Tichys Einblick
Willi Gebken sagt es geraderaus

Gedanken eines (noch) freien Bauern in Zeiten von Corona

Corona hat es an den Tag gebracht. Jahrelang wurden die Bauern diffamiert und verunglimpft, seit Corona werden sie verhöhnt und verspottet.

Maja Hijti/Getty Images
Bauern werden in Zeiten von Corona dringend benötigt. Händeringend schmiert die Politik ihnen jetzt öffentlich Honig ums Maul, adelt sie sogar als systemrelevant, Hauptsache die Regale bleiben mit dem gewohnten Überfluss gefüllt. Zwei Tage ohne Nahrung bedeuten Bürgerkrieg. Die Bauern rackern 24 x 366 Tage dafür, dass unsere Gesellschaft und alle, die von ihr profitieren, nicht innerhalb weniger Stunden in der Geschichte verdampfen.

Die Bauern werden aber auch gebraucht, damit die riesigen Heere vollalimentierter Landwirtschaftskontrolleure eine Existenzberechtigung nachweisen können und damit die guten Bessermenschen mit dem Finger auf „die“ Wurzel aller Übel dieser Welt zeigen können. Bauern werden gebraucht, damit die Wasserversorger vom Zerstörungswerk ihrer Tiefenbrunnen und die Kommunen vom Versagen ihrer Abwasserpolitik ablenken können.

Bauern werden gebraucht, damit Spendensammelkonzerne Argumente für noch mehr Spenden erfinden können und landwirtschaftsfremde Aufkäufer von Bauernland ihren Geldgebern auch zukünftig hohe Renditen in Hochglanzbroschüren versprechen können.

Bauern werden gebraucht, damit der unersättliche Landfraß von Kommunen und Umweltverbänden auch zukünftig durch Effizienzsteigerungen kompensiert wird und die CDU die Bauern als Morgengabe auf dem Altar einer zukünftigen schwarz-grünen oder grün-schwarzen Bundesregierung opfern kann.

Wie vielseitig so ein Bauer doch ist! Aber spätestens am vergangenen Freitag hat auch der letzte von ihnen verstanden, was er in den Augen der Mächtigen wirklich ist. Willkommen in der realen Welt! Vom Leibeigenen des Mittelalters unterscheidet sich der moderne Bauer lediglich noch in der Anzahl der Pferdestärken die er so eindrucksvoll durch Berlin gesteuert hat.

Am Freitag wurde auf Druck aus Berlin mit der neuen Düngeverordnung erneut das Tor in die Knechtschaft sperrangelweit aufgestoßen. Die Abstimmung darüber wurde eine Woche vorgezogen. Aus Angst, dass sich doch noch die Fakten über die gefakte Nitratbelastung  ihren Weg in die Öffentlichkeit bahnen könnten. TE hatte darüber berichtet.

Nur Corona hat Frau Klöckner und Frau Schulze die gut dotierten Posten gerettet. Die beiden hätten sonst erklären müssen, warum sie den Computerspielereien des Umweltbundesamtes mehr Glauben schenken, als echten Nitratmessungen, die das Gegenteil beweisen.

Seit Samstag überschlagen sich die Videobotschaften der Landespolitiker an die Bauern. Um die Bauern trotz kalter Enteignung wieder auf Linie zu bringen, wird „großzügige Unterstützung“ versprochen. Bauern kennen das. Jeder Antrag bringt neue Abhängigkeiten und neue Bürokratie. Das Heer der Landwirtschaftskontrolleure wird weiter wachsen. Von „Verantwortung zum Wohle des Landes“ war auch die Rede. Ach wirklich? Ist es wirklich zum Wohle des Landes, wenn der Rechtsstaat auf Lügen baut?

Den Gipfel von Hohn und Spott aber hat die CDU auf Facebook erklommen. „Ähre wem Ähre gebührt“ betitelt sie ein biblisch anmutendes Foto von Getreideähren in geöffneter Bauernhand. Psychologisch ist es klar, was das bedeutet. Die „Ehre“ will oder kann man den Bauern dann doch nicht zugestehen und weicht verschämt auf dieses Wortspiel aus. Nein, nach 20 Jahren der Verunglimpfung und Diffamierung haben die Bauern nichts Gutes mehr zu erwarten. Corona hat es an den Tag gebracht.

Wilhelm Gebken führt einen Biobetrieb zusammen mit seiner jüngsten Tochter. Seine Ehefrau bewirtschaftet einen konventionellen Betrieb.