Tichys Einblick
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Siemens: Der Held der Woche ist Joe Kaeser

Die Frankfurter Rundschau ist "froh" über Millionen Kriegstoter und brennender Städte; Stauffenberg soll gegen Twitter-Hetzer eingesetzt werden und der Mann im Mond darf nicht länger weiß sein.

Christoph Sache/AFP/Getty Images

Was wäre, wenn ein historisches Ereignis anders gelaufen wäre? Diese Frage ist nie beantwortbar. Trotzdem: Was wäre passiert, wenn das Stauffenberg-Attentat Hitler getötet und der Staatsstreich gelungen wäre? Vermutlich wäre der 2. Weltkrieg früher beendet worden. Nach dem 20. Juli bis zum Ende des Krieges starben noch einmal geschätzt fast fünf Millionen, vernichtet vom Krieg und verhungert, erschlagen und ermordet in den Gaskammern von Auschwitz und anderswo. Die Verlustzahlen deutscher Soldaten kletterten auf über 20.000 PRO TAG. (zu den Zahlen der in diesem Zeitraum gefallenen Wehrmachtsangehörigen und deutschen Uniformierten siehe Anmerkung)  Warschau wäre vermutlich nicht komplett zerstört worden, genauso wenig wie andere Städte, deren Infrastruktur beim Rückzug der Deutschen vernichtet wurde. Jeder vermiedene Kriegstag wäre ein guter Tag gewesen, der für sich schon das Attentat gerechtfertigt hätte.

So sieht es die Frankfurter Rundschau nicht. Arno Widmann schreibt ganz unbefangen: Wir können froh sein, dass der Putsch vom 20. Juli 1944 gescheitert ist. Ohne die vernichtende Niederlage Deutschlands, ohne die brennenden Städte wäre denen, die ganz Europa sich unterworfen hatten, der Glaube an die eigene Herrenrassenherrlichkeit nicht auszutreiben gewesen.“

Millionen von Toten und zerstörte Städte – wie grausam kann man sein, über so eine Folge „froh“ zu sein? Die Frankfurter Rundschau klingt wie jener berühmte „Nero-Befehl“ Hitlers „Befehl betreffend Zerstörungsmaßnahmen im Reichsgebiet“vom 19. März 1945, der eine Taktik der verbrannten Erde anordnete.

Stauffenberg gegen Hetzer und Populisten

Der 20. Juli blieb geistig unverdaut, nicht nur bei der Lokalzeitung aus Frankfurt. „Wir erleben auch heute Hetze von Populisten und politischen Brandstiftern. Als Staatsbürger sind wir alle gefordert, ihnen die Stirn zu bieten. Staatsbürger in Uniform stehen in besonderer Weise im Dienst dieses Auftrags. Die Tradition des #20Juli verpflichtet“, twittert die frischgebackene Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer. Was will sie uns damit sagen? Stauffenberg und seine Mitverschwörer haben nicht „der Hetze von Populisten und politischen Brandstiftern“ die Stirn geboten, sondern Kriegsverbrechern und haben dafür mit dem Leben teuer bezahlt. Hitler und seine Männer (und Frauen) waren keine wirren Twitter-Schreiber. Diese komplette Maßstabslosigkeit ist auf dem geistigen Niveau von – ja was? Es bleibt nur ein Maßstab für Niveaulosigkeit, besagte Frankfurter Rundschau. Was denkt sich die Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt (IBUKin) eigentlich? Gegen wen richtet sich ihr Aufruf – soll die Bundeswehr jetzt Facebook säubern oder Twitter überwachen oder die Verfasser einbuchten? War es vielleicht beim Widerstand ganz anders – er richtete sich gegen die Staatsgewalt, und nicht gegen Kritiker derselben. Wird die Bundeswehr jetzt im Inneren eingesetzt, vorzugsweise gegen Regierungskritiker? Und wie steht das in der Tradition des Widerstands?

Toxische Mondlandung

Trump vs. Women of Color – der Clash of Civilizations hat die USA erreicht
Gut, dass man die nicht lesen muss. Das Qualitäts- und Intelligenzblatt der Stadt ist bekanntlich die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Zur Mondlandung lesen wir:

„Zwölf Menschen waren bisher auf dem Mond, ausschließlich Männer weißer Hautfarbe. Das wird nicht so bleiben, denn auch die Vereinigten Staaten haben sich in den vergangenen 50 Jahren verändert.“ Und weiter lesen wir in der Zeitung, hinter der kluge Köpfe sich verstecken:

„Alle waren Amerikaner weißer Hautfarbe, alle waren männlich, und bis auf einen handelte es sich um ranghohe Offiziere der amerikanischen Luftwaffe oder der Marineflieger, unter ihnen ein Brigadegeneral.“ Die Mondladung war also die toxische Leistung weißer Männer, die damals allerdings noch nicht alt waren, aber oft Militärs. Früher war man ja bescheidener; man fühlte sich als Zwerg, dessen scheinbare Größe daher rührte, dass er auf den Schultern von Riesen stand. Heute hängt historische Größe von der richtigen Hautfarbe ab. Abgesehen davon, dass die USA derzeit kaum die Kraft für derartige Leistungen aufbringen würde, siehe auch unsere Serie zur Mondlandung von Holger Douglas. Die nächste Mondlandung wird von Indern oder Chinesen vorbereitet. Dann ist der Mann im Mond nicht mehr weiß und die FAZ hat doch Recht. Aber was hat sie davon? Was war zu beweisen außer der Tatsache, dass Mut zur Größe divers ist?

Josef Käser, Held der Woche

Der Held der Woche ist ohne Zweifel Josef Käser aus Niederbayern, der sich Joe Kaeser nennt, was seinen Aufstieg zum Vorstandsvorsitzenden der Siemens AG vermutlich befördern sollte und notwendig war, denn bekanntlich beschäftigt Siemens dort ein Viertel seiner Mitarbeiter. Kaeser hat twitter entdeckt, was eine bewundernswerte Leistung für den Chef eines Konzerns ist, der in den vergangenen 50 Jahren jede, aber auch wirklich jede Entwicklung in der Information-und Kommunikationstechnik verpennt und seine Aktivitäten auf diesem Gebiet schon lange vor Kaeser eingestellt hat. Sein erster Tweet skalpierte Alice Weidel von der AfD und ihre Rede im Deutschen Bundestag; „Lieber Kopftuchmädchen als Bunde Deutscher Mädchen“ zwitscherte der Hobby-Blitzpublizist. Nun gut, Heldentat war das noch keine, eher Schulterschluss mit der Bundesregierung, einem der größeren Kunden. Denn aus dem Geschäft mit Endkunden hat sich Siemens längst verabschiedet und sich allein auf Großkunden und vornehmlich Staatsaufträge beschränkt. Da ist es schon mutig, dass Kaeser Trump attackiert mit der Bemerkung, es sei das „Gesicht von Rassismus und Ausgrenzung“. Kaeser schießt gerne gegen Trump, aber hatte im letzten Jahr etwas zu lange keine Probleme darin gesehen, wie alle anderen nicht nach Saudi-Arabien zu fahren nach dem Mord an Kashoggi.

Das erstaunt. Unvergessen, wie Kaeser mit anderen Größen der deutschen Wirtschaft beim Wirtschaftsgipfel in Davos, nun ja: auf der Schleimspur kroch. „Glückwunsch zur Steuerreform“. Danach erklärte er, dass Siemens seine neue Generation von Gasturbinen in den USA zu entwickeln gedenke und in der Kraftwerkssparte 6.900 Arbeitsplätze abbauen wolle, davon fast die Hälfte in Deutschland. Mal seh’n, ob das „Gesicht von Rassismus und Ausgrenzung“ das einfach so hinnimmt.

Nun beweist Kaeser doch Heldenmut vor Trumps Könsigsthron. Hoffentlich bekommt das auch Siemens. Denn wenn Trump der ist, als den ihn beispielsweise Ralf Stegner beschreibt, nämlich ein „Rassist+notorischer Lügner, ein Prahlhans+intellektuell minderbemittelter Millionär“, dann Gnade Gott Siemens angesichts der drohenden Rache dieses rachsüchtigen Monstrums. Ein kleiner Tipp ganz ohne Beratungshonorar: Sperrt Kaesers Twitter-Account. Denn der jüngste Tweet fällt streng genommen unter die Abteilung Insider-Geschäfte. Offensichtlich möchte Siemens keine Geschäfte mehr mit US-Regierungsstellen tätigen. Das hat Auswirkung auf den Aktienkurs, oder?

Anmerkung: Die Verluste der Wehrmacht stiegen ab Frühjahr 44 massiv an, was ja einer der Gründe war, die Putschvorbereitungen zu beschleunigen. Die exakten Zahlen werden gerade recherchiert; bis dahin verweisen wir auf folgende Darstellung, die die Zahl der Toten der Wehrmacht und Kriegsgefangenen darstellt. 

Eine systematische Darstellung der Verluste finden Sie hier. https://www.stsg.de/cms/sites/default/files/dateien/texte/Overmans.pdf

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