Tichys Einblick
Nach schwerer Krankheit

Tony Marshall im Alter von 85 Jahren verstorben

Tony Marshall ist nach langen und vielfältigen Krankheiten gestorben. Der Sänger von „Schöne Maid“ und „Bora Bora“ wurde 85 Jahre alt – er war ein Vollblut-Profi und ausgebildeter Opernsänger.

Tony Marshall am 7. Dezember 2012

IMAGO / Eventpress

August 2001. Die Radiowelle SWR4 veranstaltet ein Open-Air-Konzert in Manderscheid in der Eifel. Plötzlich steht Tony Marshall, der Hauptact des Festivals, im Zelt der Mitarbeiter: Ob er sich dazu setzen könne, fragt er höflich? Kurz darauf folgt sein Manager und meint: Er müsse doch nicht hier essen, bei den Mitarbeitern, er habe schließlich ein eigenes Zelt. „Was willst’n? Hier gibt es Spießbraten mit Kartoffelsalat, komm, setz dich dazu!“

Die Vorstellung, allein im Zelt auf seinen Auftritt zu warten, war Marshall fremd. Den fröhlichen Volkssänger hat er nicht gegeben – das war er. Feiern war ihm nicht fremd – am liebsten war er mitten dabei. Außerdem war Marshall ein Vollblut-Profi. Obwohl ihn eine lange Krankheitsgeschichte begleitete, drängte es ihn immer wieder auf die Bühne. Zwar konnte er nicht verstecken, dass es ihm nicht gut geht. Aber anmerken lassen, wollte es sich Marshall nicht. Der Sänger wollte Applaus, kein Mitleid.

In den 60ern absolvierte Marshall eine Ausbildung als Opernsänger, die er erfolgreich abschloss. Eigentlich wollte er Chansons singen, sein Vorbild war Charles Aznavour. Doch damit floppte er in Deutschland, zog sich aus dem Musikgeschäft zurück und kaufte eine Kneipe. 1971 entdeckte ihn dann der Produzent Jack White und verhalf ihm zu seinem Durchbruch und dem Song, den seine Fans bis zuletzt einforderten: „Schöne Maid“. Wobei „Schöne Maid“ zumindest statistisch nicht der größte Erfolg Marshalls blieb. Während er mit diesem Song nur auf Platz drei der Single-Charts kam, schaffte er es ebenfalls 1971 mit „Komm gib mir deine Hand“ auf Platz eins. Es folgten weitere Hits wie „Bora Bora“, „Ich fang‘ für euch den Sonnenschein“ oder „Heute hau’n wir auf die Pauke“.

Durch den eher volkstümlichen Text wirkt der Hit wie ein Schlager. Doch die Musik war für ihre Zeit fortschrittlich. White orientierte sich dabei an den Tänzen der Maori und setzte auch deren Instrumente ein. Marshall wiederum verhalf White zu der Höhe seiner Popularität. Als in jenen Jahren ein PR-Beitrag in Spielfilmlänge über den Produzenten entstand, spielte Marshall die wichtigste Nebenrolle. Allerdings wurde er dabei synchronisiert, weil den Filmemachern sein badischer Dialekt zu breit war.

Marshall kam 1938 in Baden-Baden als Herbert Anton Bloeth zur Welt. Seinen 85. Geburtstag konnte er noch feiern, knapp zwei Wochen später starb er. Marshall litt an der Nervenkrankheit Polyneuropathie, hatte einen Herzschrittmacher, musste regelmäßig zur Dialyse, überlebte einen Schlaganfall und eine Corona-Infektion. Er hat drei erwachsene Kinder, zwei Söhne und eine Tochter.

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