Tichys Einblick
Deutschland hat eines der freiesten Mediensysteme - warum wirkt es so gleichgeschaltet?

Tag der Pressefreiheit: Die Binde vor den Augen der Journalisten

Gefahr für die Pressefreiheit: Die Ausbeutung durch radikale Minderheiten

Süß, nun haben wir also den Tag der Pressefreiheit. Nicht, dass mir das nicht gefiele. Aber er wird doch sehr gestrig gefeiert. Schauen wir uns einmal an, was da passiert an so einem Tag: Wer begrenzt denn Journalisten? Was sind die größten Gefahren für die Pressefreiheit? Wie ist es um Meinungsfreiheit bestellt in Deutschland? Wie geht das Spiel weiter?

Sieben sehr persönliche Thesen zu meinem Lieblingsberuf.




1. Journalisten binden sich selbst die Augen zu

Als Bewohner der offenbar terrorgefährdeten Stadt Frankfurt, habe ich mir die Nachrichten auf ZDF und Tagesschau zu den Bombenlegern aus Oberursel angeschaut; den mutmaßlichen. Da war so seltsam verklemmt von einem „Ehepaar“ die Rede, das Sprengmittel und Waffen angehäuft habe und von einem Sondereinsatzkommando verhaftet wurde. Das Radrennen rund um Frankfurt und durch den Taunus wurde abgesagt. Nun sind „Ehepaare“ im Sinne der öffentlich-rechtlichen Sender ohnehin schon eine seltsame, verdächtige Gruppe; sonst geht es ja immer um tolle Singles, verfolgte Alleinerziehende und gleichgeschlechtliche Paare, die als Role-models vorgeführt werden. Also jetzt ein „Ehepaar“ aufgrund dieses Status als Hauptverdächtige? Das ist nun echt Verdächtigungsjournalismus, der sich schnell aufklärt, denn das Bild zeigt bekanntlich mehr als 1000 Worte. Die Dame des Hauses trägt eine Burka. Während alle um sie herum verpixelt dargestellt werden –  bei der (mutmaßlichen, klar) Täterin war das nicht nötig. Sie trug Burka, und ist durch ihren schmalen Sehschlitz nicht erkennbar. Gequält musste aber der Sprecher sich am offenkundigen moslemischen Hintergrund vorbeigeschwurbeln.

Ich bin gespannt, wann uns der Presserat empfiehlt, auch Burkas zu verpixeln. Da sind ja sonst Vorurteile nicht auszuschließen.

Journalisten machen sich blind, weil sie Ziffer 12 des Kodex des Deutschen Presserats befolgen: Danach soll die „Zugehörigkeit von Straftätern zu religiösen, ethnischen oder anderen Minderheiten“ nicht genannt werden, um ja keine „Vorurteile zu schüren“. Hübsch. Das stammt aus der Gastarbeiterzeit. Mittlerweile aber haben viele Minderheiten sich dieses Passus bemächtigt und bestehen auf Erblindung der Medien. Berichterstattung wird blind und macht sich lächerlich, weil sie das Offenkundige verschweigt. Man könnte es auch Selbstzensur nennen – oder das Befolgen von Regeln, die radikale Minderheiten für sich ausnutzen. In den USA wurde zwar über den Mordanschlag auf die Redaktion von Charlie Hebdo berichtet – aber die Zeitung nicht gezeigt. Minderheitenschutz! Längst geht der Minderheitenschutz so weit, dass eigentlich nur noch ältere, weiße, heterosexuelle Männer als Täter genannt werden dürfen. Irgendjemand muss es ja gewesen sein.

2. Persönlichkeitsrecht ist Feind der Pressefreiheit

Was wurde gejubelt, als Google endlich das „Recht auf Vergessen“ umsetzen musste. Klingt toll. Ich will auch gelegentlich, dass besonders dumme Artikel von mir vergessen werden. Im Fall, der gegen Google vom EuGH entschieden wurde, hat ein wegen schweren Betrugs verurteilter Anwalt durchgesetzt, dass seine Straftat nicht mehr genannt werden darf. Ein Anwalt! Darf man nicht wissen, dass dieses Organ der Rechtspflege ein Betrüger ist? Ist das keine wichtige Information? (Sie muß ja nicht mal zwangsweise geschäftsschädigend sein.) Ist es gut, dieses Recht auf Vergessen, der elektronische Radiergummi, die Säuberung der Archive auf Verlangen? Es behindert und verhindert notwendige Berichterstattung. Bereits vor einigen Jahren durfte ich den Namen eines Betrügers nicht veröffentlichen. Er hatte Tausende von Anlegern um hunderte Millionen geprellt und war dafür 4 Jahre hinter Gittern. Immerhin. Kaum freigelassen, begann er das Spiel von Neuem. Diesmal waren es staubtrockene Ölquellen. Die Schneeballsysteme haben immer neue Themen, der Trick bleibt gleich. Viele betrügerische Modelle können nach geltender Rechtslage nicht mehr kritisch hinterfragt werden. Ein Verfahren wegen „Geschäftsschädigung“ droht. Guter Journalismus wird so immer teurer – weil das Recht auf „Privatsphäre“ heute über allem steht. Leider auch für Schufte: Du darfst NICHT schreiben, dass einer, der Hunderte kleine Anleger um Hunderte Millionen betrogen hat, im Gefängnis war.

„Resozialisierung“ ist Richtern heute wichtiger als die Warnung: Achtung, dieser Mann dreht euch jetzt Ölaktien für Quellen an, die staubtrocken sind. Das ist keine Jammerei, ich schreibe das zum ersten Mal. Wer austeilt, muss auch einstecken. Das ist nur fair. Aber wer nicht einstecken KANN, weil sonst die Existenz ruiniert ist, wird auch nicht schreiben. Aber wenn wir schreiben, was ist, wer betrügt, schummelt und abkassiert, dann ist das eigentlich wirkungsvoller als noch ein Gesetz zum Anlegerschutz – das greift immer erst, wenn alle schon ihr Geld verloren haben. Aber das war. Heute wird die Schlacht vor Gericht ausgetragen, nicht mehr in den Medien. Für Betrüger zählt dabei jeder Tag – weil sie jeden Tag damit verdienen. Deshalb lassen sie sich ihre Anwälte viel Geld kosten und versprühen ihr Paragraphen Agent Orange gegen jede kritische Berichterstattung. Dagegen muss guter Journalismus erst mal anschreiben – aber bitte nur mit juristischer Luftunterstützung. Darf man Schufterei vergessen, trotz erkennbarer Neuauflage? Wandelt man sich im Gefängnis vom Schuft zum ehrlichen Kaufmann? Die hochgelobte Privatsphäre wird zur Schutzzone für Betrüger. Und die Kritiker eifern. Aber Pressefreiheit muss auch unangenehme Wahrheiten aussprechen – auch über Minderheiten, auch, wenn es deren Lobby nicht passt.




3. Namen nennen, Gesichter zeigen

Gut einen Monat nach der Germanwings-Katastrophe in den französischen Alpen ist  bekannt geworden, dass US-Behörden bereits 2010 über psychische Probleme des Todespiloten Andreas Lubitz informiert waren. Aus jüngst veröffentlichten Regierungsdokumenten geht hervor, dass die US-Luftfahrtbehörde FAA wegen der Erkrankung zögerte, dem damaligen Lufthansa-Flugschüler einen US-Pilotenschein auszustellen.

In Deutschland wurde doch tatsächlich von Vielen gefordert, den Namen des Todespiloten nicht zu veröffentlichen und schon gar nicht sein Foto; gerade sehe ich bei Google-News, dass immer noch in vielen Medien von einem Andreas L. die Rede ist und ein zum Fußball gepixeltes Bild mich mehr verstört als informiert.  Medien wurden heftig kritisiert, weil sie frühzeitig über den Verdacht des Mordes durch Lubitz berichteten und auch nicht die offizielle Stellungnahme abgewartet haben. Die Erfolge guter Recherche werden gegen die Medien ins Feld geführt. Glauben wir wirklich, dass die betroffene Fluggesellschaft gerne und freiwillig ihre organisatorischen Schwächen offenbart? Dass der Staatsanwalt wirklich die Wahrheit sagt, wirklich? Das Recht auf Vergessen und der Kult um das Persönlichkeitsrecht zerstören die Basis der Berichterstattung; Straßenfotografie ist schon fast schwerkriminell. Dazu kommen Abmahnvereine und die „Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs“. Sie jagen jeden, der schreibt, was die Konsumenten interessiert – aber etablierte Anbieter stört. Ihnen geht es nicht um Pressefreiheit, sondern um Gebühren zu Lasten der Berichterstattung. Das ist Wettbewerb pervers: Was neu ist, wird bekämpft, damit Abzocker weitermachen können. Ist das noch Pressefreiheit? Wir müssen sie verteidigen, gegen die Interessen dieser Gruppen.

4. Pegida heute besonders gewaltfrei?

Mehrere Berliner Medien verbreiteten am Abend vor dem Tag der Pressefreiheit folgende Meldung:

„Friedlichster Mai-Start seit Jahren: 41 Polizisten verletzt“… oder  etwa
Berlin.de titelte wie folgt: „Kaum Gewalt am 1. Mai: 41 verletzte Polizisten, 53 Festnahmen“. Stellen wir uns einmal am Montag folgende Meldung vor: „Friedlichste Pegida-Demonstration in Dresden seit Monaten – wieder mal nicht ein Polizist verletzt oder gar krankenhausreif geschlagen.“

Undenkbar. Medien beschönigen linke Gewalt; das gilt als eine Art hamburger oder berliner Folklore-Form des Mai-Baumstehlens, ein Brauch, der in Bayern noch vorhanden ist: Man klaut den Mai-Baum des Nachbarorts, und die Polizei ermittelt nicht mal… 41 verletzte Polizisten gelten als Ausweis einer besonderen Friedfertigkeit. Linke Gewalt? Gibt es gar nicht, gab es nicht, kann es gar nicht geben, spottet Bettina Röhl, „weil sie immer nur eine mutige, hilflose, davidartige Reaktion ist auf die ungeheuer mächtige Gewalt der “Reaktion”, des “Imperialismus”, des “Kapitalismus”, des “Systems”, der “herrschenden Klasse”, des “Militarismus”, der “mächtigen Atomlobby”, der “Banken”, der “Kriegstreiber”. Es ist  – so behauptet es auch die amtierende Familien-und Frauenministerin Schwesig (SPD) – kurz, ein “aufgebauschtes Problem.”

Da wundern sich dann manche Journalisten, dass sie nicht mehr ernst genommen werden. Die Pressefreiheit verschwindet, wenn sie nur noch einseitig instrumentalisiert wird, wenn sie auf einem Auge blind ist.

Das scheint mir persönlich derzeit die größte Gefahr zu sein.

5. Warum schreiben wir so, wie wir schreiben?

Deutschland ist nach wie vor ein Land grösster Freiheit, und es gibt exzellenten Journalismus. Es kann ihn ja geben! Aber am Tag der Pressefreiheit sollten wir darüber nachdenken, wie wir diese Spielräume nutzen, statt sie aufzugeben. Erstaunlich, dass zu wenige Journalisten dieses Recht nutzen, und sich vielmehr einem Mainstream einordnen, in den sie niemand zwingt – außer sie selbst. Dazu einige Thesen:

1) Journalisten pflegen oft eine Art „Hinrichtungsjournalismus“. Dabei wird nicht versucht, Menschen Ausdruck zu verleihen, sondern sie bewusst misszuverstehen, Aussagen zu verkürzen, aus dem Zusammenhang zu reißen, um diese Menschen negativ vorzuführen. Das schafft Schlagzeilen, denn die Meute greift auf, was andere ihr vorwerfen. Dagegen wehren sich immer mehr Menschen, denen ein Presserechtler nicht zur Verfügung steht, durch Schweigen. Wer es kann, läßt sich die Texte zur „Autorisierung“ vorlegen oder alarmiert einen Presserechtler schon mal vorab. Guter Journalismus wird schwieriger, weil viele sich unfair behandelt fühlen müssen.

2) Erfolgversprechend ist eine „Skandalisierung“. Nicht mehr Sachverhalte werden berichtet, sondern Missstände sollen aufgedeckt, Schufte vorgeführt, Verantwortliche gesucht und angeprangert werden. Dies ist sicherlich auch eine Aufgabe des Journalismus. Aber die Technik und Vorgehensweise hat sich verselbständigt.

3) Meinung überdeckt die Fakten. BBC World meldete seinerzeit:
“In Den Haag wurde der niederländische Politiker Geert Wilders vom Vorwurf der Volksverhetzung freigesprochen”
Tagesschau meldete:
“In Den Haag wurde der islamfeindliche und rechtspopulistische Politiker Geert Wilders vom Vorwurf der Volksverhetzung freigesprochen”
Den Unterschied zwischen Nachricht und Kommentierung gibt es mittlerweilen kaum mehr. Nachrichten werden zu einem obersten Gerichtshof, die Tagesschau korrigiert natürlich das niederländische Gericht; ganz ohne Verteidigung und Revision. Die sind ja bekanntlich am Gerichtshof der Medien sowieso nicht zugelassen.

4) Journalisten laufen Gefahr, sich zum Handlanger der Mächtigen zu machen. Die Droge heisst Nähe. Journalisten möchten gerne den Mächtigen nahe sein, um Informationen zu erhalten. Nähe setzt aber ein Mindestmaß an Zustimmung voraus. Also teilen Journalisten den „Spin“, die „Drehung“, die Politiker den Ereignissen geben. Gerade in Berlin ist diese Nähe zu eng geworden, weil Politiker und Journalisten im Regierungsviertel tagein tagaus aufeinander kleben. Politiker und PR-Agenturen haben gelernt, sich diese Neigung von Journalisten zunutze zu machen. Sie sind daher im Meinungskampf allen anderen Gruppen weit überlegen.

5) Journalisten teilen bestimmte Werte und versuchen, diese zu transportieren – und dabei entsteht eine ausgeprägte Einseitigkeit. Journalisten in Deutschland verstehen sich mehrheitlich als dem linken oder grünen Spektrum zugehörig, was an sich nicht verwerflich ist. Allerdings besteht ihr Berufsethos darin, sich als „Meinungslenker“ zu verstehen; während etwa angelsächsische Journalisten sich als „Nachrichten-Geber“ sehen. Darin ähneln unmittelbar nach der Wende westdeutsche übrigens den stalinistisch ausgebildeten ostdeutschen Kollegen. Dies ist vermutlich eine lange Tradition, die in der lange autoritären Struktur Deutschlands begründet liegt. Journalisten rekrutieren sich aus dem immer wieder selben Milieu. Sie transportieren, was sie interessiert. Ist Ihnen schon mal die massenhafte Berichterstattung (natürlich positiv) über Veganismus aufgefallen? Sie können gerne essen, was sie wollen. Aber statistisch sind Veganer nicht zählbar, weil so wenige. Und doch – so viele Titelgeschichten…

6) Journalisten wollen, wie alle Menschen, in der Gruppe geachtet und geschätzt werden. Sie orientieren sich an Vorbildern, denen sie nacheifern. Dadurch entsteht der Gruppendruck. Er wird verschärft durch die derzeitige Medienkrise. Im Schwarm fühlt sich der einzelne Fisch sicher; je näher man aufeinander rückt, um so homogener, mächtiger und einheitlicher wirkt der Schwarm, und umso bedrohlicher. Das reduziert die Gefahr für den Einzelnen, abseits zu stehen, oder gar Kritik einstecken zu müssen.

7) Der Gruppendruck führt zum “Wolfsrudel”, von dem sich nicht nur der frühere SPD-Vorsitzende Kurt Beck gejagt fühlte. The winner takes it all. Loosers don’t sell. Tony Blair hat den Mechanismus kurz vor seinem Rücktritt beschrieben: „Aus der Sorge, etwas zu verpassen, jagen die Medien heute, mehr als je zuvor, in einem Rudel. In diesem Modus sind sie wie ein wildes Biest, das Menschen und Reputationen einfach in Stücke reißt.“

Sicherlich gibt es noch weitere Gründe für den Konformitätsdruck der Medien. Dazu zählt die Nähe zur politischen Macht im Zuge der Zentralisierung Deutschlands auf Berlin als Haupt-Medienstandort. Das redaktionelle Herz vieler Regionalzeitungen, wie etwa der Süddeutschen, schlägt nicht mehr vor Ort, also zum Beispiel in München, sondern in Berlin und gleicht sich somit den anderen Redaktionen zwischen Restaurant Borchardt und Café Einstein in Berlin Mitte an. Evelyn Roll, langjährige Korrespondentin, spricht von einer „freiwilligen Gleichschaltung“. Gegen diese freiwillige Gleichschaltung sollten wir ankämpfen. Das ist wahre Pressefreiheit.




6. Wird es so bleiben?

Viele Journalisten gehen abends ins Bett und beten: „Lieber Gott laß es Montag werden und zwar einen Montag, an dem das Internet weg ist“.

Viele hoffen darauf, dass das Internet verschwindet, weil es ihre wirtschaftliche Grundlage zerstört; wie schön war es doch, als wenige Zeitungen, Sender und fette Zeitschriften die Pfründe der Werbewirtschaft noch untereinander aufteilen konnten. Aber das Internet ist nicht nur ein Freß-Konkurrent. Es ändert die Spielregeln:
Menschen können zurückschreiben. Das tun sie im Internet. Sie kritisieren Journalisten, und zwar nicht nur am Stammtisch, sondern in relativ großer Verbreitung. Die Kritiker werden zu Kritisierten, das ist eine dumme Sache für uns Journalisten. Der Zugang zu Medien ist nicht mehr monopolisiert, sondern steht mehr Menschen als bisher offen. Das setzt Journalisten unter Begründungszwänge. Eigentlich nichts ungewöhnliches; das kennt jeder Arzt, weil die Patienten mit der selbst gegoogelten Diagnose in die Sprechstunde kommen. Das macht das Geschäft schwieriger. Auch für Journalisten. Deswegen hassen so viele das Internet.

Es zeigt außerdem: Andere googeln schneller und besser. Das erhöht den Begründungszwang bis hin zum Notstand. Auch das Wissensmonopol ist weg. Viele Leser gehen an Orginalquellen, die ja auch nur einen Klick weit entfernt liegen, die aber mühsam zu lesen und zu verstehen sind. Wie gemein! Journalisten haben nach der Deutungshoheit auch den Wissensvorsprung verloren, den bisher ein gut sortiertes Archiv mit vielen Mitarbeitern und Belegen garantierte.

Das neue Mediensystem ähnelt dem uralten: Weniger professionelle Journalisten – mehr Fachleute und Laien, die schreiben. Ich finde das nicht schlimm. Ich finde auch Leserkommentare toll. Viele ärgern mich, ok., aber sehr oft werde ich auf Fehler aufmerksam gemacht; also kann ich mich korrigieren. Viele Schreiber ergänzen, erweitern, erneuern meine Sichtweise. Großartig! Das wiegt den einen oder anderen Troll auf. Danke, ich finde Kommentare hilfreich und eine großartige Entwicklung.




7. Umrisse eines neuen Mediensystems

Es entsteht ein neues Mediensystem, in dem bisherige Merkmale völlig fehlen: Die Zugangsbarrieren, die hohes Kapital erforderten; die autoritäre Katheder-Position der Journalisten mit ihrer Deutungshoheit des Geschehens. Der Wissensvorsprung der Medien verschwindet durch die Real-Time-Realität der virtuellen Medien. Vieles wird nachprüfbar – und zwar in der Sekunde. Es entstehen auch Gefahren; die bisherige kühle Professionalität guter Journalisten bei Auswahl und Bewertung von News wird durch eine virtuelle Crowd ersetzt, auf die auch der Begriff Meute passen kann. Die Gesellschaft wird tribialisiert; zerfällt also in „Meinungsgruppen“, die gar keine andere Sichtweise an sich heranlassen. Nachrichten werden zur Selbstbestätigung. Manipulation ist leichter als je zuvor, weil sie schnell, leicht, authentisch und unkontrollierbar daher kommt. Professionelle Gatekeeper fehlen.

Das kann nicht wegdiskutiert werden. Der Fortschritt ist eben wie immer janusköpfig. Aber er kommt. Wir leben jetzt im Übergang vom autoritären System zum demokratischen Kommunikationssystem. Da wird es noch einige Opfer geben. Aber am Tag der Pressefreiheit sollten wir über die Gestaltung diskutieren – und nicht jammern, dass die Konkurrenz größer geworden ist – und die Konsumenten ihrerseits zu Produzenten werden. Das gilt auch für Medien.