Tichys Einblick
Feindliche Übernahme

„Im Widerstand“: Woke Linke schäumen auf Twitter gegen Elon Musk

Elon Musk hat am Donnerstag viele damit überrumpelt, dass er Twitter nun doch übernimmt. Mittlerweile hat die Gegenoffensive begonnen. Woke Linke fahren alle möglichen Mittel auf, um dagegen Stimmung zu machen – nur faire sind keine darunter.

Es gibt zwei Arten von Protesten, zu denen die woken Linken in den sozialen Netzwerken neigen. Die erste ist der einfache Reflex: Jemand hat ein Wort oder einen Gedanken gesagt oder geschrieben, und das Wort oder der Gedanke steht auf der Tabuliste. Dann gibt es die rasche Empörung. Schnell findet sich auch jemand, der den jeweiligen Arbeitgeber anschreibt, denn schließlich soll der Sünder nicht nur verbal abgestraft, sondern existenziell vernichtet werden. Es ist die bei Woken beliebte Form der Empörung, weil sie nicht viel erfordert. Pawlow hat bewiesen, dass sich sogar Hunde zu vergleichbaren Aufgaben dressieren lassen.

Dann gibt es noch die zweite Form der Empörung: jene, die Antizipation erfordert. Sie bringt für Woke meist den Nachteil mit sich, dass sich schon eine Deutung durchgesetzt hat, bevor sie gedanklich soweit sind. Dies müssen sie durch ihre Stärken ausgleichen: schier unbegrenzte Tagesfreizeit, Quantität und die Entschlossenheit, den Kampf gegen den politischen Gegner nicht an den Grenzen der Fairness zu beenden, sondern dort zu beginnen. Tesla-Chef Elon Musk hat für 44 Milliarden Dollar Twitter gekauft, dafür Geldgeber gefunden und Pläne mitgebracht, das soziale Netzwerk umzubauen. Das erfordert Antizipation. Folglich dauerte es ein wenig, bis die Woken ihre PS auf die Straße brachten.

Doch mittlerweile schöpfen sie aus dem vollen Repertoire an Tagesfreizeit und schießen gegen Musk. Ein Vorfall kam ihnen dabei entgegen: ein Überfall auf Paul Pelosi, den Mann der Demokrat-Politikerin und Sprecherin des amerikanischen Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi. Bei diesem Vorfall wurde Paul Pelosi verletzt. Die offizielle Darstellung lautet, er sei von einem Einbrecher überrascht worden. Musk schrieb dazu auf Twitter, dass es einen kleinen Zweifel daran gebe, ob der Ablauf wirklich so wie geschildert stattgefunden habe.

Seitdem verbreiten die Gegner des Twitter-Deals einheitlich die Sprachregelung, Musk habe eine Verschwörungstheorie in die Welt gesetzt. Vor allem woke und linke Zeitungen wie die FAZ beteiligen sich an dem Treiben. Ihre Darstellung stimmt schon rein sprachlich nicht. Eine Theorie wäre es nur, wenn Musk eine Idee dazu geäußert hätte, was statt dem offiziell Dargestellten im Haus Pelosi tatsächlich passiert sei. Eine Verschwörung wäre es nur dann, wenn mächtige Menschen sich verabreden, sich an der falschen Darstellung zu beteiligen. So ist es eher ein Verdacht oder ein Zweifel, den Musk geäußert hat. Aber was sind Präzision und richtige Einschätzung wert, wenn Woke gegen ihre politischen Gegner ins Feld ziehen?

Nach der Übernahme Twitters durch Musk hat auf dem Netzwerk die Zahl der Nutzer des N-Worts rasant zugenommen. Für die, die nicht wissen, was damit gemeint ist: Es hat nichts mit der Mainzer Fastnachtslegende Ernst Neger zu tun, schon eher mit dem Fluss in Nordwestafrika und gilt in den USA als unsagbares Schimpfwort für Farbige. Wobei dieses Wort mittlerweile auch unzulässig ist. Richtig ist: Menschen von Farbe. Warum das jetzt besser ist? Weil Woke es so wollen. Und Woke haben keine Vorschläge und Meinungen, sondern nur Wahrheiten, die sie verbreiten.

Nun gibt es zwei schlüssige Theorien, wie es zu dem Anstieg in Sachen N-Wort gekommen ist: Die erste lautet, Rassisten fühlen sich durch Musk motiviert und haben sich den triebhaften, aber bisher aufgestauten Wunsch erfüllt und das N-Wort endlich ausgeschrieben. Oder zweitens: Woke haben es in einer Aktion gezielt verbreitet, um ihre Theorie zu bestärken, dass Twitter unter Musk ein Ort für „Hass und Hetze“ werde. Was ihm wiederum bei den Werbekunden schadet. Beides sind Theorien. An Beweisen fehlt es bisher für beides. Das hält Woke aber nicht davon ab, die erste Theorie zu verbreiten. Dazu legitimieren sie sich selbst: Denn Woke verbreiten keine Theorien, äußern auch keinen Verdacht oder sagen ihre Meinung. Wenn sie von etwas überzeugt sind, ist es eine Wahrheit, die es zu verbreiten gilt.

Das dritte Rohr, aus dem Woke gegen Musk schießen, ist ein Plan, der verbreitet wurde und besagt: Der neue Twitter-Chef wolle von den Nutzern eine monatliche Gebühr nehmen, die einen „blauen Haken“ auf ihrem Profil haben. Auch das stimmt schon rein sprachlich nicht. Der Haken ist weiß und befindet sich auf einem blauen Hintergrund. Aber Präzision ist kein Aspekt, wenn Woke einen Krieg erklärt haben. Musk will Geld verdienen, was die woke Theorie – sorry: Wahrheit – bestätigt, der neue Twitter-Chef sei ein kapitalistisches Monster.

Blaue Haken, die eigentlich weiß sind, erhalten prominente Nutzer. Vor allem sind das Politiker, aber auch Showstars, Journalisten oder Unternehmer. Diese Haken bestätigen den anderen Nutzern, dass hinter dem Account tatsächlich der besagte Prominente steht. Nicht wenige andere nutzen für ihren meist kleineren Account den Namen von Prominenten, um sich auf diese Weise selbst etwas Reichweite zu verschaffen. Eben diese Reichweite steckt als Argument hinter dem möglichen Plan, den Haken kostenpflichtig zu machen.

Denn Twitter verschafft den Prominenten Reichweite und Aufmerksamkeit. In Politik, Journalismus oder Showgeschäft ist Aufmerksamkeit eine Währung. Und mit der zahlt Twitter reichlich. Ein Account wie der von SPD-Chefin Saskia Esken, dem über 10.000 Menschen folgen, kommt schnell auf eine zweistellige, wenn nicht sogar dreistellige Millionen-Summe an monatlichen „Pageviews“. Das ist die Einheit dafür, wie vielen Menschen die jeweiligen Beiträge angezeigt wurden.

Um das einzuordnen: Esken bezahlt in ihren verschiedenen Funktionen mehrere Menschen dafür, Pressemitteilungen zu veröffentlichen. Schafft es eine solche Mitteilung in den Text einer Zeitung, kann die froh sein, wenn sie damit 10.000 Pageviews schafft. So viele Menschen erreicht Esken dann mittelbar mit einem Text, auf dessen Endfassung sie keinen Einfluss hat. Auf Twitter schafft sie ein Vielfaches mit unmittelbaren Äußerungen, die Esken bis ins letzte Detail steuern kann. Der Haken identifiziert diese Äußerungen als echt. Und dafür will Musk nun Geld haben? Was für ein kapitalistisches Monster.

Esken kritisiert Musk scharf. Grundsätzlich. Sie wirft ihm vor, „Hass“ und „Fake News“ die Tür zu öffnen. Deswegen hat sie am Donnerstag in klaren Worten ihren Abschied von Twitter verkündet. Am Montag-Nachmittag war sie immer noch da. Esken will noch ein wenig von Musks Reichweite profitieren. Kostenlos. Schließlich ist sie Sozialdemokratin.

Warum schäumen Woke so gegen Musk? Vor der Übernahme war Twitter ein Akteur, der sich in den verschiedenen Debatten klar auf ihre Seite stellte. Dafür sorgte etwa die ehemalige Zensur-Beauftragte Vijaya Gadde. Zum Beispiel beim Thema Transsexualität. Schon die Behauptung, dass Frauen und Männer zusammen Kinder zeugen, galt für das alte Twitter als Affront gegenüber Transsexuellen und führte zu Strafen bis hin zur Account-Sperrung. Keilten aber transpolitische Aktivisten aus, war das für Twitter kein Problem. Selbst wenn Morddrohungen gemeldet wurden, wie es die britische Autorin JK Rowling tat. Ihr antwortete das Twitter-Team zynisch. Da könne es jetzt nichts machen, würde sich aber freuen, wenn Rowling weiter Beschwerden einreicht.

Gadde gehörte zu den ersten drei Mitarbeitern, die Musk im hohen Bogen rauswarf. Das werden die Woken ihm nie verzeihen. Sie werden ihn weiterhin mit ihrem Hass überziehen. Den Krieg bis zum Sieg führen. Das sollte ihnen möglich sein. Denn Zeit genug haben sie ja dafür.

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