Tichys Einblick
Coronavirus

Schuld und Krise

Nun ist sie halt da, die Krise. Wir müssen da durch. Mit "Hilfe" der Öffentlich-Rechtlichen. Und wir merken, welche Menschen wirklich wichtig sind im Land. Gender- und Klimaschutz-Beauftragte gehören nicht dazu. Die werden nun nach Schuldigen suchen.

Permanent geht ein Wort durch die Medien, das mich jedes Mal an Schwägerin Corinna erinnert, die aber nicht als Virus, sondern als guter Geist über die Familie kam.

Nun ist allen Infizierten baldige Besserung zu wünschen und den Verdachtsfällen ein Negativbescheid. Wieder melden sich selbsternannte Satiriker und wollen, kurz nachdem die Nazi-Oma aus dem Hühnerstall des WDR verschwand, einen Krieg der Generationen anheizen. Gab es bisher schon den begründeten Verdacht, dass einige aus der heutigen jungen Generation akute Bildungsdefizite haben, steht hier die Frage kollektiver Verblödung im Raum. Und wieder sind die Öffentlich-Rechtlichen die Plattform, die in Kürze auf eine Erhöhung der GEZ-Gebühr für ihr Treiben hoffen können. Als in Wuhan die Epidemie galoppierte, wurde dort der Beschluss zur schnellen Errichtung von Krankenhäusern gefasst. Etwa in der gleichen Phase beschließen bei uns die Ministerpräsidenten der Länder eine GEZ-Gebührenerhöhung. Jede Regierung setzt so ihre Prioritäten.

Die nun folgende Krise lässt auch anderes deutlich werden. Geschlossene Schulen und Betriebe, Homeoffice und Freistellungen zeigen, welche Menschen wirklich wichtig sind im Land. Bahn und Post, Energie und Verkehr, Logistik und Wasser, Gesundheitswesen und Feuerwehr funktionieren schlecht vom heimischen PC aus.

Coronavirus
Es wird jedoch nicht auffallen, wenn einige andere Tätigkeiten ersatzlos entfallen: Wenn die Gender-Studies-Beauftragte am Lehrstuhl für Vergleichende Sozialwissenschaften der Uni X zuhause bleibt. Oder der Klimakommunikationsbeauftragte der Stadt Y. Oder der Referent für Klimagerechtigkeit und Nachhaltigkeit bei einer großen Versicherung. Nehmen wir an, alle drei wohnen im gleichen Aufgang und müssen jeden Morgen um drei Uhr mit anhören, wie der Legastheniker aus dem Erdgeschoss, der kaum in ganzen Sätzen spricht, seinen alten Golf-Diesel startet, um pünktlich in der Großbäckerei am Band zu stehen. Hin und wieder treffen sich nun die drei Unterbeschäftigten zufällig am Briefkasten, wo meist schnell eine Diskussion über die Unzulänglichkeiten des turbokapitalistischen Systems aufkommt. Es gibt Ideen für neue branchenspezifische Forschungsprojekte. Ein Geldgeber wird sich finden. Es gilt, die Wichtigkeit und Bedeutung der eigenen Rolle zu stärken.

Auch müssen Gründe für die Krise gefunden werden, um Schuldige benennen zu können. Ein Virus kann nicht einfach so kommen. Bezüge zu Klimawandel, Atomkraft und „Rechts“ werden sich doch ergeben.

Das alles braucht ein Feuerwehrmann, den wir uns als vierten Bewohner des Hauses denken wollen, nicht. Er ist froh, dass die Wunde gut verheilt ist, die ihm beim letzten Einsatz von randalierenden Männern zugefügt wurde. Er kann wieder auf die Wache und hofft, ruhig und sicher seinen Job machen zu können.

Vielleicht ist dies die einzige gute Seite der Krise. Man sieht, was und wer wirklich wichtig ist.

Ich hätte mir gewünscht, der Virus hieße anders. So fällt ständig ein Schatten auf Schwägerin Corinna.

Anzeige