Tichys Einblick
Auf das Leben!

Wenn Courage zur Pflicht wird …

Malca Goldstein-Wolf sagt: Feigheit ist unsexy, für uns Juden kann sie aber existenzgefährdend sein, wir können uns Feigheit schlichtweg nicht leisten.

© Axel Schmidt/AFP/Getty Images

Die beste Waffe, die jeder von uns hat, die nichts kostet und die man sich sogar antrainieren kann, ist Courage.

Und wenn man sich einmal überwunden hat, laut und deutlich zu seiner Meinung zu stehen, wird es sogar von Mal zu Mal leichter. Die Erfahrung, dass sich dieser Mut auf andere überträgt, multipliziert und sogar fremden Menschen Flügel verleiht, macht nahezu süchtig, sich gegen Unrecht zu positionieren.

Campinos Stimme hat gezittert, als er dort so mutterseelenallein auf der Bühne bei der Echo-Preisverleihung stand, um das auszusprechen, was ausgesprochen werden musste, aber nichts mit seiner professioneller Show zu tun hatte.

So manches Geschäft stinkt eben doch
„Echo“-Auszeichnung für antisemitische Rapper
Er hat Mut bewiesen und dafür gesorgt, dass sich wenigstens im Nachhinein auch andere Prominente gegen diese Schande aussprechen – und dass man sich daran erinnert, dass wenigstens einer Anstand bewiesen hat.

Stellen wir uns vor, Palina Rojinski, die jüdische Moderatorin, die ebenfalls im Publikum saß, wäre zu ihm auf die Bühne gegangen und hätte ihm Rückendeckung gegeben … Wieviel Stärke hätte sie dem Sänger der Toten Hosen in dem Moment verleihen können.

Möglicherweise hätte allein diese spontane Unterstützung dafür gesorgt, dass noch mehr Menschen aus dem Publikum sich zu den beiden gesellt hätten und die Stimmen immer lauter geworden wären.

Ein einziger Mutiger kann die Massen bewegen, erinnern wir uns nur an Martin Luther King Jr..

Palina Rojinski ist sitzen geblieben, hat die After Show Party genossen und ihr hübsches Gesicht in jede Kamera gehalten, Arm im Arm mit der Frankfurter Society, die Lady, die mit einem Juden verheiratet ist …

Jetzt ist Schweigen in unserem Falle, weil wir so wenige sind, besonders übel. Wir torpedieren uns selbst und wir schwächen uns selbst.

Wenn dann noch ein bekannter jüdischer Comedian im Interview mit Kollegah, das Jüdischsein mit Tripper vergleicht, dann ist alles zu spät.

Feigheit ist unsexy, für uns Juden kann sie aber existenzgefährdend sein, wir können uns Feigheit schlichtweg nicht leisten.

Genauso wenig können wir uns „Freunde“ leisten, die angeblich zu uns stehen und im Angesicht von Antisemiten den Mund nicht aufbekommen.

Wenn jeder einzelne von uns im täglichen Leben Mut trainiert, Schritt für Schritt, und wir dann auch noch lernen, einander solidarisch zu sein, dann kann uns nichts stoppen, dann werden wir wie die IDF (Israel Defense Forces) sein, unzerstörbar und angsteinflößend für unsere Feinde!

Auf das Leben!


Malca Goldstein-Wolf