Tichys Einblick
Das Kaninchen und die Schlange

Warten auf die Wirtschaftskrise

Allen, die unter den direkten Folgen der Wirtschaftskrise leiden und sich vielleicht davon nie mehr erholen werden, wünscht man ein solches Schicksal nicht. Aber ohne den großen Krach ändert sich nichts. Also warten wir auf ihn mit gemischten Gefühlen.

© Michael Nagle/Getty Images

Thomas Hellerberger gehört zu den Lesern von Tichys Einblick, die mit besonders wohl überlegten Worten kommentieren, Fragen und Meinungen andere Leser im Detail beantworten. Auf einen Beitrag von mir schrieb er die Tage:

Das ist ja alles zu Genüge diskutiert, dankenswerterweise ruft Fritz Goergen dies in seiner Kolumne immer wieder in Erinnerung. Ausdiskutiert ist aber auch, warum nach wie vor, je nach Region und Bundesland, zwei Drittel bis vier Fünftel die AfD NICHT wählen.

Und daher erscheint mir, als Auslöser eines echten Umbruches, ein Ereignis in der Zukunft viel wichtiger als das gegenwärtige Handeln der Merkel-Regierung: In den Wirtschaftsteilen des seriösen Teils der MSM mehren sich die Hinweise auf Indikatoren, dass wir noch VOR 2021, eher sogar schon im kommenden Jahr, in einen Abschwung, wenn nicht gar profunde Wirtschaftskrise ähnlich denen nach 2001 oder 2008 abgleiten könnten. Der nicht sprunghafte, aber seit längerem unaufhörlich steigende Ölpreis ist ein guter Indikator dafür, ebenso die oft spontan, unbegründet erscheinenden, als schwarze Börsentage wirkenden, aber eigentlich nur die Übertreibungen und Fehlallokationen glattstellenden Kursstürze an den Börsen. Noch geschieht das viel zu ungenügend, muss aber irgendwann erfolgen. TE-Kolumnist Markus Krall könnte dazu sicher mit mehr Expertise als ich zu beitragen. Oder Fritz Goergen.

Sicher aber ist: Erst durch eine solche profunde Wirtschaftskrise, die mit den Geldkanonen der EZB nicht mehr übertüncht werden könnte – und dann bereits verbunden mit den national platzenden Wechseln des seit Jahrzehnten nicht eingehaltenen Generationenvertrages – dürfte das Zeitalter des neoliberalen Globalismus mit Wucht enden. Nur das kann die bisherigen, fest im Sattel sitzenden Protagonisten des Ancién Regimes beseitigen und durch neue Eliten ersetzen. Politische Wandel sind immer Elitenaustausche, Fritz Goergen erwähnte es schon desöfteren. Welche Disruptionen das aber verursachen wird, mag man schon an der Wahl und der bisherigen Präsidentschaft von Trump erkennen, und dem politischen Alltag in den USA: Während die de-facto Änderungen, die Trump bisher durchgeführt hat, sieht man mal von der Steuerreform ab, eher kosmetisch sind und sich weitgehend auf einen ganz anderen Umgangston beschränken, der die linke PC missachtet, werden große Teile der politischen Ressourcen der USA für einen verbissenen Kampf des linksliberalen Establishments gegen Trump verbraucht, so die sinnfreie und ergebnislose Untersuchung einer möglichen Einflußnahme Rußlands auf den Wahlkampf durch den Sonderermittler Muller, der sich, mangels Ergebnissen, nun schon auf die Publicity einer Pornodarstellerin stürzen muss, um sein weiteres Agieren zu rechtfertigen. Ähnliches wird hierzulande passieren. Die Volksfront gegen die AfD liefert einen Vorgeschmack und sie beweist, dass den Weg in eine Alternative zu heute nicht die Eliten der Blockparteien und heutigen Wirtschaftselite weisen können.

Noch fehlt den altgewordenen Deutschen der Mut dazu, lieber lassen sie sich mit geradezu lachhaft unrealistischen Rentenversprechen kaufen. Wie lange sie diesen Weg noch gehen wollen, vermag ich nicht zu sagen. Aber mein Weg weg von der CDU, hin zu AfD heute, begann auch, als mich mein Arbeitgeber 2002 krisenbedingt feuerte. Erst als ich dann erlebte, wie schnell der Weg nach unten durchlaufen werden kann, wurde mir klar, dass das Gottvertrauen in dieses System ein Selbstbetrug ist – und wem es nützt und auf wessen Kosten. Erst dann konnte ich den Weg aus der Komfortzone gehen. Millionen von Deutschen steht diese Erfahrung noch bevor.

Das Kaninchen und die Schlange

Die Ignoranz der Madarine von Politik und Medien, Gesellschaft und Wirtschaft macht mich jeden Tag neu sprachlos, obwohl ich ja seit langem weiß, dass die so sind, wie sie sind, und warum.

Es muss tausende Zeitgenossen von uns geben, die sich in ihrem täglichen privaten Leben von uns nicht oder kaum unterscheiden, die aber aufgrund ihrer Arbeit in Ministerien, Instituten, Redaktionen, Geschäftsleitungen und so weiter wissen, dass die nächste Wirtschaftskrise kommt und diese im Unterschied zum Klimawandel ausschließlich menschengemacht sein wird. Aber niemand schlägt Alarm.

Die Verantwortlichen machen weiter wie bisher – also im Kern nichts – und starren wie das kollektive Kaninchen auf die große Schlange der unentwegten Gelddrucker für nimmersatte Regierungen und internationale Institutionen, diese Umverteiler von Unten nach Oben, diese Agenturen der globalen Konzerne, denen es mithilfe von Medien immer noch gelingt, ihren Völkern einzureden, sie wären für sie tätig.

Und da hat Herr Hellerberger recht: Das Kartenhaus der Mandarine stürzt ein mit der nächsten Wirtschaftkrise. Ich frage Herrn Krall gerne, nehme aber an, dass er sich da auch auf keine Prognose einlassen kann. Herr Hellerberger hat das nicht geschrieben, aber ich nehme an, es geht ihm wie mir. Allen, die unter den direkten Folgen der Wirtschaftskrise leiden und sich vielleicht davon nie mehr erholen werden, wünscht unsereins ein solches Schicksal nicht. Aber ohne den großen Krach ändert sich nichts. Also warten wir auf ihn mit gemischten Gefühlen.