Tichys Einblick
Gesundheitsminister angezeigt

Karl Lauterbach verwirrt mit rätselhaftem Krankheitsverlauf

Der Gewerkschaftsvorsitzende Marcel Luthe hat Karl Lauterbach angezeigt. Der Gesundheitsminister soll gegen die Corona-Auflagen der Stadt Berlin verstoßen haben. Sicher ist: Nicht alle Darstellungen des Ministers können stimmen.

IMAGO / Jürgen Heinrich

Die Pressestelle des Bundesgesundheitsministeriums leistet gute Arbeit. Ihre Mitteilungen sind gründlich und aussagekräftig; Anfragen beantwortet das Haus zügig und nicht ausweichend. Eigentlich. Doch wegen des Verhaltens ihres Chefs auf Twitter kommt die Pressestelle nun nicht mehr hinterher. Der hat während seiner selbst veröffentlichten Corona-Infektion Widersprüchliches mitgeteilt. Die Folge ist jetzt eine Anzeige gegen Minister Karl Lauterbach (SPD) wegen des mutmaßlichen Verstoßes gegen die Berliner Corona-Verordnung.

Hintergrund ist die Corona-Infektion, die Lauterbach in der ersten August-Woche auf Twitter selbst öffentlich gemacht hat. Der Verlauf, den er schilderte, ist widersprüchlich. Stimmt eine Aussage davon, hat die Anzeige Aussicht auf Erfolg. Der Logik entsprechend können nicht alle Angaben stimmen. Demnach hatte Lauterbach:

  • am Freitag leichte Symptome und zur Vorsorge Paxlovid genommen;
  • schwere Symptome, irgendwann zwischen Freitag und Dienstag;
  • nur noch leichte Symptome am Dienstag;
  • am Mittwoch angeblich am Dienstag doch keine Symptome mehr gehabt.

Verwirrung vom Gesundheitsminister
Lauterbachs bizarre Show vor der Bundespressekonferenz
Besonders die letzte Aussage ist relevant. Denn an dieser Stelle geht es um die Anzeige, die Marcel Luthe gegen Lauterbach gestellt hat. Der Chef der Gewerkschaft GG hat einen Verstoß gegen die Berliner Corona-Verordnung festgestellt. Demnach hätte Lauterbach zwei Tage symptomfrei sein müssen, bevor er die Quarantäne verlässt. Aber der Minister hat am Mittwoch an einer Kabinettssitzung teilgenommen, obwohl er einen Tag zuvor selbst noch Symptome geschildert hat. Die Berliner Zeitung berichtete zuerst darüber.

Für Luthe ist das Verhalten des Ministers inakzeptabel: Ihm gehe es um eine Gleichbehandlung von Bürgern und Gesundheitsminister, wie er der Berliner Zeitung sagte. Die GG vertrete Dutzende von Menschen, die wegen ähnlicher Verstöße bestraft werden sollen: „Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet es, den Fall nun öffentlich aufzuklären und Herrn Lauterbach zur Verantwortung zu ziehen. Oder alle anderen Bürger ebenfalls in Ruhe zu lassen.“ Angesichts der Vorwürfe müsse es ein Verfahren wegen einer Ordnungswidrigkeit geben, sagte Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP). Zu dessen möglichem Ergebnis wollte er sich nicht äußern.

Lauterbachs unterschiedliche Aussagen zu seiner Infektion lassen sich im Zusammenhang verstehen: Am Freitag eröffnete er mit der Auskunft, er habe nur leichte Symptome und präventiv Paxlovid genommen. Für das Medikament hatte er bereits auf eine für einen verantwortlichen Politiker bemerkenswert offensive Weise geworben. Auf seinen Tweet hin bekam Lauterbach Gegenwind. Paxlovid sei nur für ältere Patienten gedacht oder für welche mit Vorerkrankungen. Zudem könne es für schwere Verläufe eingesetzt werden.

Minister / Influencer
Karl Lauterbach wirbt nach eigener Infektion massiv für Medikament Paxlovid
Also hatte Lauterbach nun schwere Verläufe. Wie er am Dienstag nachgereicht hat. Diese müssen am Sonntag ausgebrochen sein, denn an allen anderen Tagen hat der Minister seinen Twitteraccount fleißig bedient. Am Dienstag wollte Lauterbach dann nur noch leichte Symptome gehabt haben. Das deutete er auf Twitter an und sagte er auch im Interview mit der ARD. Doch auch das war problematisch. Denn dann hätte er am Mittwoch nicht an der Kabinettssitzung teilnehmen dürfen – was er aber nachweislich getan hat. Die Berliner Corona-Verordnung sieht vor, dass ein Infizierter 48 Stunden ohne Symptome gewesen sein muss, bevor die Isolationspflicht aufgehoben ist. Das gilt ohne Ausnahme. Auch nicht bei entsprechendem PCR-Test. An welcher Stelle die Aussagen über Lauterbachs Erkrankung nun falsch waren, muss ein Verfahren der Stadt Berlin entscheiden.

Zu der Frage, wie mit Verstößen gegen Corona-Verordnungen umgegangen werden soll, hat TE an das Bundesgesundheitsministerium einen kleinen Fragenkatalog geschickt. Am Dienstag um 11.02 Uhr. Bisher bleibt dieser unbeantwortet. Davor hat die Pressestelle des Ministeriums solche Anfragen solide und zügig abgearbeitet. Doch mit diesem Minister lässt sich das Niveau offenbar nur schwer halten.

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