Tichys Einblick
„Selbstbestimmungsgesetz”

Schlachtfeld Frauensauna

Männer dürfen in die Frauensauna, wenn sie sich als Frauen identifizieren, so die Antidiskriminierungsbeauftragte. Nicht nur in dem Bereich wird das Selbstbestimmungsgesetz zum Gesetz der Spaltung. Können Kinder bald ihre Eltern verklagen, wenn diese sie beim alten Vornamen nennen?

IMAGO / Jürgen Heinrich

Die Frauensauna ist das neue Kampffeld der Progressiven. Haben zukünftig Männer, die sich als Frauen identifizieren, Zugang? Der Bundesjustizminister versuchte zu beschwichtigen. Auch weiterhin könnten Betreiber Personen des Hauses verweisen, so Marco Buschmann. Hausrecht und Vertragsfreiheit müssten gewahrt bleiben. „Möglichkeiten des Missbrauchs“ müssten „ausgeschlossen“ sein, so Buschmann.

Die FDP versuchte also im Namen des Justizministeriums zu beschwichtigen. Dass niemandem etwas weggenommen werde, war bereits ein Slogan bei der „Ehe für alle“. Es ist ein Dauerargument der „progressiv“ orientierten Parteien geworden. Einer Gesellschaft liegt nicht mehr ein Konsens zugrunde, der historisch und kulturell gewachsen ist, sondern bedarf täglicher Neuverhandlung. Mit der Ampel-Koalition hat die FDP die Hypothek aufgenommen, dass „Fortschritt“ nicht nur Technologie, Wirtschaft und Lebensstandard einschließt; sondern auch Gesellschaft.

Damit meldet sich bei der FDP eine andere Hypothek zu Wort. Sie heißt Ferda Ataman. Die Liberalen hatten die Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes ins Amt gehievt. Nun fällt Ataman Buschmann in den Rücken. Während der die Wogen zu glätten versuchte, um das neue „Selbstbestimmungsgesetz” schmackhaft zu machen, widerspricht Ataman: „Pauschale Ausschlüsse von Menschen wegen ihrer geschlechtlichen Identität, ob im Job, auf dem Wohnungsmarkt oder in der Sauna, darf es auch in Zukunft nicht geben.“

Äußerlichkeiten spielen dabei keine Rolle, so die Antidiskriminierungsbeauftragte. Diese sagten nichts über die geschlechtliche Identität aus. Der Dienst stehe Transfrauen also zur Verfügung. Im Grunde muss man Ataman für diese Offenbarung dankbar sein: Sie spricht das aus, was andere als Konsequenz herunterspielen.

Es geht also doch um den Abbau von Frauenschutzräumen. Dass das nicht nur die Sauna, sondern auch Frauenhäuser und Frauengefängnis einschließt, hat in der Diskussionskultur mittlerweile an Raum gewonnen, die Schaltstellen in Berlin aber noch nicht erreicht; oder die Exekutive ignoriert es schlicht.

Das Selbstbestimmungsgesetz entpuppt sich damit als Entmündigungsgesetz. Es entreißt Mitgliedern der Gesellschaft die Handhabe und diskriminiert damit andere. Die Antidiskriminierungsbeauftragte kann nicht eine Personengruppe entdiskriminieren, ohne eine andere zu bevorzugen. Ungleichheiten und sich widersprechende Bedürfnisse wird es immer geben. Dass sie mit einem Gesetz verschwänden, ist utopisch.

Dass aufgrund der menschlichen Natur eine diskriminierungsfreie Gesellschaft unmöglich ist, wollen die Ideologen nicht wahrhaben. Diskriminieren heißt nicht benachteiligen, sondern unterscheiden. Die Unterscheidung ist nötig, um Verhältnisse zu ordnen. Weil der Mensch fehlerhaft ist, kann er Missstände nur in Grenzen halten. Deswegen haben traditionelle Gesellschaften Schutzräume geschaffen. Das gilt nicht nur für Frauen, sondern für Verfolgte und Wehrlose allgemein.

Es ist ein Fehlschluss, dass die Gesellschaft in irgendeiner Weise fortgeschritten wäre, sodass diese menschlichen Konstanten nicht mehr gegeben wären. Abgesehen von einer verschwindend geringen Minderheit sind Frauen Männern physisch unterlegen. Die Frage stellt sich daher nicht, wie man Diskriminierung gänzlich beseitigen kann; die Frage stellt sich, welche Diskriminierung den geringsten Schaden verursacht.

Buschmann spricht richtigerweise davon, dass „die legitimen Interessen der gesamten Gesellschaft“ berücksichtigt werden müssten. Antiquiert würde man von Allgemeinwohl sprechen. Doch nach jetzigem Stand ist es fraglich, inwiefern das Gesetz hält, was Buschmann verspricht. Freilich: Niemand weiß, wie dieses Gesetz aussieht, weil erst im April ein Entwurf vorliegen dürfte. Doch die Lager bringen sich bereits in Stellung. Was darauf hindeutet, dass es eben doch ein Gesetz ist, das – anders als behauptet – einer Seite etwas „wegnimmt“.

Denn die Möglichkeit, dass aus einer Frauensauna ausgeschlossene Männer den Betreiber verklagen könnten, ist nur ein Szenario nach Ataman’scher Lesart. Da sie eine Geschlechtsänderung auf dem Standesamt bereits mit 14 Jahren beantragen können, steht Kindern potenziell das Recht zu, ihre Eltern zu verklagen, wenn diese es wagen, sie beim alten Vornamen zu rufen. Es bestätigt den Hass auf den eigenen Körper im Pubertätsalter als Transidentität, womit die Schranken zum chirurgischen Eingriff fallen. Im Bemühen, ihre alte Identität auszulöschen, könnten Personen nach ihrer „Transition“ zahlreiche Institutionen dazu zwingen, Änderungen zu erzwingen – mit der Keule der Transphobie hinter dem Rücken. Der britische Schriftsteller G. K. Chesterton hat diese Welt vor über hundert Jahren vorausgesagt:

„Der große Marsch der mentalen Zerstörung wird weitergehen. Alles wird verweigert. Alles wird zu einem Glaubensbekenntnis. […] Feuer werden entfacht, um zu bezeugen, dass zwei und zwei vier ergibt. Schwerter werden gezogen, um zu beweisen, dass die Blätter im Sommer grün sind.“

Was über den Gesetzesentwurf bisher bekannt ist, kann man demnach als diabolisch bezeichnen; diabolisch, weil dem Gesetz die Behauptung vorausgeht, hier würde eine edle Reform ausgearbeitet, um Missstände und Diskriminierung zu bekämpfen, wo doch in Wirklichkeit Gesellschaftsgruppen gegeneinander ausgespielt werden. Das Wohl der einen Gruppe bewertet die Koalition höher als das einer anderen, ohne darauf zu sehen, welcher Schaden, welche Übel und welche Diskriminierung die verheerenderen Konsequenzen sind.

Das Selbstbestimmungsgesetz ist damit ein Gesetz der Aufwiegelung und Spaltung. Die Ampel nimmt diese Spaltung bewusst in Kauf.

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