Tichys Einblick
Leicht gemacht

Wirtschaft, rot-grün in leichter Sprache

Markt und Wettbewerb kommen im SPD-Wahlprogramm in leichter Sprache nicht vor, geschweige denn Eigentum und Freiheit. Die Grünen lassen Wirtschaftsthemen möglichst beiseite. In leichter Sprache ist Wirtschaft eigentlich nur ein Umweltproblem.

Bild: mit freundlicher Genehmigung von Bettina Hagen, Hamburg

Das Konzept der „leichten Sprache“ ist eine vorauseilende Kapitulation angesichts der selbstverschuldeten Volkslegasthenie. Ein Kniefall vor der Ausdrucklosigkeit. Die Aufgabe eines Anspruchs an die allgemeine Bildung als Grundlage der freiheitlichen Demokratie.

Aber die leichte Sprache ist auch eine Offenbarung. Mangels Möglichkeiten, feine Unterschiede zu formulieren, ist es deutlich schwieriger, die wahren Absichten mit Floskeln und Weichmachern zu vertuschen. Ein paar Einblicke, welches Wirtschaftsverständnis sich aus derart erleichterten Wahlprogrammen enthüllt.

Bei der SPD werden alle Arbeitnehmer von der Regierung bezahlt. Löhne sind grundsätzlich und im Speziellen zu Wahlkampfzeiten ein gewichtiges Thema der SPD: „Alle Menschen sollen genug Lohn bekommen. Lohn ist das Geld, das man für seine Arbeit bekommt.“ Und die SPD ist der Meinung: „Viele Menschen machen gute Arbeit. Dafür sollen sie auch genug Geld bekommen.“ Eine Regierung mit Martin Schulz als Bundeskanzler hätte dementsprechend auch eine klare Lösung parat: „Wir werden die Arbeit wieder gut und gerecht bezahlen.“ Faszinierend, dass auf diese Idee nicht schon vorher jemand gekommen ist.

Freilich muss man auch erwähnen, die SPD meint schon, „unsere Firmen in Deutschland sollen sehr gute Arbeit machen“ („sollen“!?), und gesteht sogar zu, „sie sollen damit viel Geld verdienen“. Relativiert das allerdings umgehend mit der Anrüchigkeit einer klaffenden Gerechtigkeitslücke: „Es sollen aber alle Menschen in Deutschland etwas davon haben.“

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Die Entmündigung der Bürger durch "leichte" Sprache
Klar, ohne die SPD würden die Unternehmer und Manager den ganzen Gewinn nur wieder in die eigene Tasche stecken und sinnlos verprassen. Da ist es besser, der Martin nimmt‘s ihnen vorher weg und verteilt alles neu und gerecht. Und er zahlt damit nicht nur die Löhne, sondern er muss sich überhaupt um alles kümmern: „Es ist wichtig dass es unserer Wirtschaft gut geht. Dafür brauchen wir zum Beispiel: + gute Handwerker + gute Betriebe. Dafür wollen wir Geld ausgeben.“

Markt und Wettbewerb kommen im SPD-Wahlprogramm in leichter Sprache nicht vor, geschweige denn Eigentum und Freiheit. Kein Wort. Das will man Leicht-Lesern offenbar nicht zumuten.

Bei der SPD wird die Wirtschaft von Politikern und Regierungen gemacht. Unternehmen treten nur als Erfüllungsgehilfen auf – Unternehmer dahinter gar nicht. Den Betrieben gesteht man nur bedingt gewisse Verdienste zu, um sich nicht Neidhaftigkeit vorwerfen lassen zu müssen.

Von Marktwirtschaft ist nicht ein Hauch zu spüren. In leichter Sprache offenbart die SPD ihr Ideal einer zentral geregelten Wirtschaft. Eigentlich kein Wunder bei einer Partei, die programmatisch nach wie vor ausdrücklich in der „stolzen Tradition des demokratischen Sozialismus“ steht. Im üblichen Politsprech übertüncht man das gerne mit Wir-stehen-natürlich-auch-hinter-der Wirtschaft-Floskeln. Die leichte Sprache lässt hinter die Fassade blicken.

Die Grünen stellen es ein bisschen schlauer an. Die lassen Wirtschaftsthemen sowieso weitmöglichst beiseite. In leichter Sprache kommt die Wirtschaft eigentlich nur als Umweltproblem vor: „Boden, Luft und Wasser sollen sauber bleiben. Wir wollen noch mehr Erneuerbare Energien. Es soll keine Kohle-Kraftwerke mehr geben. Dafür muss sich unsere Wirtschaft ändern. Unsere Wirtschaft soll mehr mit Erneuerbaren Energien arbeiten. So kann es sichere Arbeits-Plätze geben.“

Nachdem schon die ganze Wirtschaft offenbar renitent umweltschädlich ist, sind die großen Unternehmen allein schon wegen ihrer Größe die apokalyptischen Reiter der drohenden Ökostrophe: „Wir wollen neue Regeln für große Unternehmen. Diese Firmen schaden der Umwelt. Zum Beispiel durch Luftverschmutzung.“ Je größer, desto dreckiger, so einfach kann man sich die Welt stricken.

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Das war’s dann auch schon. „Wirtschaft“ wird zwar noch als „schwieriges Wort“ erklärt – die wichtigsten Merkmale der Wirtschaft sind „Dinge herstellen“, „Dinge verkaufen“ und „Arbeits-Plätze schaffen“ – aber wen interessiert eine Definition von etwas, das ansonsten nur unwesentlich behandelt wird. Ganz abgesehen davon, dass auch hier ganz abstrakt DIE Wirtschaft herstellt, verkauft und schafft, und nicht Unternehmen und Unternehmer. Da lässt sich zumindest ahnen, dass im grünen Verständnis Wirtschaften nicht unbedingt etwas sein muss, das mit Eigentum, Markt und Wettbewerb zu tun hat.

Wobei man beim grünen Light-Wahlprogramm insgesamt den Eindruck gewinnt, dass ihnen Wirtschaft, wenn sie keine größeren angenommenen Probleme macht, schlicht ziemlich egal ist. Wozu Unternehmen, bei uns kommt das Einkommen aus dem Geldautomaten und die Produkte aus dem Bio-Kaufhaus.

Am Rande, ein wenig abseits meines Themas, sehr spaßig fand ich bei den Grünen die Aussage: „Es soll mehr Elektroautos geben. Sie verschmutzen die Umwelt nicht.“ Da hab ich dann endlich verstanden, was „Leichte Sprache“ wirklich heißt: Für-dumm-Verkaufen.