Tichys Einblick
Grünen-Abgeordnete Emilia Fester

Überemotionale Rede zur Impfpflicht: Generation „Ich, ich, ich“ im Bundestag

Emilia Fester ist die jüngste Abgeordnete des Deutschen Bundestages – eine Rolle, die sie sehr ernst nimmt. Sie wolle für junge Menschen sprechen, bekundet sie auf ihren sozialen Medien. Doch mit ihrer ersten Rede hat sie ihrer Generation keinen Gefallen getan.

IMAGO / Political-Moments

Zweifellos ist es auch die Rolle der Sprecherin für junge Menschen, die Emilia Fester als jüngste Bundestagsabgeordnete am vergangenen Donnerstag spielen wollte – als sie sich offensiv und lautstark für die Impfpflicht ab 18 aussprach. „Milla“, wie sie sich selbst nennt, nutzte ihre erste Rede im Bundestag für eine Generalabrechnung mit „Impfgegnern“, vertreten durch die AfD-Fraktion, die sie zu Beginn explizit nicht grüßt.

„Wenn Sie (…) sich hätten impfen lassen, dann wär‘ ich jetzt wieder frei!“, keift Fester in Richtung AfD – und kassiert dafür fraktionsübergreifend Applaus. „Als die Pandemie begann, war ich 21 (…) ich hab innerhalb der vergangenen zwei Jahre aus Vorsicht und aus Rücksicht das Folgende nicht gemacht: Ich war nicht in der Uni. Ich war nicht im Ausland. Ich hab kein Museum und auch kein Festival besucht. Ich hab nichtmal eine Person, die ich noch nicht kannte, geküsst, oder meinen Geburtstag gefeiert.“

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Das Bild, das Fester zeichnen will, ist klar: Die bösen Impfgegner haben ihr ihre Jugend geklaut. Deswegen ist sie auf Rache aus: „Ich fordere jetzt den Payback“ – via Impfpflicht. Die inszenierte Wutrede stieß im Netz auf viel Kritik, die natürlich erwartbar gekontert wurde: Die alten, männlichen Kritiker hätten nur „Angst“ vor bzw. könnten es nicht aushalten, wenn eine „junge, starke Frau“ ihre Meinung sagt. Gut – dann will ich es als junger Kritiker mal versuchen.

Ich bin Teil derselben Generation wie Frau Fester. Als die Pandemie begann, war ich 19. Ja: Einfache Jahre waren es zwischen Lockdown und Online-Lehre sicher nicht. Doch in ein selbstaufgelegtes Aussiedlerleben habe ich mich nicht zurückgezogen – und Frau Fester tatsächlich auch nicht. In ihrem (G)Eifer hat „Milla“ ganz vergessen, dass sie doch im Ausland war – 2020 reiste sie nach Dänemark, teilte Bilder ihrer Reise stolz auf Instagram.

Dass sie nie in einer Uni war, mag vielleicht auch dem Umstand geschuldet sein, dass sie sich nie für ein Studium einschrieb – Fester arbeitete nach ihrem Abitur am Theater in Hamburg und ließ sich über einen Top-Listenplatz für die Grünen in den Bundestag befördern. Und falls sie tatsächlich niemanden geküsst und auf keiner Feier eingeladen war, waren daran sicherlich nicht die AfD-Ungeimpften schuld. Aber die Realität ist zweitrangig: Fester will immerhin die Stimme der jungen Generation sein und hat wohl stellvertretend für uns alle alles erlitten. Wie Anmaßend!

Viele von uns haben es in den letzten zwei Jahren deutlich schwerer gehabt als eine Theater-Assistentin, die sich mit Freunden eine Deutschland- und Dänemarkreise erlauben kann. Das wirkliche Leid junger Leute unter den Pandemiemaßnahmen (das weit über fehlende Parties und Küsse hinausgeht) verkommt zum Podest, auf das sich Frau Fester zur Selbstdarstellung platziert. Dafür, dass Fester die Impfpflicht mit Solidarität und Verantwortung für die Gemeinschaft begründet, redet sie viel von sich selbst. „Ich war“, „Ich fordere“ – ich, ich, ich zu kreischen, bestätigt leider die schlechtesten Vorurteile über meine Generation. Frau Fester geht es vor allem um sich selbst – mit einer Rede voller Falschaussagen und gefühlter Wahrheiten hat sie sich zumindest einen Namen gemacht. Angeblich nehmen die Ungeimpften ihr ihre Freiheit: Die Freiheit, faktenfrei zu Schwurbeln, lies sich die junge, starke Frau Fester jedenfalls nicht nehmen.

Und ehrlich:  Eine Gesellschaft, in der Toleranz, Freiheit und Selbstverantwortung nur noch Fremdwörter sind – das ist mit Sicherheit nicht die, in der wir zukünftig leben wollen.


Max Roland ist 21 Jahre alt und Student aus Bremen. Er ist Autor beim Jugendmagazin Apollo News. Heute wird die TE-Seite von Autoren unter 25 Jahren gemacht. 

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