Tichys Einblick
Viktor Orbán in London

Wer bezahlt den Krieg und die Utopie? Ungarische und deutsche Antworten

Bei seinem Treffen mit Boris Johnson sagte Viktor Orbán, dass man den Preis des Krieges nicht die ungarischen Familien bezahlen lässt. Und in einem Video kann man sehen, wie Orbán Einheiten der ungarischen Armee besucht. Auf solche Bekenntnisse wird man in Deutschland wohl vergeblich hoffen.

Bild: via FB/ UK Prime Minister

Am 8.3.2022 fand ein von den deutschen Medien weitegehend und aus schlechten Gründen ignoriertes Treffen zwischen den Ministerpräsidenten der 4 Visegrad-Staaten (Polen, Ungarn, Slowakei und Tschechien, kurz V4 genannt) mit dem britischen Premier Boris Johnson statt. Die deutschen Medien schwiegen schon allein aus dem Grund, weil ihnen Orbáns Botschaft höchst ungelegen kommt. Der Krieg in der Ukraine, so Orban in einer Erklärung, hat alle anderen Themen hinweggefegt. Ungarn trägt die Sanktionen der EU mit und verurteilt auch Putins Krieg gegen die Ukraine.

In einem Video konnte man unlängst den Ministerpräsidenten sehen, der Einheiten der ungarischen Armee besuchte. Natürlich sollen die Bilder Botschaften vermitteln, vor allem die, dass Ungarn,  bereit und in der Lage ist, sein Land zu verteidigen. Anschließend sah man Viktor Orbán, der sich über die Flüchtlingshilfe informierte. Hier ist Ungarn, das eine gemeinsame Grenze mit der Ukraine teilt, zur schnellen Aufnahme und effektiven Hilfe nicht nur bereit, sondern bereits mittendrin.

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 Obwohl Bundeskanzler Olaf Scholz einen Fonds für die Bundeswehr von 100 Milliarden Euro zur Verfügung stellte, der hoffentlich nicht zum Kampf gegen rechts in der Truppe, zum Gendern der Dienstvorschriften, zur Finanzierung der zahllosen rotgrünen NGOs oder zur Entwicklung von wehrhaften Windrädern verwandt wird, vermisst man Bilder, die einen Bundeskanzler in Zeiten, in denen Krieg in Europa herrscht und auch Deutschland in einem hohen Maß bedroht ist, bei der Truppe zeigen, im Gespräch mit Truppenkommandeuren. Es täte wohl auch einem Bundeskanzler gut, der als früherer Finanzminister eine erhebliche Mitschuld am Zustand der Bundeswehr trägt, sich vor Ort zu informieren. Es wäre ein Bekenntnis zur Bundeswehr und zudem eine Möglichkeit, sich abseits von einer immer stärker ideologisch ausgerichteten Bürokratie ein wahres Bild der Lage zu verschaffen.

Kritische Berichterstattung in Deutschland darf bei allem Drang, sich die erhabensten Gefühle zu verschaffen und jeden Tag 24 Stunden lang Putin in den Postillen zu besiegen, nicht versäumen, über die Kosten der Sanktionen zu sprechen, die weder Olaf Scholz, noch Annalena Baerbock, noch Robert Habeck und schon gar nicht der ergrünte Christian Lindner tragen werden, sondern die deutschen Familien. Insofern ist Lindners Feststellung, dass wir alle „ärmer“ werden, blanker Hohn und Zynsimus. Mit „wir“ meint Lindner „ihr“ – und nur „ihr“.

Man gewinnt den Eindruck, dass die Ampel – unterstützt von aktivistischen und zwangsgebührenfinanzierten Medien – den Preis für eine desaströse Energiewende, für die Zerstörung der Energiesicherheit und der Deindustrialisierung unter den Kriegskosten zu mischen sucht. Hatte Robert Habeck nicht vor Kurzem davon gesprochen, dass wesentlich mehr Geld für die Transformation zur klimaneutralen Gesellschaft benötigt wird? Denkt man nicht in Habecks und Lindners Ministerium darüber nach, wie man den Bürger noch stärker für die inzwischen grüngelbe Utopie zur Kasse bitten kann?

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Viktor Orbán machte hingegen in den Gesprächen in London bei allem Engagement eines deutlich: „Die Ausweitung der Sanktionen auf den Energiesektor, auf den Öl- und Gassektor würde für Ungarn eine unverhältnismäßig große Belastung darstellen. Deshalb habe ich klargestellt, dass wir den bewaffneten Angriff von Seiten Russlands verurteilen, wir verurteilen auch den Krieg, aber wir werden es nicht zulassen, dass man den Preis des Krieges die ungarischen Familien bezahlen lässt, deshalb dürfen die Sanktionen nicht auf das Gebiet von Öl und Gas erweitert werden.“ Man muss dazu wissen, dass Ungarn die Preise für Energie für private Haushalte gesetzlich geregelt, das heißt gedeckelt hat. Der Staat verdient also zumindest im privaten Bereich nicht an den Preiserhöhungen mit.

Doch wie man vergeblich darauf warten wird, dass sich Olaf Scholz konkret bei Kommandeuren und Soldaten der Bundeswehr einen Überblick jenseits von Akten über den Stand der Verteidigungsbereitschaft verschafft, wird man vergeblich darauf hoffen, dass der Bundeswirtschaftsminister auch nur ein Mindestmaß an Sozialität aufbringt. Vaterlandsliebe fand Robert Habeck nach eigenen Aussagen immer schon zum Kotzen. Die Achtung vor den Bürgern auch? Dass er mit Deutschland nichts anzufangen weiß, sieht man an seiner Amtsführung.

Auf einen Satz, dass den Preis für den Krieg nicht die deutschen Familien bezahlen sollen, wartet man in Deutschland vergeblich, vielmehr scheinen sich der Bundesfinanzminister und der Bundesklimawirtschaftsminister darüber einig zu sein, dass nicht nur den Preis für den Krieg, sondern auch für die Utopie der klimaneutralen Gesellschaft, den Luxus der Klimamillionäre die deutschen Familien begleichen müssen. Im Übrigen spricht der Preisunterschied für Benzin an österreichischen oder polnischen und deutschen Tankstellen eine eigene, enthüllende Sprache.

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