Tichys Einblick

Warten auf die Wärmepumpe

Heizungsgesetz, war da was? Bis zum Ende der Sommerpause hat sich wenig getan bei den Nachbesserungen an der berüchtigten Lex Wärmepumpe. Womöglich ist es nur die Ruhe vor dem Sturm.

IMAGO / Rüdiger Wölk

Das Sommerloch naht. Politiker sehnen sich nach dem Sommerloch, weil man kurz vor dessen Beginn den ungeliebten Ballast loswerden kann. Danach verabschiedet man sich in die Sommerpause. Die unangenehmsten Gesetze können noch kurz zuvor durchgepaukt werden. Politiker sind in vielen Belangen wie schlechte Schüler: bei der Zeugnisausgabe irgendwie noch versetzt werden und dann in die Sommerferien.

Vor dem Sommerloch steht das künstliche Sommerloch. Der Bundestag tritt nur noch in drei Sitzungswochen zusammen. Doch davor herrscht Ruhe vor dem Sturm. Die Agora-Affäre versackt. Über Lina E. redet man nicht mehr. Und selbst die Wärmepumpe verschwindet aus den Schlagzeilen. Stattdessen ein bisschen Rammstein hier, ein bisschen AfD-Panik dort.

Das Heizungsgesetz, das letztlich zum Sturz eines Staatssekretärs führte – und nebenbei eine ordentliche Menge schmutziger Wäsche zutage förderte – spielt zwischen den Sitzungs- und Kabinettsrunden eine untergeordnete Rolle. Obwohl es für eine ganze Reihe von Hausbesitzern existenzgefährdend sein könnte.

Die plötzliche Ruhe im Heizungsstreit ist demnach eine bedrohliche Ruhe. Die FDP ist merkwürdig still nach der Beantwortung ihrer Fragen an Robert Habecks Wirtschaftsministerium. Die Liberalen hatten angekündigt, sie würden sich vor der Beantwortung des Katalogs nicht bewegen. Und nun?

Immer wieder stellt sich die Frage, ob die Ampel das Heizungsgesetz noch vor der Sommerpause durchwinkt. Für die Grünen ist das nicht verhandelbar, würde es doch den Eindruck eines angeschlagenen Wirtschaftsministers Habeck erhärten. Die FDP wiederum muss wenigstens zum Schein das Projekt verzögern, nachdem sie Kritik geäußert hat. Habeck kündigt indes Nachbesserung an, die allerdings bloße Worte bleiben. Eine Vorlage bleibt das Kabinett noch schuldig.

Offenbar sucht man nach einer gesichtswahrenden Methode. Sie ist in der Bundesrepublik jüngeren Datums nicht neu. In der Frage der Parteienfinanzierung hat die Große Koalition schon ähnlich gehandelt. Und im Zuge der Corona-Jahre hat sie es immer wieder so getan. Das Szenario könnte so aussehen: am letzten Wochenende treffen sich die Ampelparteien „überraschend“ zu Sondierungen. Der Entwurf geht in der letzten Woche im Bundestag ein. Erste Sitzung, federführende Ausschusssitzung mit einigen Sachverständigen als Alibi, die gerade Zeit haben. Am Donnerstag oder Freitag Schlussabstimmung. Die AfD, die alte Spielverderberin, wird eine Namentliche Abstimmung beantragen. Danach geht es für die Schüler in den Sommerurlaub, wahlweise Toskana, Südfrankreich oder Bali.

Das mag ein Unkenruf sein. Aber so stellt sich die parlamentarische Situation in diesem Land dar. Man mag sich natürlich fragen, wann das Bundeskabinett über die Heizungsreform abstimmt. Die Antwort: das Kabinett hat längst abgestimmt. Nämlich am 19. April. Die Fassung, die in den Bundestag kommt, wird sich nur wenig unterscheiden und auch nach den Ausschussverhandlungen minimal anders ausfallen.

Wie wenig es zu diesem Thema zu berichten gibt, zeigt der Umstand, dass es mittlerweile eine Meldung darstellt, wenn Habeck die Verabschiedung des Gesetzes vor der Sommerpause für „möglich“ hält. Das mediale Berlin sucht händeringend nach Nachrichten. Dabei bedeutet die Meldung lediglich: vielleicht kommt das Heizungsgesetz nicht erst in der letzten, sondern schon in der vorletzten Woche im Hau-Ruck-Verfahren.

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