Tichys Einblick
Kein Osterspaziergang

Die Folgen von Corona: Einwanderung und Kleinstaaterei gleichzeitig

Die Pandemie-Bekämpfung wird längst zum Selbstzweck für autoritäre Politiker und Beamte. Wie lange kann man den Deutschen Freiheit abknöpfen, bis sie sich wehren?

imago images / PanoramiC

Daniel Günther ist ein gewichtiger Mann der deutschen Innenpolitik. Wann immer Angela Merkel Unterstützung braucht, springt er herbei – eilfertig, dienstbeflissen, allzeit bereit, Merkel zu verteidigen. Im Nebenberuf ist er Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein, ein Land, das eine wichtige Außengrenze zu bewachen hat, die nach Dänemark.

„Grenzkontrollen werden aufrecht erhalten“

Daniel Günther hat nun versprochen, dass die Grenzkontrollen aufrechterhalten werden. Grenzkontrollen – nach Dänemark? Schengenraum, EU, beste Freunde? Keine Sorge, diese Grenzen sind nicht gemeint. Günther und seine Kanzlerin haben durchgesetzt, dass Einreisende zum Beispiel aus Äthipoien, Irak, Iran, Gambia, Senegal, Afghanistan und anderen Ländern weiterhin ungehindert einreisen dürfen. Für angebliche Asylbewerber gelten Günthers Grenzkontrollen nicht. Im Gegenteil. Wer Asyl sagt, ist sakrosankt: Keine Corona-Kontrolle, keine Paßkontrolle, keine Überprüfung des Asylgrundes – Asyl wird automatische erteilt und damit freie Einreise für jeden, der dieses Wort aussprechen kann, inklusive späterem Familiennachzug, auch frei; Unterhalt geht auf Kosten des Staates. Nein, solche Grenzkontrollen meint Günther nicht.  Günther meine die Grenzen zum Stadtstaat Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern.

Der Norddeutsche Bund – zerschlagen

Deutschland versinkt also in Kleinstaaterei, die man eigentlich seit der Gründung des Norddeutschen Bundes durch Fürst Bismarck im Jahre 1866 überwunden glaubte. Hamburger, die ihre Wohnung in, sagen wir: Travemünde haben und ein Dienstauto mit Hamburger Kennzeichen fahren, werden jetzt kontrolliert. Eilfertig machen Spitzel und Denunzianten mit; davon gibt es bekanntlich viele. Bürger, die ihren Sonntagsausflug ins Umland machen wollen, werden von der Polizei zurückgepfiffen. Selbstverständlich auch an der Grenze zu Mecklenburg-Vorpommern, auch Mitglied des Norddeutschen Bundes. Der Corona-Bekämpfung dient das nicht. Wer allein spazieren geht in den Weiten Schleswig-Holsteins, trägt weniger zur Verbreitung bei, als wenn er am Jungfernstieg Luft schnappt. Mecklenburg-Vorpommern ist längst Wolfsland, weil so dünn besiedelt. Warum dort nicht die Seele baumeln lassen? Berliner, die dort eine Ferienwohnung besitzen, werden hart angefaßt. Der gewichtige Amtsvorsteher von Löcknitz-Penkum beispielsweise erläßt eine kraftstrotzende „Ausreiseverfügung“ gegen die Berliner Schriftstellerin Monika Maron. Sie hat ihre Wohnung und das Land Mecklenburg-Vorpommern „unverzüglich“ zu verlassen, andernfalls werde „umgehend Strafanzeige“ erstattet.

Ist die Schriftstellerin eher Gefährder im menschenarmen Löcknitz-Penkum oder im dichtbesiedelten Berlin? Wie ihr geht es hunderten Berlinern. Sie werden in die enge Großstadt gezwungen, zwecks Seuchenbekämpfung. Nun gibt es vielleicht auch andere Gründe. Könnte es sein, dass die SPD-geführte Landesregierung endlich einen Weg gefunden hat, um Zweitwohnungsbesitzern heimzuleuchten? Es soll doch jeder nur ein Zimmer haben im neuen deutschen Sozialismus, denn das schafft Platz für die Neidgefühle der Sozialisten. Der Pandemiebekämpfung ist es nicht dienlich, wenn Ferienwohnungen leer stehen und dichtbesiedelt Städte überfüllt bleiben.
Und so sind die Norddeutschen Länder abgeschnitten voneinander und vom Ausland, das schon gleich hinter der Gemarkung Löcknitz-Penkum beginnt. Auch die Häfen sind geschlossen. Kein Segel ist auf Nord- wie Ostsee zu sehen. Segeln ist verboten. Warum?

„In diesem Sommer wird nicht gerettet“

Es ist kein norddeutsches Phänomen. Auch in Bayern, das sich dem Norddeutschen Bund nicht anschließen wollte und einst Nähe wie Offenheit zur K.u.K Monarchie Österreichs-Ungarns suchte, ist diesmal nicht besser dran.

In Bayern sind Bergwanderungen verboten. Offiziell, weil die Gefahr bestünde, dass ein Erkrankter einen ganzen Zug der Bergwacht infizieren könnte, müsste der Verunglückte gerettet werden. Aber warum? Wäre es nicht einfacher, an Häfen im Norden, an Seen und Flüsse in ganz Deutschland und vor Wanderpfaden in Bayern und Baden-Württemberg Schilder anzubringen mit dem Satz: „In diesem Sommer wird nicht gerettet. Nicht auf Bergeshöhen, nicht in Meerestiefen“. Dann wüsste man: Man erholt sich auf eigene Gefahr. Wer in der Watzmann-Ostwand hoch über dem Königsee abstürzen oder unbedingt in der Lübecker Bucht ersaufen will – heute keine Rettung. Auf eigene Gefahr, auf eigene Verantwortung.

Nur einen, nur diesen kurzen Sommer lang, dann retten wir wieder jeden Berliner mit Badelatschen im Hochgebirge und jeden Westfalen im Schlauchboot aus dem Sog vor Skagerrak oder Helgoland. Aber längst verbietet uns der Nanny-Staat, das wir mancherorts spazieren gehen. In Frankfurt ist Johann Wolfgang Goethe zu Ostern zur Gerbermühle spaziert und erkannte: „Vom Eise befreit sind Strom und Bäche durch des Frühlings holden lebenden Blick“. Die Gerbermühle ist zu Ostern geschlossen, der Wirt bangt um 80 Mitarbeiter und seine Zukunft. In München ist das Sitzen auf Parkbänken nur einzeln und kurz zum Zwecke der unumgänglichen Erholung erlaubt, sagt die Polizei – Söder widerspricht tags darauf, so einfach ist es heute, als Ministerpräsident Punkte zu machen. Im Park sitzen und Musik hören? Bleibt in Berlin trotzdem verboten. Kommt das Virus aus dem Buch? Nein, widerspricht Markus Söder der Polizei, und auch nicht aus der Zeitung.

Und so kommt ein Irrsinn zum Nächsten. In Berlin werden Kinderspielplätze strengstens kontrolliert, während die Dealer im Görlitzer Park weiter ihr Geschäft durchziehen. Weil das Hamburger Restaurant von Star-Köchin Cornelia Poletto derzeit aufgrund der Coronakrise geschlossen bleiben muss, können Kunden die Speisen momentan nur abholen. Am Sonntag sollen es sich einige der Kunden jedoch auf Bänken vor dem Restaurant etwas zu gemütlich gemacht haben. Jetzt droht Poletto eine saftige Geldstrafe. Das berichtet Bild. Demnach erwartet Poletto eine Anzeige über rund 4.000 Euro, weil sich die Kunden wohl mit Speisen und Getränken auf die Bänke vor dem Restaurant setzten.

„Lieber in die Augen schauen und lächeln“

Wie man nachlesen kann, trat TE schon sehr früh für eine Bekämpfung der Pandemie ein; allerdings mit verhältnismäßigen Methoden. Anders die Bundesregierung. Noch am 11.3. empfahl Merkel den Journalisten der Bundespressekonferenz, sich nicht zu oft in die Augen zu fassen und statt Händeschütteln: „Lieber mal eine Sekunde länger in die Augen blicken und lächeln“. Mit diesem Versuch, die Pandemie klein zu reden, wurde wertvolle Zeit verspielt, wurden Leben gefährdet und Menschen möglicherweise früher um ihr Leben gebracht, die sonst noch leben könnten. Mit dieser Politik wurde die Wirtschaft an die Wand gefahren und eine Krise von Staat und Gesellschaft ausgelöst, die die Spannungen nach ihrer Zuwanderungskampagne von 2015 noch übertrifft.

Nach dieser lächerlichen Pressekonferenz Mitte März scheint Merkel erkannt zu haben, dass in jeder Krise eine Chance liegt. In diesem Falle wird wohl ausgetestet, wie lange man die Bevölkerung mit völlig unsinnigen Maßnahmen schikanieren kann, bis es zum Protest kommt. Und wie man den Ausnahmezustand dazu nutzen kann, noch mal die Zuwanderung völlig unbegrenzt und unkontrolliert in die Höhe zu fahren. Wie lange man Freiheitsrechte beschneiden kann und dafür Applaus erhält von allen Medien.

Die Antwort kennen wir. Daniel Günther hat sie gegeben: Die Vernunft hat komplett abgedankt, und die Deutschen lassen es zu. Wie lange kann man den Deutschen Freiheit abknöpfen, bis sie sich wehren? Oder wollen sie es sogar, wenn sie an der Staatsgrenze zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein zurückgeschickt werden, was man einem Asylbewerber nie und nimmer zumuten würde? Einwanderung – Maximierung auf der einen Seite, Einsperren auf möglichst engem Raum andererseits – es passt nichts mehr zusammen.

„Jetzt sind sie halt da“, wird Merkel sagen und den Schon-länger-Daseienden zurufen: „Nun dürft ihr nicht mehr weg“.

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