Tichys Einblick
Viktor Orban antwortet

Eine Meinung, die nicht gedruckt wurde

Der Berliner "Tagesspiegel" hat eine Antwort von Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán auf heftige Vorwürfe von US-Milliardär George Soros in einem Meinungsbeitrag nicht veröffentlicht. Darum erscheint sie hier.

picture alliance / NurPhoto

George Soros veröffentlichte auf der Medienplattform Project Syndicate am 19. November eine knallharte Abrechnung mit seinem Intimfeind Viktor Orbán, dem Ministerpräsidenten Ungarns. Das Project Syndicate ist eine eher links orientierte internationale Non-Profit-Organisation mit Sitz in Prag, in der nach eigenen Angaben derzeit über 430 Zeitungen und Zeitschriften aus 150 Ländern mit einer Gesamtauflage von fast 70 Millionen Exemplaren zusammengeschlossen sind.

Praktisch hat Soros hier eine Hausmitteilung geschrieben. Denn das Medien-Syndikat finanziert sich nicht nur aus Beiträgen seiner Mitglieder in den Industriestaaten, sondern auch aus Zuwendungen privater Stiftungen, darunter insbesondere des Open Society Institute von George Soros.

Noch am selben Tag veröffentlichte der Tagesspiegel den Soros-Gastbeitrag Online und tags darauf am 20. November in der Druckausgabe. „Orbán als Abrissbirne der Demokratie“, steht in der Dachzeile und in der Überschrift: „Europas dreistester Kleptokrat sitzt in Budapest“.

Dem ungarisch-stämmigen amerikanischen Finanzinvestor Soros gefällt es ganz und gar nicht, dass Ungarn und Polen ihr Veto gegen den geplanten Siebenjahreshaushalt der Europäischen Union im Umfang von 1,15 Billionen Euro und den europäischen Wiederaufbaufonds im Volumen von 750 Milliarden eingelegt haben.

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Auf der anderen Seite verwahren sich die Regierungen Polens und Ungarns gegen aus ihrer Sicht falsche EU-Vorwürfe, sie würden sich nicht an Anforderungen der Rechtsstaatlichkeit halten. Schließlich würden ihre Stellungnahmen und Entgegnungen zu den Vorwürfen in schöner Regelmäßigkeit von EU-Kommission wie EU-Parlament und den angeschlossenen Medien kaum zur Kenntnis genommen oder veröffentlicht. Dagegen hat US-Milliardär Soros nun schweres Geschütz auf den von ihm mitfinanzierten Medienplattformen aufgefahren.

Ungarns Botschafter in Deutschland, Peter Györkös, übermittelte am 25. November den Herausgebern und Chefredakteuren des Tagesspiegel nun einen Gastbeitrag seines Regierungschefs Viktor Orbán und schrieb dazu: „Im Sinne der objektiven Berichterstattung und Meinungsfreiheit, hoffe ich, dass der Beitrag des ungarischen Ministerpräsidenten bald in Ihrer Zeitung – an einer ähnlich zentralen Stelle wie die Meinung von George Soros – veröffentlicht werden kann.“

So schnell wie der Berliner Tagesspiegel Soros‘ Angriff von dessen Hausplattform Project Syndicate übernahm, so träge reagiert die Chef- und Herausgeberetage in der Hauptstadt nun auf das Botschafter-Schreiben – im Prinzip gar nicht. Denn fünf Tage sind seither ohne Reaktion gegenüber Ungarns Botschafter verstrichen.

Inzwischen ist über den einseitigen Vorgang der Parlamentskreis Ungarn des Deutschen Bundestages und die Deutsch-Ungarische Gesellschaft informiert wie alarmiert. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Axel Fischer äußert seine Verwunderung darüber, dass sich ein Blatt wie der Tagesspiegel so einseitig positioniere. „Wer einem international tätigen US-Investor ein Forum bietet, um den Regierungschef eines Mitgliedsstaates der EU anzugreifen, sollte die Erwiderung des Angegriffenen in gleicher Weise veröffentlichen“, mahnt der Vorsitzende des Parlamentskreises Fischer. Auch sein Stellvertreter im Vorsitz, der CDU-Bundestagsabgeordnete Volkmar Klein, erwartet von der deutschen Presse, dass sie „ihren Lesern gerade bei kontroversen Diskussionen die Gelegenheit bietet, sich eine eigene Meinung zu bilden.“ Dazu müsse man aber beide Seiten der Debatte zu Wort kommen lassen.

Damit meinungsfreudige und weltoffene Leser nicht länger warten müssen, veröffentlicht TE auf der folgenden Seite den Gastbeitrag von Viktor Orbán, den der Berliner Tagesspiegel nicht drucken will:

„Europa darf sich dem Soros-Netzwerk nicht unterwerfen

Antwort auf den Artikel von George Soros:

Viele Stimmen meinen, der Ministerpräsident eines Landes dürfte nicht mit George Soros diskutieren. Entsprechend ihrer Argumentation ist Soros ein Wirtschaftskrimineller, da er seinen Reichtum erwarb, indem er spekulierte, Millionen von Menschen ruinierte, ja sogar ganze Nationalwirtschaften erpresste. So wie auch Regierungen nicht mit Terroristen verhandeln dürfen, so dürfen auch Ministerpräsidenten nicht mit Wirtschaftskriminellen diskutieren.

Jetzt bin ich trotzdem dazu gezwungen, da George Soros, der Dollarmilliardär und Spekulant ungarischer Herkunft am 18. November in seinem Artikel auf der Seite namens Project Syndicate einen offenen Befehl an die führenden Persönlichkeiten der Europäischen Union erteilt hat. In diesem weist er sie an, jene Mitgliedsstaaten hart zu bestrafen, die sich nicht unter der Flagge der globalen und offenen Gesellschaft in ein sich vereinheitlichendes europäisches Imperium eingliedern wollen.

Die Kraft Europas gaben im Laufe der Geschichte schon immer die Nationen. Obwohl die europäischen Nationen unterschiedlicher Herkunft sind, verbanden sie die gemeinsamen Wurzeln unseres Glaubens. Das auf den jüdisch-christlichen Traditionen beruhende europäische Familienmodell stellte die Grundlage unserer Gemeinschaften dar. Die christliche Freiheit war es, die die Freiheit des Denkens sowie der Kultur sicherte und zwischen den Nationen Europas einen wohltätigen Wettbewerb erschuf. Die großartige Verbindung der Unterschiede machte Europa Jahrhunderte hindurch zur führenden Kraft der Welt.

Jeder Versuch, der Europa unter der Ägide eines Reiches vereinheitlichen wollte, ist gescheitert. So lässt uns die historische Erfahrung auch sagen, Europa wird dann wieder groß sein, wenn auch seine Nationen erneut groß sein werden und jedweder imperialen Bestrebung widerstehen.

Erneut setzen sich große Kräfte in Bewegung, damit die Nationen Europas aufhören zu existieren und der Kontinent sich unter der Ägide eines globalen Reiches vereint. Das Soros-Netzwerk, das durch und durch mit der europäischen Bürokratie und politischen Elite verwoben ist, arbeitet seit Jahren daran, Europa zu einem Einwanderungskontinent zu machen. Für die Staaten der Europäischen Union stellt heute die größte Gefahr das die globale offene Gesellschaft verkündende und die nationalen Rahmen liquidieren wollende Soros-Netzwerk dar. Die Ziele des Networks sind offensichtlich: Mit Hilfe der Beschleunigung der Migration offene Gesellschaften mit gemischten Ethnien und Multikulturalismus zu erschaffen, die nationale Entscheidungsfindung abzubauen und diese in die Hände der globalen Elite zu übergeben.

Die Europäische Union steckt in Problemen. 2008 hat sie eine lange nicht mehr gesehene Wirtschaftskrise, beginnend mit 2015 die Migrationskrise und 2020 eine zerstörerische Pandemie getroffen. Europa hat noch nicht einmal seine vorherigen Krisen überwunden, dementsprechend kann die Auswirkung der Coronavirus-Pandemie noch größere Sorgen bereiten. Die Anzeichen dafür zeigen sich schon jetzt. Die Staatsverschuldung, die Arbeitslosigkeit, der wirtschaftliche Zustand zahlreicher Länder befindet sich auf einem kritischen Niveau. Nie gab es eine größere Notwendigkeit zur europäischen Solidarität, dazu, dass die europäischen Nationen zusammenhalten, um einander zu helfen.

Der sich selbst als „Philanthrop“ bezeichnende Spekulant hat während keiner einzigen der Krisen auf die Interessen der europäischen Menschen geachtet, sondern entsprechend seines eigenen Vorteils gehandelt. Während der Wirtschaftskrise bleibt sein Angriff gegen den Forint und die größte ungarische Bank erinnerungswürdig, während der Migrationskrise sein zur Beschleunigung der Ansiedlung der Einwanderer sowie zu ihrer Verteilung und Finanzierung ausgearbeiteter Plan, und jetzt sein Vorschlag anstelle der gegenseitigen Solidarität und der Hilfeleistung lieber einander zu bestrafen.

Das durch George Soros geleitete Netzwerk scheut inzwischen auch vor der offenen Einmischung nicht mehr zurück. Es will auf die Nationalstaaten einen Druck ausüben, der größer ist als jemals zuvor. Es hetzt die europäischen Völker gegen einander auf. Das Instrumentarium des Netzwerkes ist verwoben und auch auf den unterschiedlichsten Schauplätzen des öffentlichen Lebens präsent. Eine lange Reihe von Politikern, Journalisten, Richtern, Bürokraten, als zivil getarnten politischen Agitatoren steht auf der Gehaltsliste von George Soros. Und obwohl der Milliardär selbst jeden seiner Feinde der Korruption bezichtigt, ist er selbst der korrupteste Mensch der Welt. Wen er nur kann, den besticht und kauft er. Bei denen dies nicht gelingt, die kompromittiert er, erniedrigt er, schüchtert er ein und ruiniert er mit Hilfe der schrecklichen Waffe des Netzwerkes, des linken Medienbackgrounds.

Zahlreiche hochrangige Bürokraten der EU arbeiten gemeinsam mit dem Netzwerk von George Soros an der Erschaffung eines einheitlichen Imperiums. Sie wollen ein Institutionensystem ausbauen, das unter der Ägide der offenen Gesellschaft den freien und unabhängigen Nationen Europas ein einheitliches Denken, eine einheitliche Kultur, ein einheitliches Gesellschaftsmodell aufzwingen will. Damit nehmen sie jedem Volk sein Recht, selbst über das eigene Schicksal entscheiden zu können. Diesem Ziel dient auch ihr Herrschaft des Rechts (Rule of Law) genannter Vorschlag, der in Wirklichkeit nicht die Herrschaft des Rechts (Rule of Law), sondern das Recht des Stärkeren (Rule of Majority) anerkennt.

Die Unterschiede sind offensichtlich. Soros will eine offene Gesellschaft (Open Society) und wir wollen eine geschützte Gesellschaft (Safe Society). Seiner Ansicht nach kann die Demokratie nur liberal, unserer Ansicht nach kann sie auch christlich sein. Seiner Ansicht nach kann die Freiheit nur der Selbstverwirklichung dienen, unserer Ansicht nach kann man die Freiheit auch zur Befolgung der Lehren Christi, zum Dienst für die Heimat und zum Schutz unserer Familien nutzen. Die Grundlage der christlichen Freiheit ist: die Freiheit der Entscheidung. Diese ist jetzt in Gefahr geraten.

Wir, die in der Osthälfte der EU lebenden Mitgliedstaaten wissen sehr gut, was es heißt, frei zu sein. Die Geschichte der mitteleuropäischen Nationen war ein ständiger Freiheitskampf gegen große Imperien, um wieder und wieder unser Recht auf unsere eigene Entscheidung erkämpfen zu können. Wir haben es an der eigenen Haut erlebt: Jede imperiale Bestrebung macht dich zum Gefangenen. Wir sind hier noch einige aus der Generation der Freiheitskämpfer – von Estland bis Slowenien, von Dresden bis Sofia unter den in den Ländern des ehemaligen Ostblocks Lebenden –, die noch persönliche Erinnerungen daran haben, wie es ist, sich gegen die Willkür (Rule of Man) und deren kommunistische Version zu erheben. Einschüchterung, materielle und moralische Vernichtung, physische und seelische Belästigung. Davon wollen wir nichts mehr wissen.

Jene westlichen führenden Politiker, die ihr ganzes Leben in der Welt der geerbten Freiheit und der Herrschaft des Rechts (Rule of Law) gelebt haben, müssten jetzt auf jene hören, die für die Freiheit gekämpft haben und aufgrund der Erfahrungen ihres persönlichen Lebens einen Unterschied zwischen der Herrschaft des Rechts (Rule of Law) und der Willkür (Rule of Man) machen können. Sie müssen akzeptieren, dass wir auch im 21. Jahrhundert nicht unsere am Ende des 20. Jahrhunderts errungene Freiheit aufgeben können.

Der Kampf um das neue Brüsseler Reich bzw. der gegen es geführte Kampf ist noch nicht entschieden. Brüssel scheint zu fallen, doch ein Großteil der Nationalstaaten widersteht noch. Wenn wir unsere Freiheit bewahren wollen, darf sich Europa nicht dem Soros-Netzwerk unterwerfen.“

Viktor Orbán

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