Tichys Einblick
Gewalt an Schulen eskaliert

Schüler bewaffnen sich: Doppelt so viele Körperverletzungen wie vor drei Jahren

In deutschen Schulen steigt der Anteil von Kindern und Jugendlichen aus Zuwandererfamilien. Gleichzeitig steigt die Zahl der Schüler, die Waffen mit zur Schule bringen und ihre Mitschüler verletzen, sowie die Zahl derer, die nicht mehr richtig lesen können. Da gibt es einen Zusammenhang.

Symbolbild gewalttätiger Schüler

IMAGO
Körperverletzungen, Beleidigungen, Erpressungen, Messer und „Anscheinwaffen“, die echten Waffen täuschend ähnlich sehen: Das ist der Alltag an immer mehr Schulen in Deutschland. Gleichzeitig schneiden deutsche Schüler in Pisa-Studien so schlecht ab wie nie zuvor. Was ist an deutschen Schulen los?

Der Vorsitzende des „Allgemeinen Schulleitungsverbandes Deutschland“, Sven Winkler, sagt gegenüber der dpa: „Wir haben bemerkt, dass mehr Waffen zur Schule mitgenommen werden als früher.“ Es handelt sich demnach vor allem um Messer und „Anscheinwaffen“. Welches Motiv die Kinder haben, sich zu bewaffnen, ob sie gewaltbereit sind oder sich aus Angst selbst verteidigen wollen, sei unklar. Allerdings, so Winkler weiter, sei auch der Umgangston zwischen den Kindern und Jugendlichen „rauer“ geworden.

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Das ist zwar eine Einschätzung der Schulleiter aus verschiedenen Schulen in ganz Deutschland. Aber offizielle Zahlen bestätigen diese Annahme: Nach einer Umfrage der dpa unter den Landeskriminalämtern und Bildungsministerien sind 2022 bundesweit tausende Fälle von Gewalt an Schulen bekannt geworden – deutlich mehr als 2019. Allein im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen gab es demnach 2022 rund 5.400 Gewaltdelikte von und an Schülern. In Hamburg stieg die Zahl an Gewalttaten im Schuljahr 2022/23 im Vergleich zum Vorjahr um fast ein Viertel und im Vergleich zum Vor-Corona-Schuljahr 2018/19 sogar um 84 Prozent, wie Bild berichtet.

Ebenso verzeichnet die Polizei in Berlin eine rasant steigende Zahl sogenannter „Rohheitsdelikte“ an Schulen: Unter diesen Begriff fallen Körperverletzungs-, Raub- und Freiheitsdelikte. Für das vergangene Jahr zeichnet sich bereits eine deutliche Steigerung ab: Demnach registrierte die Polizei 2021 „nur“ insgesamt 1.133 solcher Delikte in Berlin. 2022 waren es bereits 2.344 entsprechende Taten – also mehr als doppelt so viele. Und für 2023 sei eine „erneute deutliche Steigerung der Fallzahlen“ zu verzeichnen, wie die Polizei der dpa mitteilt. Offizielle Zahlen für das vergangene Jahr liegen aber noch nicht vor.

In mehr als der Hälfte dieser Delikte handelte es sich 2022 um „vorsätzliche einfache Körperverletzungen“. Aber auch gewaltsamere Taten blieben nicht aus: 2022 gab es 370 „gefährliche Körperverletzungen“ an Berliner Schulen. Außerdem gab es mehr als 60 Anzeigen wegen Raub und fast 80 Anzeigen wegen Nötigung.

Diese erschreckende Entwicklung korreliert mit einem steigenden Anteil von ausländischen Schülern: Fast jeder siebte Schüler in Deutschland besitzt eine ausländische Staatsbürgerschaft, wie Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen. Das sind sieben Prozent mehr als noch im Schuljahr 2022/2023. Allerdings würden diejenigen mit einer doppelten Staatsbürgerschaft nicht mitgezählt. Die Zahl der Schüler mit ausländischen Wurzeln dürfte also noch um einiges größer sein. In einer Klasse mit 25 Schülern sitzen somit mehr als drei ausländische Schüler. Das Statistische Bundesamt schreibt: „Genau lässt sich der Einfluss der Zuwanderung allerdings noch nicht beziffern, da die genauen Staatsangehörigkeiten erst mit Vorliegen der endgültigen Ergebnisse der Schulstatistik im Herbst 2024 nachgewiesen werden können.“

Einflüsse zeigen sich allerdings jetzt schon: Zeitgleich zu den steigenden Zahlen an ausländischen Schülern, steigt nicht nur die Zahl der Kinder, die sich bewaffnen und bereit sind, Gewalt anzuwenden. Es nehmen auch die Lernleistungen der Schüler erheblich ab: In der Pisa-Studie vom letzten Jahr haben deutsche Schüler so schlecht abgeschnitten wie nie zuvor. Die von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) veröffentlichten Ergebnisse zeigen, dass die Schüler sich in allen drei untersuchten Bereichen deutlich verschlechtern: Mathematik, Naturwissenschaften und Lesekompetenz.

Diese negative Entwicklung besorgt Unternehmer: Der Geschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg, Sven Weickert, warnt vor Folgen für die regionale Wirtschaft: „Die wirtschaftlichen Folgen des jahrelangen Nicht-Handelns werden uns schon bald einholen. Nationen, die ihren Nachwuchs besser ausbilden, werden uns noch stärker Konkurrenz machen.“ Für den Strukturwandel, die künstliche Intelligenz und andere Zukunftstechniken brauche die junge Generation „erstklassige digitale Kompetenzen“. Die Pisa-Spitzenreiter sind Singapur, Japan und Südkorea, die vor allem im Bereich Mathematik weit vorn liegen. Aber auch Nachbarländer wie die Schweiz und die Niederlande liegen klar vor der Bundesrepublik, die in der Pisa-Studie im Mittel nur noch auf einen Wert von 475 kommt. Somit hat sich Deutschland in fünf Jahren um 25 Punkte verschlechtert und liegt nun nur noch knapp über dem OECD-Durchschnitt.

Weickert sagt, der aktuelle Misserfolg liege nicht am Geld: Deutschland gebe pro Kopf fast doppelt so viel für Bildung aus wie der OECD-Schnitt. Vielmehr braucht es aus Sicht des Unternehmers „eine Zeitenwende auch in der Bildung“. Vor allem in Berlin und Brandenburg brauche es mehr und besser qualifiziertes Personal, meint er. Außerdem sollen „benachteiligte Kinder“ gezielt gefördert und integriert werden, gerade beim Spracherwerb. Logisch: Wie mehrere Politiker der AfD und CDU kritisieren, sitzen in fast jeder Schulklasse Kinder, die kein fließendes Deutsch sprechen. CDU-Chef Friedrich Merz sagt gegenüber der Stuttgarter Zeitung: „Zu viele Schulen haben viel zu viele Kinder, die die deutsche Sprache nicht richtig beherrschen.“ Er fügt hinzu: „Das überfordert aktuell unser Bildungssystem“ und gehe zulasten aller Kinder: „Sie starten mit unzureichender Bildung ins Leben.“