Tichys Einblick
Breiter Protest

Protest mit Trucks, Treckern und Transportern

Weil die Ampel beratungsresistent und ignorant regiert, wächst Widerstand. Einsichten und Korrekturen sind nicht zu erwarten. Spätestens nach der Rede von Lindner auf dem Dreikönigstreffen dürfte klar sein, dass es kein gelbes Korrektiv gibt. Nicht die Bauern, die Regierung sollte sich mäßigen.

Bild: Frank Hennig

Deutschlands Straßen sind in der Regel ziemlich voll. Am 8. Januar waren sie in vielen Regionen sogar dicht. Zigtausende Fahrzeuge standen oder rollten langsam in Städten, auf Landstraßen und Autobahnen, dabei war der Anteil der E-Mobilität vermutlich gering oder eher Null. Auch Cottbus war dicht. „Allein ist man stark, gemeinsam unschlagbar!“, hieß das Motto.

Meist handelte es sich um Fahrzeuge von Spediteuren, Landwirten, Handwerkern, Busunternehmen, anderen Unternehmen und Privatleuten. Durch die An- und Abfahrt der mehr als 2.500 Fahrzeuge zog sich die Demo über den ganzen Tag hin. Nicht schön für Betroffene, die behindert wurden, an den Straßenrändern jedoch nur Zuspruch und Ermutigung.

Aufgerufen hatte die „Mittelstandsinitiative Brandenburg“, deren Mitgliederzahl ständig steigt und die inzwischen mit anderen Initiativen bestens vernetzt ist. Nicht nur Unternehmer sind Mitglieder geworden, auch Arbeitnehmer, Anwälte, Ärzte, Unternehmensberater, Apotheker und Rentner – Aufzählung nicht abschließend. Auf vielen Kanälen wurde seit langem der Kontakt zu Politikern gesucht, teilweise gefunden, es wurden Gespräche geführt – ohne Ergebnis.

Die regionalen Medien kündigten die Veranstaltung an. Nahezu erleichtert wurde erwähnt, dass eine angemeldete Versammlung am Abend, initiiert von der AfD, „in keinem organisatorischen Zusammenhang“ zur Fahrzeugdemo stehe. Der inhaltliche Zusammenhang wurde nicht erwähnt. Um die Veranstalter und Teilnehmer wenigstens etwas kompromittieren zu können, wurden bundesweit Befürchtungen am laufenden Band produziert, die Protestbewegung könnte von Extremisten unterwandert werden. Klar versuchen die das. Im anderen Spektrum, wenn die „Letzte Generation“ und „Ende Gelände“ von Linksextremisten, sogar Antisemiten unterwandert wird, ist das offenbar kein Thema, wo man Angst haben muss.

Polizei, ÖPNV, Schulen und Rettungs- und Pflegedienste und Einwohner hatten sich auf die Behinderungen eingestellt, so gut es an diesem kalten Tag eben ging.
Im Korso fuhren die Trecker zahlreicher landwirtschaftlicher Unternehmen aus dem näheren und weiteren Umland mit.

Die Landwirte, von den so genannten Qualitätsmedien inzwischen vereinfachend und abfällig als Bauern bezeichnet und in der linken Kampfpresse als Bauernmob, Mistgabelmob, Mähdreschermob, Trecker-RAF oder vom Impfpflichtfanatiker Nikolaus Blome als „Kartoffelmob“ diffamiert, haben besonders unter der irrlichternden Ampelpolitik zu leiden. Nach einer Nacht- und Nebelsitzung der drei führenden Ampelleuchten sollten die Kfz-Steuer für Landmaschinen eingeführt und die Steuerbegünstigung auf den Diesel gestrichen werden, insgesamt ein Volumen von etwa 900 Millionen Euro. Vor dem Hintergrund, dass in einem verzerrten EU-Markt ohnehin nichts ohne staatliche Unterstützung läuft, wären solche Einschnitte im Niedriglohnsektor Landwirtschaft schwer verkraftbar. Nun gibt man etwas nach.
Im Übrigen gibt es für den Agrardiesel keine Subvention, es wird in diesem Fall nur nicht die volle Energiesteuer (früher Mineralölsteuer) erhoben. Die Landwirte können sich – ein Jahr später – über den Zoll einen Teil der Steuer zurückholen. Es ist also ihr Geld. Im Gegensatz dazu erhalten die Windmüller die EEG-Umlage direkt aus dem Steuersack, dies ist eine reine Subvention und unantastbar, solange Grün regiert.

Der Staat braucht das Geld, nachdem das Bundesverfassungsgericht die haushaltstechnischen Tricksereien nicht hat durchgehen lassen. Die 900 Millionen Euro zum Beispiel entsprechen etwa den Kosten für den Anbau an das Bundeskanzleramt.

Da wächst Widerstand. Auch wenn man das Vorgehen der Spontandemonstranten am Fähranleger in Schlüttsiel kritisieren kann, sollte man die Kirche im Dorf und das Solarpaneel auf dem Dach lassen. Es gab weder Tote noch Verletzte, nicht einmal personenbezogene Anzeigen. Ein kleiner Teil sei „etwas pöbelig“ gewesen, sagte die örtliche Polizei.

Das Leben ist eben kein Kinderbuch. „Bangt der Bauer um die Butter, bleibt der Habeck auf dem Kutter“ (Volksmund). Nun heißt es „Mob“. Wäre an Bord der Fähre ein hochrangiger AfD-Politiker blockiert worden, hätte man vom „Engagement der Zivilgesellschaft“ gesprochen. So wie man Kriminelle aus der linksgrünen Szene selbst bei Straftaten nie als „Klima-Mob“ bezeichnen würde, selbst wenn sie gewalttätig ein Kraftwerk stürmen, wie hier zu sehen. Sie bleiben immer „Aktivisten“ – weil sie ja angeblich nur Gutes wollen.

Den größten Verkehrsraum nahmen naturgemäß die Trucks ein. Der steigende Dieselpreis in trauter Zweisamkeit mit der Mauterhöhung, dazu der eklatante Fahrermangel ergeben eine toxische Mischung für die Branche. Um 16 Cent pro Kilometer steigt die Mautgebühr, der CO2-Aufschlag auf den Diesel (von 30 auf 45 Euro pro Tonne) lässt den Literpreis um etwa 12 Cent steigen. Warum steigen die Spediteure nicht auf E-LKW um? Weil sie das nicht bezahlen können und 250 Kilometer Reichweite ein Witz im Transportgewerbe sind.

Die steigenden Kosten müssen an die Verbraucher weitergereicht werden. Da es keine Supermärkte mit Gleisanschluss gibt, die Schulbusse nicht durch Lastenräder ersetzt werden und die Müllabfuhr nicht mit der Schubkarre kommt, wird das Leben in ganzer Breite teurer. Noch teurer wird es durch die Aufnahme der Müllverbrennung in den Zertifikatehandel. Inwieweit mit diesen CO2-Preisbestandteilen „dem Klima“ geholfen wird, lässt sich nicht sagen. Wie viel CO2 wird gespart, um wie viel Grad die globale Erwärmung gebremst? Keiner weiß es, aber der Staat braucht das Geld, damit er es mit vollen Händen wieder ausgeben kann.

Niemand fährt mit einem LKW zum Spaß durch die Gegend und kann die Fahrten vermeiden. Die Optimierungspotenziale sind weitgehend ausgeschöpft. Einige Speditionsunternehmen werden aufgeben müssen. Das sinkende Transportangebot wird zusätzlich für steigende Preise sorgen.

Auch die Handwerker kommen in der Regel mit dem Verbrenner zum Arbeitsort, meistens einem Transporter, nur selten mit dem Lastenrad. Der Arbeitsweg wird teurer, was wird mit der alten Heizung in der Werkstatt? Wie bekommt diese „klimaneutral“ beheizt? Wer bezahlt das? Wie viel kann man den Kunden an Preisaufschlag zumuten, ohne dass sie auf polnische Handwerker oder den sachkundigen Nachbarn ausweichen?

Der Bürokratieaufwand steigt, zusätzliche Angestellte für Fördermittel, Steuern und Berichtswesen kann man sich in aller Regel nicht leisten. Manche Kunden zahlen spät bis sehr spät, vor allem öffentliche Einrichtungen. Fachkräfte fehlen vorn und hinten und die Schulabgänger müssen nachgeschult werden, bevor sie Lehrlinge werden können. Ein paar Motivierte waren jedenfalls auch dabei:

Nichtarbeit und die Folgen

Die Landwirte streikten übrigens nicht, sie arbeiteten nur nicht. Die Brummifahrer legten nicht die Arbeit nieder, sie fuhren nur nicht nach Auftrag und die Handwerker konnten nicht schrauben, weil sie im Stau standen. Was sich hier in Cottbus und anderswo formiert hat, ist die Zivilgesellschaft. Ein Begriff, den sonst nur staatsnahe NGOs für sich in Anspruch nehmen und für die sie „zivilen Ungehorsam“ einfordern. Nehmen andere diesen für sich in Anspruch und „setzen Zeichen“, ist die ohnehin nur bierdeckelbreite Toleranz am Ende. Dann folgen Ignoranz, Diskreditierung und Delegitimierung mit Steigerung zu Hass und Hetze.

Die Zivilgesellschaft, die sich heute auf den Straßen zeigte, war die Mitte der Gesellschaft, zu DDR-Zeiten nannte man sie „Werktätige“, und das durchaus achtungsvoll. Sie sind es, die das Land am Laufen halten. Sollten künftige Proteste länger dauern, wird es schnell übersichtlich im Supermarkt. Die Rolle in der Gesellschaft wird deutlich, wenn jemand seine Arbeit niederlegt. Die Brummifahrer, Landwirte, Handwerker, Pflege- und Medizinberufe, Polizei und Lehrerschaft sind eminent wichtig, wie auch die Kraft- und Wasserwerker, Busfahrer und sehr viele andere. Auch Kultur muss sein.

Andere Arbeitsniederlegungen würde man nicht bemerken. Stellen das taz-Redakteurende, der BILD-Schreiberling, die Gleichstellungsbeauftragte in einem Bundesministerium, wissenschaftliche Mitarbeiter*_Innen an Gender-Lehrstühlen, Referenten von Hinterbänklern im Bundestag oder überbezahlte Abteilungsleiter öffentlich-rechtlicher Medien die Arbeit ein, so würde das niemand außer den Betreffenden selbst merken. Kommt es weiter zu großen Demos dieser Art, dann steht vielleicht der ZDF-Übertragungswagen im Stau (dann wird eine Konserve rausgeholt – im Auto wie in der Redaktion), die Gleichstellungsbeauftragte bleibt an der Bushaltestelle abgestellt und die Genderprofessorin verharrt am Bahnsteig. Das ist gesellschaftlich irrelevant.

Genau diese Millionen nicht wertschöpfend, aber auskömmlich und sicher bezahlten Beschäftigten können nicht verstehen, dass bei den Protestierenden am Ende eines Arbeitstages knallhart Einnahmen und Ausgaben verrechnet werden müssen und dass manchmal auch eine rote Zahl bleibt. Am Staatstrog lebt es sich besser. Allein für die neue Kindergrundsicherung sollen 5.300 neue Vollzeitstellen geschaffen werden. Die Ampelregierung baute bisher netto 7.000 Stellen auf, die deutlich besser dotiert sind als die in Mittelstand und Landwirtschaft.
Das Verhältnis von Wertschöpfenden zu Wertabschöpfenden wird immer ungünstiger.

Lieber schlechter Frieden als guter Krieg

Übrigens fordert die Mittelstandsinitiative mehr: Frieden. Die Mitglieder sind Friedenshetzer, Friedensschwurbler und gefallene Engel. Sie wissen, dass ein Stellungskrieg in der Ostukraine keinen Sieger haben wird. Nicht nur der Ukraine bringt er den Ruin, perspektivisch auch uns. Da Kanzler und Außenministernde jedoch außer Waffenlieferungen keine andere Idee haben, ist der Abstieg vorprogrammiert.

Das Teilnehmer- und Zuschauerecho zur Demo war äußerst positiv. „Es muss den Druck der Straße geben, damit sich etwas ändert“, eine mehrfach gehörte Aussage. Ignoranz, Arroganz und Ideologie gehörten bekämpft. Die Polizei spricht von einem ordnungsgemäßen Verlauf und die Veranstalter sprechen von einer optimalen Zusammenarbeit.

Das Medienecho war in Teilen erwartbar. Die BLÖD-Zeitung schoss dabei den Vogel ab mit der Meldung, der Bauernprotest in Cottbus sei von der AfD „gekapert“ worden. Zum einen war es kein „Bauernprotest“ (sie waren nur ein Teil der Demo), zum anderen war außer einem regionalen AfD-Funktionär niemand von dieser Partei zu entdecken, auch keine Fahnen, Logos oder Transparente mit Bezug zu ihr. Für eine Volkspartei im Osten erstaunlich wenig Präsenz. Vielleicht reichen aber schon ein paar Deutschlandfahnen aus, um nach rechts geschoben zu werden. Was tut man nicht alles im medial-regierungsbegleitenden Komplex, damit irgendwas vermeintlich Negatives hängen bleibt. Denen wäre am liebsten, wenn die Demonstranten zum demonstrieren in den Keller gehen. Nazijäger Sundermeyer sagte später im rbb, „fast überall“ seien die Proteste unterwandert gewesen. Sogar AfD-Abgeordnete seien gesichtet worden – sowas! Warum haben die sich nicht selbst in den Hausarrest begeben?

Eine Art Aufbruchstimmung ließ sich bei Teilnehmern und Zuschauern beobachten. Freundliche Gesichter nach Monaten voller Frust. Es zeigte sich, wie sich Gleichgesinnte finden können und Wirkung entfalten Das Fass ist voll und beginnt, überzulaufen. Übersetzt für Robert Habeck: Das Fass läuft nicht über, es ist nur zu klein.

Es geht weiter

Die Cottbuser Mittelständler bleiben aktiv, sie können auf mehrere erfolgreiche Veranstaltungen verweisen. Markus Krall trat im ausverkauften historischen Cottbuser Kino „Weltspiegel“ auf und die Sporthalle „Lausitz-Arena“ war mit 2.200 Gästen ebenfalls voll, als Peter Hahne zu den Merkwürdigkeiten unserer Zeit sprach. Auch eine Großdemonstration im November 2022 zog über 5.000 Teilnehmer an.
In Cottbus steht der nächste Termin: Am 26. Januar wird es auf dem Altmarkt wieder eine Demo geben: „Wir alle gemeinsam – Aufstand gegen Idiotie und Ideologie“. Anthony Lee wird einer der Redner sein.

Die „Mittelstandsinitiative Brandenburg“ wünscht sich weitere Vernetzung. Sie gründete sich als Plattform, weil Kammern und Verbände aus Sicht vieler Mitgliedsunternehmen keine ausreichende Unterstützung leisteten und eher einen politisch stromlinienförmigen Kurs fuhren.

Mitgeführte Transparente und Aufschriften:

– Es ist kein Herr so hoch im Land, dass er nicht lebt vom Bauerstand!
– Dummheit auf unsere Kosten!
– Strom sparen, Ampel abschalten!
– Stirbt der Bauer, stirbt das Land, diese Ampel hat keinen Verstand
– Ist der Bauer ruiniert, wird klimaschädlich importiert!
– Mehr Bohnen statt Kanonen
– Ich liebe mein Land, aber ich schäme mich für meine Regierung!
– Des Landwirts Hand ernährt das Land
– Ihr seid dem Volke fern wie nie!
– Die Ampel regiert, der Bauer verliert!
– Ohne das Handwerk wird es dunkel im Land
– Diese Regierung ist nicht meine!
– Keine Macht den Doofen!
– Heizung, Brot und Frieden!
– Ist der Bauer in der Not, gibt es weder Milch noch Brot!
– Mauterhöhung, damit finanzieren wir die Unfähigkeit der Deutschen Bahn

Und der häufigste Spruch: Die Ampel muss weg!

Fotos: Frank Hennig