Tichys Einblick
„Mit Realität nicht vereinbar“

Linker Nobelpreisträger watscht Habeck ab

Die Wissenschaft schlägt zurück: Der Physik-Nobelpreisträger Steven Chu wirft Deutschland eine falsche Energiepolitik vor. „Viele Falschinformationen“ kämen vor allem von den Grünen. Denen muss das sehr wehtun, denn der Mann ist kein Konservativer: Vier Jahre lang war er Barack Obamas Energieminister.

Im Kabinett des US-Präsidenten Barack Obama bekleidete Steven Chu von 2009 bis 2013 das Amt des Energieministers, 69. Lindauer Nobelpreisträgertagung, 05.07.2019

IMAGO / Arnulf Hettrich

Vernichtend – das ist das einzig passende Wort für die Kritik des weltweit angesehenen US-Physikers Steven Chu. Kein gutes Haar lässt er an Deutschlands Energiepolitik. Insbesondere Wirtschaftsminister Robert Habeck und seine Grünen bekommen ihr Fett ab.

In einem Gespräch mit der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (FAS) erklärt Chu den Atomausstieg kurz und bündig für einen Fehler. Wenn Deutschland seine Entscheidungen in der Energiepolitik nicht überdenke, werde das Land verarmen.

Der Physik-Nobelpreisträger von 1997 gibt als Beispiel die Schwerindustrie. Vor allem die Produktion von chemischen und petrochemischen Erzeugnissen funktioniere nur mit verlässlich verfügbarer elektrischer Energie. Da gehe es um Fabriken, „die man nicht einfach ein- und ausschaltet, nach dem Motto: Ups, wir haben gerade keinen Strom mehr, also fahren wir sie mal für einen Tag runter. Selbst eine Montagefabrik, eine Autofabrik oder eine Halbleiterfertigungsanlage benötigt extrem stabilen Strom.“

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Chu erinnert die Bundesregierung an eine denkbar einfache Wahrheit: Alle wichtigen Industrien benötigen rund um die Uhr preisgünstigen Strom. Jetzt bestehe die Gefahr, dass sie den nicht mehr bekommen. „Das könnte zu einer Abwanderung der Schwerindustrie aus Deutschland führen“ – mit katastrophalen Folgen für das Land. Die Sachkenntnis der zuständigen deutschen Politiker – vor allem der Grünen – zweifelt Chu offen an: „Wenn einzelne Leute also sagen: Sie wollen dies nicht, sie wollen das nicht, sie wollen keine Atomkraft, sie wollen auch keine Kohle, sie können alles mit erneuerbaren Energien hinbekommen – dann betreiben diese Menschen offenkundig keine Halbleiterfabriken, keine Chemiefabriken oder Fertigungswerke.“

Ohne Kernenergie kann Deutschland für den Top-Wissenschaftler nicht auskommen. Das Land stehe vor der Frage, ob es eine prosperierende Wirtschaft wolle, ob es Arbeitsplätze und Wohlstand erhalten und gleichzeitig seine Klimaziele erreichen wolle – oder ob es nur seine Klimaziele erreichen wolle. Wenn man beides wolle, sagt Chu, dann sehe die Kernenergie „nicht mehr so übel aus“. Allerdings hält er Robert Habeck und dessen Partei schlicht für inkompetent.

„Von den Grünen kommen viele Falschinformationen. Wenn diese Leute vernünftig wären, was viele nicht sind, dann würden sie die Atomenergie der Alternative vorziehen, nämlich Gaskraftwerken, deren Treibhausgase man abscheiden muss.“ Das Konzept „Erdgas ohne Abscheidung“ zeige, dass man nicht wirklich am Klima und an Nachhaltigkeit interessiert sei. Die Haltung der grünen Partei sei nicht mit „unserer zukünftigen Realität vereinbar (…): steigendem Wohlstand, steigendem Energiebedarf“.

Die Kritik aus den USA dürfte Robert Habeck und seinen Grünen besonders wehtun, denn Steven Chu ist in Klima- und Umweltfragen kein Konservativer – im Gegenteil: Seit vielen Jahren ist der US-Amerikaner mit chinesischen Wurzeln ein Vorkämpfer für mehr Forschung auf dem Gebiet erneuerbarer Energiequellen. Von 2009 bis 2013 war Chu US-Energieminister. Präsident damals: Barack Obama.

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