Tichys Einblick
Was die Bundeswehr braucht

Laserwaffen für die deutsche Armee?

Spektakuläre Waffen ohne ausgebildete Besatzungen sind keine Lösung, egal ob Heer, Luftwaffe oder Marine.

Bild: MDBA

Nun sollen für die Bundeswehr neue Laserwaffen entwickelt werden, ist der Presse zu entnehmen. Zunächst soll auf einer Korvette K130 der deutschen Marine im nächsten Jahr ein Hochenergielaser installiert werden. Lieferanten werden die Rüstungsunternehmen Rheinmetall und die Deutschland-Tochter des europäischen MBDA-Konzerns sein. Siehe hier.

Ist es aber wirklich das, was der Bundeswehr fehlt, um wieder auf Vordermann zu kommen?

Für die Teilstreitkräfte wurden im Laufe der letzten zwei Jahrzehnte tolle neue Waffensysteme beschafft. Eine kleine, bei weitem nicht vollständige Auswahl: Kampfflugzeuge Eurofighter und Transporter A400M für die Luftwaffe, Schützenpanzer Puma, Kampfhubschrauber Tiger und NATO-Hubschrauber 90 (NH90) für das Heer, nicht zuletzt U-Boote der Klasse 212A und Korvetten K 130 für die Marine. Weitere Beispiele gibt es im Bereich stationärer Radargeräte, bei Handfeuerwaffen, militärischen und handelsüblichen Fahrzeugen, bei Rechnerprogrammen etc. Mit all diesen Systemen bräuchte unsere Armee zumindest in Europa keinen Vergleich zu scheuen. Diese Waffensysteme haben zweistellige Milliardenausgaben verursacht, der Erfolg ist jedoch höchst bescheiden. Was sind die Ursachen für diesen Zustand, der weder für Steuerzahler und Bündnispartner, noch gar die Soldaten befriedigend ist?

Wenig Wissen, viel Meinung
Politik, Parteien und Bundeswehr
Wenn 2018 zeitweise keines der sechs U-Boote der Klasse 212A fahrbereit war; wenn beim ADAC 6500 Flugstunden angemietet werden mussten, um Fluglizenzen von Bundeswehrpiloten zu erhalten; wenn von den 128 Eurofightern kaum mehr als vier ohne jede Einschränkung einsatzfähig waren; von 68 Hubschraubern des Typs Tiger nur 12 voll einsatzfähig; von den Transporthubschraubern NH 90 nur 13 von 58, vom (neuen!) Transportflieger A400M gerade mal 3 von 15, ja dann zeigt das dringenden Handlungsbedarf auf, der sich in der materiellen Ausstattung der Bundeswehr im Lauf der Jahre angesammelt hat. Die technische und operative Leistungsfähigkeit der Armee als Ganzes entwickelte sich zur Lachnummer für Karikaturisten.

Die wesentlichen Gründe sind rasch benannt: Aus politischen Sparzwängen heraus wurden Herstellern politische Preise vorgegeben. Dem Steuerzahler wollte man mehr nicht zumuten. Als Beispiel sei Minister Rühe genannt, der Ende der 90er Jahre einen maximalen Systempreis für den Eurofighter in Höhe von unter 100 Millionen D-Mark verlangt hatte. Um die Gesamtkosten in den politisch vorgegebenen Grenzen halten zu können, wurden Stückzahlen reduziert und notwendige Leistungen gestrichen, die aus einem Flugzeug erst ein funktionsfähiges Waffensystem machen. Zum Vergleich: 2014 lag der Systempreis eines Eurofighters bei geschätzten 180 Millionen Euro pro Flugzeug.

Zudem entschied die Politik Anfangs des Jahrtausends, dass die Landesverteidigung keine Aufgabe der Bundeswehr mehr sei und fuhr (auch aus finanziellen Gründen), wo es nur ging, die peripheren Kosten herunter. Standortschließungen spielen dabei eine wichtige Rolle, z.B. wurden in großer Zahl Materialdepots aufgelöst. Der Lagerraum für Ersatzteile nahm ab, so konnte man doppelt sparen: beim Lagerraum und bei den Beschaffungskosten für Ersatzteile (siehe Beispiel Eurofighter). Zudem wurden Instandsetzungsverträge nicht mehr geschlossen und auch noch die truppeneigenen Instandsetzungen heruntergefahren. In der Folge musste z.B. die Anzahl der Übungsflugstunden drastisch verringert werden, was dazu führt, dass teuer ausgebildete Flugzeugführer kündigen. Mit Kartenspielen in der Offiziersmesse allein ist kein Elitesoldat zu halten.

Womit wir bei der Frage wären, weshalb es Milliarden kosten und Jahre um Jahre dauern wird, bis das System Bundeswehr wieder halbwegs in der ganzen Breite zum Laufen gebracht werden kann. Die Krux einer Armee ist, dass finanzielle Eingriffe oftmals an unvermuteten Stellen ihre Wirkung haben können. Wenn etwa Ersatzteile und Instandsetzungen eingespart werden, verliert man in der Folge langwierig ausgebildete fliegerische Besatzungen. Nur für Naivlinge eine böse Überraschung!

Damit wären wir bei neuen Laserwaffen für die Bundeswehr. Ja, eine Armee darf den Zug der Zeit nicht verschlafen, moderne Ausrüstung muss aus verschiedenen Gründen sein. Aber wenn eine Armee derart aus dem Tritt gekommen ist, sollte man sich zunächst auf das konzentrieren was, was der Statik des Gebäudes dient. Um im Bild zu bleiben: Schafft endlich wieder den erforderlichen Lagerraum, ob in eigenen oder angemieteten Liegenschaften der Industrie, damit Instandsetzungen wieder halbwegs reibungslos möglich werden und die erforderlichen Flugstunden produziert werden können. Sonst liegen irgendwann die neuesten Laserwaffen im Regal, aber die fliegenden Besatzungen haben das Weite gesucht.

Tolle Waffen ohne ausgebildete Besatzungen sind keine Lösung, egal ob Heer, Luftwaffe oder Marine. Nicht zu vergessen auch, dass die Beschaffungsorganisation der Bundeswehr soweit herunter gefahren wurde, dass schon die vorliegenden Rüstungsvorhaben in vier Kategorien eingeteilt werden mussten – von wichtig bis weniger wichtig. Was da wieder alles auf der Strecke bleibt, die Truppe aber dringend benötigt? Die Organisation Bundeswehr sollte inzwischen gelernt haben, Prioritäten zu setzen. Gehören Laserwaffen für den Krieg der Sterne im derzeitigen Stand der Dinge tatsächlich dazu?

Richard Drexl


Richard Drexl ist Oberst a. D. der Luftwaffe. Von 1972 bis 2013 war er Berufssoldat, davon 15 Jahre im Bundesministerium der Verteidigung. Als Abteilungsleiter im Waffensystemkommando der Luftwaffe trug er Verantwortung für die Rüstungsvorhaben des fliegenden Geräts der Bundeswehr. Über elf Jahre war er Chef und Kommandeur verschiedener Einheiten. Seit 2014 ist er ehrenamtlicher Präsident des Bayerischen Soldatenbundes von 1874 e.V. Mit weit über 60.000 Angehörigen eine der größten Veteranen und Reservistenorganisationen Deutschlands.


Josef Kraus/Richard Drexl, Nicht einmal bedingt abwehrbereit. Die Bundesrepublik zwischen Elitetruppe und Reformruine. FBV, 240 Seiten, 22,99 €.


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