Tichys Einblick
Nachtragshaushalt 2023

Im Schweinsgalopp in die nächste Haushaltskrise

Der Zeitplan der Ampel für den Nachtragshaushalt 2023 ist eng. Noch vor Weihnachten will Christian Lindner sein Paket schnüren. Erinnerungen an die Verabschiedung des Heizgesetzes werden wach – kann das gutgehen?

IMAGO / Mike Schmidt
Bereits bei der Ankündigung von Bundesfinanzminister Christian Lindner, für dieses Jahr noch einen Nachtragshaushalt beschließen zu wollen, hatte TE Zweifel geäußert. Denn schon am Donnerstag war klar, dass es dafür nur noch zwei Sitzungswochen des Bundestages gibt. Dabei handelt es sich um die derzeit laufende Woche vom 27. November bis zum 1. Dezember, sowie die Woche vom 11. Dezember bis 15. Dezember. Das Plenum selbst tagt effektiv nur von Mittwoch bis Freitag, an den Tagen zuvor sind aber Anhörungen von Sachverständigen und Ausschüsse möglich.

Zuerst sah Lindners Zeitplan vor, am Mittwoch im Kabinett den Nachtragshaushalt zu beschließen. Doch bereits am heutigen Montag hat das Kabinett auf das „schriftliche Umlaufverfahren“ gesetzt, um das Gesetz schneller auf den Weg zu bringen. Mit dem Nachtragshaushalt 2023 soll eine Einnahme aus Krediten in Höhe von 43,2 Milliarden Euro veranschlagt werden. Es stehe außer Frage, dass „alle eingegangenen Rechtsverpflichtungen“ von der Bundesregierung erfüllt würden, so hieß es aus dem Finanzministerium.

Vorgelegt werden soll der Haushaltsentwurf damit schon am 1. Dezember, also am Freitag. Damit nicht genug: am selben Tag soll auch der Haushaltsausschuss darüber beraten.

Kurz gesagt: die Mitglieder des Haushaltsausschusses haben nur drei Tage, um das Lindner-Programm zu lesen, so es denn morgen für alle Mitglieder zugänglich ist. Echtes Ampelhandwerk eben: wegen eigener Inkompetenz muss der Bundestag als Abnickbude herhalten. Mal wieder. Ähnlich wie beim Heizgesetz, wo es am Ende um Habecks möglichen Gesichtsverlust ging. Nun eben dasselbe Spiel bei der Lindner-Variante.

Auch die Möglichkeit einer Sondersitzung in der nächsten, sitzungsfreien Woche besteht. Die Möglichkeit, den Haushaltsentwurf von Gutachtern gründlich prüfen zu lassen, besteht so gut wie gar nicht. Im Schweinsgalopp nimmt die Ampel die nächste Haushaltskrise in Kauf.

Zur Erinnerung: die Verabschiedung des Heizgesetzes vor der Sommerpause verhinderte das Bundesverfassungsgericht, weil die Abgeordneten nicht genügend Zeit hatten, dieses wirklich zu lesen. Dass die Union ihren Aufschub durchsetzen konnte, ihn aber nicht nutzte, steht auf einem anderen Blatt.

Dass der Haushaltsentwurf bis zur letzten Sitzungswoche stehen muss, ist dabei nicht genug. Er muss mindestens vor dem Freitag vorliegen, denn durch den Bundesrat peitschen muss die Ampel das Gesetz schließlich auch. Und der tagt just am 15. Dezember zum letzten Mal. Heißt: der Bundestag sollte spätestens am Donnerstag den Haushalt durchboxen.

Zwei Wochen setzt die Koalition demnach an, um den verpatzten Haushalt im Nachhinein zu korrigieren. Rücksicht auf Parlament, auf Korrekturmechanismen der Republik und Ratschläge von außen sind da hinderlich. Sie pokert auf Zeit. Vielleicht hofft sie, dass, wenn auch dieser Haushalt einkassiert wird, genügend Zeit vergangen ist, um einen neuen Notfallhaushalt zu beschließen. Mit der Ampel ist schließlich jeden Tag ein bisschen Notlage.

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