Tichys Einblick
Russland greift die Ukraine an

Krieg in Europa und die Dummheit in Deutschland

Russlands Präsident Wladimir Putin will durch militärische Aggression die Landkarte neu zeichnen. Seine eigentliche Stärke ist die Dummheit in Deutschland.

Wladimir Putin verkündet in einer Fernsehansprache den Beginn von Militäroperationen im Donbas, 24.02.2022

IMAGO / Russian Look

Der Krieg ist da, und wenn er mit dem Zusammenbruch der Ukraine endet, geht er erst richtig los. Er zerstört eine Ära des Friedens; für den Krieg sind wir nicht gerüstet.

Der halbwegs solide Friede in Europa beruhte seit 1945 auf einem klaren Grundsatz: Grenzen sind unverletzlich; kein Land darf die Grenzziehung der Nachkriegszeit in Frage stellen. Rückkehr zu früheren, großen Reichen galt als „Revanchismus” und „Revisionismus“ – also die blutige Umkehr eines blutig erreichten Zustands; Krieg wollte niemand.

Jetzt ist dieser Krieg wieder da. Und damit auch das Bewusstsein dafür, dass die Ukraine nur der erste Fall ist; alle sogenannten Begründungen, die Putin nennt, sind auch auf Polen, die baltischen Länder, Ungarn, Rumänien und Bulgarien anwendbar. Haben sie nicht alle direkt oder indirekt zum sowjetischen Reich der Russen gehört? 

Nun kann man Putin anklagen und beklagen. Aber seine Stärke ist die Schwäche des Westens.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat ihm den Bau der Nord-Stream-2-Pipeline ermöglicht und deutsche Unternehmen haben den Bau finanziert. Von Anfang an war klar, dass dieser Bau nur die Funktion hat, die Ukraine zu schwächen, durch deren Territorium die bisherige Gasversorgung lief. Nun kann Putin dort kriegerisch agieren, die Pipeline zerschlagen – das Gas fließt ins abhängige Deutschland früher oder später durch Nord Stream 2 – und die Milliarden für die Kriegsmaschine im Gegenzug. Diese Pipeline ist ein strategisches Konzept, das Putin durchgesetzt hat, um seine langfristigen Aggressionspläne zu verwirklichen.

Alle haben sie ihm dabei geholfen, alle und das wissentlich: Angela Merkel, Gerhard Schröder; zwei Ex-Kanzler also vollziehen die Geschäfte Putins. Manuela Schwesig zählt dazu, aber auch Friedrich Merz, der verhindert hat, dass die finanziellen Sanktionen durchgesetzt werden konnten, die den Geldfluss durchbrechen. Er ist und bleibt den Finanzhaien verpflichtet, auch als CDU-Vorsitzender. AfD und Linke haben Putins Einmarsch verharmlost, als wolle er mit 150.000 Soldaten in den Aufmarschgebieten nur eine Art folkloristische Winter-Spiele abhalten.

Dass er verharmlost wird, ist Putins Trumpfkarte in den letzten Runden. Manche hören immer noch nicht damit auf. Die Grünen haben die Abhängigkeit von Putins strategischer Gas-Waffe erhöht. Noch am Tag der Invasion war Umweltministerin Steffi Lemke in Polen und hat der dortigen Regierung Sanktionen angedroht, wenn sie den Bau von Kernkraftwerken durchzieht. Aha. Wer sich unabhängig macht von Putins Gas, muss mit Strafe rechnen. Steffi Lemke gebührt der Preis für die Fähigkeit, die Augen vor einer drohenden Gefahr zuzupressen.

Und natürlich schicken wir so glanzvolle Politiker wie Annalena Baerbock ins Gefecht gegen Putins ausgebufften Außenminister Lawrow; um im Bild zu bleiben: Gänseliesel trifft auf Wolf. Olaf Scholz hat sich dafür bejubeln lassen, dass nach seinem Besuch Fake-Bilder vom angeblichen Rückzug verbreitet wurden. Der Rückzug war keiner. Die Medien haben ihn trotzdem bejubelt. Verteidigungspolitik ist eine schwierige Angelegenheit; Verständnis für Truppe und Gerät braucht es, strategisches und taktisches Denken, Kenntnis der Außen- und Sicherheitspolitik.

Über nichts davon verfügt Christine Lambrecht, schon als Justizministerin unfähig, als Inhaber der Befehls- und Kommandegewalt überfordert wie der Maulwurf, der den Himalaya erklettern will, den er von seinem Maulwurfshügel aus sieht. Davor Annegret Kramp-Karrenbauer; das Verteidigungsministerium als Pflegeanstalt für abgehalfterte Politikversager. Noch davor: Ursula von der Leyen, die Panzer so hat umrüsten lassen, dass Schwangere darin herumfahren können. Und die wollen wir jetzt zur Abschreckung losschicken, um Putin zu stoppen?

Es ist ein Panoptikum der Lächerlichkeit.

Man kann sich über Putin erregen, man muss es tun. Sicherlich. Aber er zieht seine Politik langfristig, entschieden, skrupellos und insoweit klar, transparent und stringent durch. Sie funktioniert nicht nur, weil sie langfristig angelegt ist. Sie klappt, weil ihm gegenüber gekaufte Politiker der SPD und offensichtlich auch Union sitzen, ein grünschnäbeliger Polit-Kindergarten, der seine Träume lebt, aber nicht die Realität, und eine Union, die sich immer noch nicht von Angela Merkel gelöst hat, die Putin kennt – und ihm nichts entgegengesetzt hat, sondern seine Absichten beförderte.

Sparen wir uns das Geschimpfe auf Putin. Deutschlands Politik hat versagt und wird weiter versagen. Sie hofft darauf, dass sie die USA beschimpfen darf, und im Zweifelsfall von US-Marines gerettet wird.

Es ist der Zusammenbruch unseres deutschen politischen Systems. Nicht weniger.

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