Tichys Einblick
Neue OECD-Studie

In Deutschland ist der Staat besonders gierig

Deutschland besteuert Arbeit so stark wie kaum eine andere Industrienation. Einkommensteuer und Sozialabgaben machten 2017 bei alleinstehenden Durchschnittsverdienern 49,7 Prozent der Arbeitskosten aus, wie aus einem am Donnerstag von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD) veröffentlichten Vergleich hervorgeht.

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Nur von Belgien wird dieser Wert mit 53,7 Prozent noch übertroffen. Der OECD-Durchschnitt der 35 untersuchten Länder liegt dagegen bei 35,9 Prozent, in der benachbarten Schweiz beispielsweise nur bei 21,8 Prozent.

Dabei ist nicht einmal berücksichtigt, dass die Bürger zusätzlich durch allerlei Ökoabgaben geschröpft werden, um die „Energiewende“ zu finanzieren. Daher ist der Strompreis beispielsweise in Deutschland inzwischen so hoch wie in kaum einem anderen Land der Welt.

Dabei spart der Staat 290 Mrd. Zinsausgaben

Besonders empörend ist das, wenn man sich vor Augen führt, dass die Ausgaben des deutschen Staates für Zinsen in den vergangenen Jahren massiv gesunken sind, und zwar wegen der Nullzins-Politik der EZB, unter der Sparer leiden, die aber für den Staat bedeutet, dass neu ausgegebene Anleihen nicht oder nur gering verzinst werden müssen. Seit dem Jahr 2008 hat der deutsche Staat unglaubliche 290 Milliarden Euro Zinskosten eingespart. Allein im Jahr 2017 beliefen sich die Zinsersparnisse von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherungen im Vergleich zur Zeit vor der Finanzkrise zusammen auf 50 Milliarden Euro. Dies zeigen Berechnungen der Deutschen Bundesbank. Die Bundesbank hat in ihrer Analyse das Zinsniveau aus 2007, dem Jahr vor der Finanzkrise, mit dem jeweiligen Niveau in den Jahren danach verglichen. Musste der Staat für neue Schulden im Jahr 2007 Investoren noch eine durchschnittliche Rendite von 4,23 Prozent für frisches Geld bieten, fiel das Zinsniveau seitdem kontinuierlich auf zuletzt 1,86 Prozent im Jahr 2017.

Und wofür das alles?

Man sollte meinen, wenn der Staat in Deutschland so viel kassiert, dann müsste er in vieler Hinsicht auch besondere Leistungen erbringen. Das ist jedoch nicht der Fall. Im Gegenteil. Die Infrastruktur in Deutschland leidet seit Jahren unter extrem niedrigen Investitionen. Im World Competitive Index des Weltwirtschaftsforums zeigt die Kurve steil nach unten, die die Qualität unserer Straßen, Schienen und Wasserwege bewertet. In den vergangenen Jahren haben wir uns dort stückweise aus den Top10 verabschiedet, unsere Straßen sind sogar nur noch auf Platz 16. Länder wie die Niederlande, Portugal und Taiwan sind an Deutschland vorbeigezogen. Bundeswehr und Polizei sind in einem erbärmlichen Zustand. In der Bundeswehr gibt es inzwischen wohl mehr Waffensysteme, die nicht funktionieren als solche, die einsetzbar sind.

Die Sozialausgaben des Bundes blieben dagegen 2017 mit einem Volumen von rund 171,0 Mrd. Euro auf einem extrem hohen Niveau und stellen den mit Abstand größten Ausgabenbereich des Bundeshaushalts dar. Die Sozialleistungsquote – der Anteil der Sozialausgaben an den Gesamtausgaben – betrugt 2017 rund 52,0 %. Das heißt: Etwa jeder zweite vom Bund ausgegebene Euro fließt in den Sozialbereich.

„Der denkende Baum“: Wofür noch Geld ausgegeben wird

Angesichts üppiger Steuereinnahmen und geringer Zinsausgaben ist es ein besonderer Skandal, dass jährlich Abermilliarden Steuergelder für Unfug verschwendet werden. Ein Beispiel: Die hessische Stadt Oberursel will einer 400 Jahre alten, sterbenden Linde mit einer künstlerischen Installation eine Zukunft geben. Unter dem Projekttitel „Zeitenwandel“ soll der einst stattliche Baum in einen weißen Rahmen gesteckt werden: eine Art Vitrine ohne Glas.

Neben dem 3-D-Bilderrahmen soll der Baum als „Medium des Schreibens und Sprechens in Szene gesetzt“ werden. Regelmäßige Lesungen sollen Besucher anlocken – trotz des Verkehrslärms der nahe gelegenen Autobahn A661. Das Motto der Lesungen lautete: „Der Baum denkt“. In den Wirtschaftsplänen der Regionalpark RheinMain Taunushang GmbH, zu der neben Oberursel etwa auch Eschborn und Frankfurt zählen, sind rund 77.000 Euro für das Projekt veranschlagt. Der Baum in der Vitrine soll vor allem zu Diskussionen anregen.

Auch die Stadt Hameln sorgt sich um ihre schutzwürdigen Bäume. Ein Gutachter sollte deshalb den Baumbestand der Stadt erfassen. Doch die Stadt verrechnete sich katastrophal. Das Gutachten kostete statt 8500 Euro plötzlich 130.000 Euro – ein Kostenzuwachs von rund 1430 Prozent. Die Öko-Ideologen haben immer noch nicht mitbekommen, dass das von ihnen seit den 80er-Jahren an die Wand gemalte „Waldsterben“ ausgeblieben ist: Deutschland hat seit 1970 eine Million Hektar Wald dazu gewonnen, so schätzen die Experten der Bundeswaldinventur. Das sind 10.000 Quadratkilometer – und dies unabhängig vom Zuwachs durch die Wiedervereinigung. Das ist so groß wie die Fläche von ganz Jamaika oder viermal größer als das Saarland.

Für Öko-Quatsch wie für den „denkenden Baum“ können die Ausgaben jedoch nie hoch genug sein. Unzählige ähnliche Fakten finden sich im jährlich erscheinenden Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler.