Tichys Einblick
Das Steuerdebakel der Union

Friedrich Merz auf Partnersuche: CDU biedert sich bei SPD an und will Steuern erhöhen

Wird das nichts mehr mit der schwarz-grünen Traumpartnerschaft? Oppositionsführer Friedrich Merz will den Spitzensteuersatz erhöhen um der SPD einen großen Gefallen zu tun. Und die ist dabei; wie immer wenn es darum geht, dem Bürger noch mehr abzupressen.

IMAGO/Political Moments

Wenn jemand mit gezinkten Karten spielt, ist es schon schlimm, schlimmer dürfte es sogar noch sein, wenn er nicht einmal merkt, dass er mit gezinkten Karten spielt. Der Latte Macchiato Putsch gegen die Demokratie, von der Süddeutschen Zeitung gegen Hubert Aiwanger und gegen die Freien Wähler in Szene gesetzt, füllte die Seiten und Kommentare und lenkte ab: Von Lindners Fahrplan in den Staatsbankrott, Entwurf des Bundeshaushaltes für das Jahr 2024 genannt, und der großen Peinlichkeit der Steuerpläne der Union, jüngst von Friedrich Merz verkündet. Die Bürger des Landes ächzen unter der Steuer- und Abgabenlast – und die Opposition fordert Steuererhöhungen. Dümmer geht nimmer, instinktloser auch nicht. Dabei wollte die CDU im Kern etwas Vernünftiges – und hat sich dabei ein Bein gestellt.

Der Vorsitzender der CDU hatte im Interview mit der FAS am Wochenende launig erklärt: „Ob der Spitzensteuersatz bei 42 oder 45 Prozent liegt, ist nicht entscheidend. Wichtig ist eine Entlastung der Mittelschicht.“ Dieser Satz, mal so eben nebenbei geäußert, löste Befremden in der Jungen Union aus und fand sofort den Beifall von SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert, weil alle nur verstanden, dass der Spitzensteuersatz auf 45 % steigen soll. Das Politikum war natürlich, dass die CDU plötzlich als Steuererhöhungspartei wahrgenommen wurde – und dass zu einer Zeit, in der Lindners apokalyptische Reiter Steuerdrangsalierung, Rekordverschuldung und Rekordverteuerung des Lebens heißen. Dabei hatte die CDU eigentlich ein löbliches Ziel, nämlich den „Mittelstandsbauch“ abzuflachen, eine Steuersenkung für viele vorzunehmen.

Was wollte die CDU also wirklich? Die Debatte über die systemische Ungerechtigkeit des Steuerrechts um den Mittelstandsbauch ist so alt, dass sich keiner mehr erinnern kann, wie alt sie tatsächlich ist. Wie viel Generationen von Politikern, wenn sie in der Opposition oder im Wahlkampf sind, wollten ihn schon beseitigen, doch kühlte ihr Wollen merklich in der Regierung ab, denn über diese Ungerechtigkeit freut sich der Fiskus. Für Bürger mit mittleren Einkommen steigt nämlich die Steuerbelastung durch Steuern und Abgaben extrem an, bis ab ein zu versteuerndes Einkommen von 63 000 Euro der Spitzensteuersatz von 42 % greift. Eine Reform ist also gerade in diesen Zeiten der Inflation und der Verteuerung mehr als geboten, wenn man die Bürger mit mittlerem Einkommen nicht in die Verzweiflung treiben möchte, wenn man, was Politiker aller Parteien immer behaupten, für Gerechtigkeit sorgen möchte. Auf kaum einem anderen Gebiet wird so viel gelogen, geframt, verdreht gewollt falsch verstanden wie auf diesem.

Merz sagte vollkommen zu recht im Interview: „Schon Leute, die nur ein bisschen mehr verdienen als der Durchschnitt, erfahren eine enorme Belastung durch Abgaben und Steuern.“ Der höhere Steuersatz sollte erst bei einem höheren Einkommen greifen. Carsten Linnemann prognostizierte, dass es zu einer echten Entlastung für die breite Mitte käme, wenn der Spitzensteuersatz erst bei 80.000 oder 100.000 Euro anfiele. Der Fraktionsvize Spahn sekundierte: „Unser Ziel als CDU ist klar: Wir wollen Unternehmen und die Mittelschicht massiv entlasten.“

Ja, aber so klar ist das dann doch nicht, denn irgendjemand muss der CDU den Floh ins Ohr gesetzt haben, dass sich die signifikanten Mindereinnahme durch eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes mildern ließe. Damit gab Merz selbst Lindner das Argument in die Hand, zu zeigen, dass der Vorschlag des CDU Vorsitzenden rechnerisch nicht aufgehe. Ausgerechnet Lindner sonnte sich nun in der Phrase, dass durch die von der CDU geplanten Steuererhöhungen die wirtschaftliche Entwicklung stranguliert würde. Damit hatte Lindner natürlich nicht recht, denn die wirtschaftliche Entwicklung des Landes und auch des einzelnen wird durch zu hohe Energiepreise aufgrund einer falschen Wirtschafts- und Energiepolitik, durch bürokratische Hemmnisse, wie das Lieferkettengesetz, und ausufernde Berichtspflichten, durch Willkürsteuern wie die Energiesteuer, wie die Phantasie-Bepreisung von CO-2, durch die Verzerrung des Marktes durch die Einführung einer Staats- und Subventionswirtschaft stranguliert, doch der Schwarze Peter liegt nun bei den Steuererhöhern von der CDU, die doch eigentlich die Steuern für viele senken wollten. Verrückte Parteien-Welt.

Die Entlastung der Bürger würde sehr spürbar ausfallen, was natürlich zu Mindereinahmen für den Staat führt. Das ließ bei Lindner alle Alarmglocken schrillen, deshalb manövrierte Lindner den Vorschlag der CDU mit der Rechnung aus, dass der Spitzensteuersatz bei 80 000 Euro mit einem Steuersatz von 57 % liegen müsste, um die Einnahmenminderungen aufzufangen. Damit stand die Union blamiert da, denn das wollte sie natürlich auch nicht. Doch lag ihr Fehler eindeutig darin, nicht zu fordern, dass der Staat mit weniger Geld auskommen muss! Da geht übrigens, im Jahr 2019, dem Vorkrisenjahr, das als Referenzjahr gilt, betrug der Etat 357, 1 Milliarden Euro, im Jahr 2024 445,7 Milliarden Euro.

Vor allem hätte die CDU ihren Vorschlag ohne Gegenrechnung unterbreiten müssen. Bei geschätzten Einnahmen von 377,3 Milliarden Euro sollte das möglich sein, wenn man einen politischen Spurwechsel zu Leistung und Gerechtigkeit vornehmen würde. Zwischen 25 und 40 Milliarden Euro an Ausgabenminderung würde der Wegfall der steuerliche Finanzierung von Wertschöpfungsketten ins Ausland, die Finanzierung von Projekten bspw. in Indien oder Namibia erbringen, zudem die Kürzung der Förderung des Erneuerbaren-Energie-Komplexes, der Wegfall von Subventionen für wirtschaftliche Phantasieprojekte, die Verschlankung der Verwaltung durch eine tatsächliche Entbürokratisierung , die nicht nur eine Tarnung für die Einschränkung der Einspruchs- und Widerspruchsrechte der Bürger darstellt, die Kürzungen in den zahllosen Programmen zur Finanzierung zumeist grüner oder linker NGOs, Streichung der Gesinnungsbürokratie der Diversitäts,- Queer-, Klima- und anderer Beauftragter, Streichung der Gender-Lehrstühle und Rückführung und Konzentration der Migrationsforschung auf echte Forschung, Beendigung der Massenemigration in die deutschen Sozialsysteme, Umstellung von Geld- auf Sachleistungen, sowie die Abschaffung der pull Faktoren für die Massenmigration. Die Liste ließe sich weiterführen.

Abgeschmackt ist, dass Lindner vom Sparen spricht, wo er doch das Geld mit vollen Händen ausgibt – und viele Medien lassen ihn damit durchkommen. So behauptet Linder, dass er nur für 16,6 Milliarden Euro neue Schulden aufnimmt. In Wirklichkeit beträgt die Verschuldung, beträgt die Nettokreditaufnahme unter Einberechnung aller Sondervermögen 85,7 Milliarden Euro, also das Fünffache des ausgewiesenen Betrages, stellt der Bundesrechnungshof fest. Lindner beklagt, dass er 36,9 Milliarden Euro an Schuldendienst zu leisten hat, mehr als die Etats der Ministerien für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz, für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, für Bildung und Forschung zusammen. Zudem stehen Lindner ein Verschuldungspotential von 522 Milliarden Euro zur Verfügung, die budgetflüchtig sind, also nicht der Schuldenregel unterliegen.

Sieht man auf die Verschuldung für 2024, so wird deutlich, dass Lindner nur ein Fünftel von dem, was er tatsächlich verantwortet, beklagt, und sich so aus der Verantwortung sowohl für die 16,6 Milliarden offiziellen, als auch insgesamt für die 85,7 Milliarden Euro Schulden stiehlt.

Genau hier liegt der Ansatzpunkt der Steuerdebatte für die Union. Sie muss die Schuldenpolitik der Ampel, die 2028 oder 2029, wie von mir dargelegt, zum Staatsbankrot führen kann, offenlegen und Steuersenkungen wie die Abflachung des Mittelstandsbauchs fordern, nur eines darf sie nicht, Steuererhöhungen vorschlagen, und so dem Wolf noch den Schafspelz umlegen, dass er sogar behaupten kann gegen die Steuererhöhungspläne der Union zu stehen, obwohl er doch mittelbar Steurern und Abgaben erhöht. Denn es stimmt nicht, dass der Staat nicht die Steuern erhöht: Was ist denn mit der Erhöhung der Bepreisung des CO-2, was ist mit der Mehrwertsteuer in Zeiten der Energieverteuerung und der Inflation?

Obwohl die Union das richtige jedenfalls gewollt hat, tat sie das Falsche. Als Opposition ist sie nach wie vor ein Ausfall. Sie sollte endlich mit den Spielchen aufhören und richtige Politik machen, anstatt sie nur zu simulieren. Aber kann das eigentlich noch jemand bei denen?

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