekämpfen? Für Olaf Scholz sind die Kosten der Klimapolitik allein ein „industrielles Projekt“. Die Wirtschaft soll die gewollte „große Transformation“ (Scholz) stemmen; Arbeitslosigkeit, steigende Preise, überwälzte Kosten? Kein Wort davon. Dabei kennt Scholz die Zahlen genau: Bis zu elf riesige Windparks bräuchte allein BASF in Ludwigshafen zur Stromversorgung – ständig, jede Millisekunde. Genau das leistet die Windenergie nicht – der Wind weht, wann er will. Und diese elf Windparks entsprechen in etwa der Gesamtstrommenge, die Dänemark per Windstrom erzeugt – noch vor dem Verlust an Energie auf dem dann notwendigen Nord-Süd-Transport über mehr als 1000 Kilometer. Jedes Stahlwerk, das weiß wiederum NRW-Ministerpräsident Laschet, braucht bis zu drei Nordsee-Windparks. Beide, Scholz wie Laschet, reden wohlgemerkt von Off-Shore-Anlagen, weit draußen im Meer. Deren Leistungsfähigkeit ist weit höher als die im Binnenland.

Beide wissen: Mit Windkraft ist der Industriestandort nicht zu halten – der beschlossene Ausstieg aus Kohle und Atom zur Energieversorgung wird gigantische Arbeitslosigkeit nach sich ziehen. Auch das Verbot des Verbrennungsmotors und die Umstellung auf E-Autos wird nach übereinstimmenden Schätzungen von Gewerkschaften, Wissenschaft und Wirtschaft rund 300.000 Arbeitsplätze kosten und noch mehr Strom verlangen.

Annalena Baerbock hat dazu keine Fakten auf der Pfanne. Sie will aber generös jedem Bürger für die steigenden Energiekosten 75 Euro überweisen. Damit benennt sie wenigstens einen kleinen Teil der Kosten, die auf die Verbraucher zukommen, anders als Laschet und Scholz, die dazu kaum etwas sagen: Nur Laschet spricht vage von Sozialverträglichkeit und gefährdeten Jobs. Baerbock geht es um Verteilung von Geld vom Staat zum Bürger. Die zentrale Frage wird nicht beantwortet: Woher kommen diese Beträge bei schrumpfender Beschäftigung und Industrie? Armin Laschet benennt die Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit nicht. Allerdings müsse Strom „zu jeder Sekunde“ fließen. Wie das geschehen soll nach dem Stromaussteig, den er ausdrücklich begrüßt, sagt er nicht.

Olaf Scholz ist ehrlicher: Er spricht von einer staatlich festgelegten Strommenge, die zukünftig noch verbraucht werden darf. 

Fazit: Es wird zu Belastungen für Bürger und Wirtschaft sowie zu Stromrationierungen im großen Stil kommen.

Es gibt keine Gewalt auf den Straßen

50 Prozent der Frauen fühlen sich an Haltestellen und Bahnhöfen unsicher, so zitiert RTL eine Umfrage. Eine sehr präzise Umfrage mit über 60.000 Befragten in 81 Kommunen in Nordrhein-Westfalen zeigt ein erschreckendes Bild:

60,4 Prozent der Befragten fühlen sich im öffentlichen Raum eher oder sogar stark unsicher, im ÖPNV sind es 57,7 Prozent. Noch alarmierender die Werte bei den Frauen. Im öffentlichen Raum fühlen sich 72,5 Prozent und im ÖPNV 69,8 Prozent aller weiblichen Befragten unsicher. Lediglich 15,0 Prozent der Opfer bei Einzeltätern und 20,6 Prozent der Opfer bei Gruppentätern zeigen eine Vergewaltigung an.  

Bärbock will das Thema nicht kennen. “Am unsichersten sind Frauen in den eigenen vier Wänden,” sagt sie. Olaf Scholz unterstützt sie mit der Bemerkung von einem allgemeinen „Femizid“, also Frauenmord in Deutschland. Verschwiegen wird: Der öffentliche Raum ist längst gefährlich für Frauen. Scholz und Laschet fordern mehr Überwachungskameras auf Bahnhöfen – von denen gäbe es bereits genug, sagt Baerbock. Fakt ist, dass Kameras auf Bahnhöfen weitgehend eine Seltenheit sind.

Fazit: Das Thema wachsender Gewalt gegen Frauen im öffentlichen Raum wird kleingeredet.

Verschwiegen: Die Ursache der Gewalt gegen Frauen

Weit überproportional beteiligt an jeder Art von Gewaltkriminalität, insbesondere an Gruppenvergewaltigungen und brutalen Überfallen, sind allerdings Migranten. Das Thema wird komplett verschwiegen – auch von Armin Laschet. Die Zahlen des Bundeskriminalamts zeigen für alle untersuchten Bereiche der Kriminalität annähernd eine Verdoppelung der Straftaten durch »Flüchtlinge« zwischen 2015 und 2019. So begingen Asylbewerber 15 bzw. 13 Prozent (2017 und 2019) der Tötungsdelikte – wohlgemerkt, bei einem Bevölkerungsanteil von etwa zwei Prozent. Bei Rohheitsdelikten (Körperverletzung, Raub usw.) kam es zwischen 2015 und 2018 praktisch zu einer Verdoppelung von 5,4 Prozent auf über zehn Prozent Asylsuchende unter den Tatverdächtigen. Auch im Jahr 2019 sank dieser Anteil kaum ab. Und auch bei Sexualstraftaten gab es nach 2015 eine Verdoppelung der Fälle mit Flüchtlingsbeteiligung. 2019 waren es 10,1 Prozent aller Sexualstraftaten und sogar 14,5 Prozent der Vergewaltigungen.

Fazit: Die Ursache wachsender Gewaltkriminalität wird komplett verschwiegen  – auch von Armin Laschet.

Die Bundeswehr wird angemessen bewaffnet

Spätestens nach dem Desaster auf dem Flughafen von Kabul stellt sich erneut die Frage: Ist die Bundeswehr gut genug ausgerüstet? 

Olaf Scholz verweist auf die steigenden Rüstungsausgaben – zu Recht. Allerdings geht es auch um Qualität. Laschet versucht zu kontern, dass die SPD den Kauf von bewaffneten Drohnen durch mehrere Beschlüsse blockiert. 

Tatsächlich liegt die Vorlage für die Beschaffung der Drohne #HeronTP seit Monaten entscheidungsreif im Bundesfinanzministerium. Scholz blockiert die Abstimmung durch die Blockade, weil er das verheerende Bild in Richtung der Soldaten fürchtet, wenn seine SPD diese, wie angekündigt, im Bundestag ablehnt. Olaf Scholz verbiegt die Wahrheit; Laschet legt sie offen. Baerbock hat nichts dazu zu sagen; ohnehin blieb sie bei entsprechenden Abstimmungen dem Bundestag fern. Das Thema äußere Sicherheit wird schöngeredet. Laschet benennt das Problem.

Fazit: Das Thema äußere Sicherheit wird von Scholz und Baerbock schöngeredet. 

Geld kommt von den Reichen

Alle drei Kandidaten haben keine Vorstellung davon, wie die Schuldenlawine begrenzt werden könnte. Olaf Scholz lehnt Steuersenkungen ab, will den Höchststeuersatz für Reiche, der heute je nach Familienstand etwa bei 65.000 Euro beginnt, allerdings verschieben und den Spitzensteuersatz erhöhen. Das klingt zunächst nachvollziehbar. Aber wenn die Steuerbelastungskurve später anzusteigen beginnt und einen höheren Spitzensteuersatz erreicht, dann wird sie noch steiler. Arbeit und Leistung lohnt sich nicht mehr, wenn von jedem zusätzlich verdienten Euro dann nur noch 20 oder 30 Cent bleiben. Das Steuermodell von Scholz ist extrem leistungsfeindlich. Armin Laschet benennt das nicht aber spricht sich wenigstens gegen weitere Steuer- und Beitragserhöhungen aus. Höhere Steuereinnahmen kämen von mehr Beschäftigung. Davon will Baerbock nichts wissen. Sie plädiert auch hier für Steuererhöhungen und Steuermehrausgaben etwa für eine neue Kindergrundsicherung. Wie in jedem Themenblock fordert sie höhere Staatsausgaben. Woher das Geld kommen soll, sagt sie nicht.

Fazit: Einen Kassensturz gibt es nicht im Wahlkampf – alle 3 Kandidaten beschönigen die Lage der öffentlichen Haushalte.

Alles darf gesagt werden

Die Mehrheit der Bürger fühlt sich unter Druck, die eigene Meinung für sich behalten zu müssen oder dafür Nachteile in Kauf nehmen zu müssen. Keinen Zwang zum Gendern will Olaf Scholz anwenden, immerhin. Aber er fordert trotzdem, die Sprache freiwillig zu verhunzen und spricht konsequent von Bürgerinnen und Bürgern, macht dabei ungewollt deutlich, dass die vielen neuen Formen mit Doppelpunkten, Schnalzlauten und Sternchen nicht praktikabel sind. Laschet will die „Tassen im Schrank“ lassen. Am weitesten geht Annalena Baerbock:

„Jeder kann denken und lachen, wie er will, als Privatmensch.“

Fazit: Geht es nach Baerbock, wird es wie in der DDR: Offen sprechen darf man nur noch zu Hause oder unter engsten Freunden – am Arbeitsplatz, in der Öffentlichkeit oder an der Uni gelten die staatlichen Sprech-Vorschriften und damit Denkverbote.

Der Staat kann alles

Laschet wendet sich mehrfach gegen immer mehr Bürokratie und Verbote; Baerbock plädiert in jedem Block für mehr Staatsaktivität – vom Schulranzen bis zur sofortigen Klimapolitik soll der Staat sofort und umfassend handeln. Sie spricht sich immer wieder für den Impfzwang aus – etwa für besondere Berufsgruppen oder bei einer Verschärfung der Lage will sie absoluten Zwang über den Körper nicht ausschließen. Der Bürger soll der totalen Verfügungsgewalt des Staates unterstellt werden. Dabei plädiert sie in allen angesprochenen Bereichen dafür, dass der Bund aktiv wird. Laschet kontert: „Es kann nicht sein, dass die Grünen in elf (!) Bundesländern mitregieren und immer wenn es nicht funktioniert, die Verantwortung delegiert und nach dem Bund gerufen wird.“

Bei Baerbock wird der Glaube sichtbar, dass eine staatliche Zentralinstanz alles besser regeln kann. Länder und Gemeinden sollen im Bereich Bildung, Wirtschaft, Haushalt und beim Überthema Klima weitgehend entmachtet und jeder einzelne Bürger der Zentralgewalt nach ihrer Vorstellung von Notwendigkeit (Impfung) unterworfen werden. Scholz kontert bei der Impfpflicht, die er ablehnt, aber bleibt unbestimmt. In der Klimapolitik macht er deutlich, dass künftig noch mehr vom Staat bestimmt werden soll, was und wie produziert werden darf. So soll künftig auch der Stromverbrauch rationiert werden.

Fazit: Mit Baerbock und Scholz erfolgt der Marsch in die Planwirtschaft.

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