Tichys Einblick
Multi-Kulti gelingt nur unter dem Kreuz

Ein provozierender Zugang zum Karfreitag

Achijah Zorn sagt: „Vertrete deine Weltanschauung. Aber vertrete sie ohne Gewalt, selbst wenn du Machtfülle in deinen Händen hast. Und dann können wir bei allen unterschiedlichen Wahrheitsansprüchen in Frieden zusammen leben und fruchtbar miteinander um die Wahrheit streiten.“

IMAGO/Christian Ditsch

Der Deutsche Bundestag hat sich 2002 für den Wiederaufbau des Berliner Schlosses ausgesprochen. Selbstverständlich war das im bunten Deutschland geplant ohne ein christliches Kreuz auf der Kuppel und auch ohne die „umstrittenen“ Bibelverse darunter.

Doch überraschenderweise rang sich die Stiftung Humboldt Forum nach heftigen Diskussionen dazu durch, an der historischen Rekonstruktion festzuhalten – und damit auch an dem goldenen Kreuz und den Bibelversen.

In goldenen Buchstaben steht nun auf einem umlaufenden blauen Spruchband am Fuß der kreuzgekrönten Kuppel: „Es ist in keinem andern Heil, ist auch kein anderer Name den Menschen gegeben, denn in dem Namen Jesu, zur Ehre Gottes des Vaters. Dass in dem Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind“ (Apostelgeschichte 4,12 und Philipper 2,10).

Klar, dass dieser Spruch viele Menschen auf die Palme bringt. Dieser Spruch ist ein Frontalangriff auf den Zeitgeist:

Kulturrelativismus ist „in“. Es gebe keine absoluten Wahrheiten, so tönt es aus allen Kanälen. Und wer absolute Wahrheiten vertrete, der sei gefährlich, denn religiöse Wahrheiten erzeugten nur Gewalt und Blut. Alles sei gleichwertig und gleichrangig. Jede Über- und Unterordnung sei ein Übel. Multikulti, Toleranz und Offenheit sei das zwingende Gebot des neuen nachchristlichen Europas.

Aus dieser Sicht wird das restaurierte Berliner Schloss zu einem Symbol eines reaktionären Kulturchauvinismus, zu dem Symbol eines fatalen Rückschritts in finstere Zeiten.

Doch Vorsicht! Ganz so einfach ist es nicht.
Auch kulturrelativistische Weltanschauungen wenden brutal Gewalt an. Die Antifa ist bestes Beispiel dafür. Alles, was außerhalb ihres romantischen Multi-Kulti-Denkens ist, wird niedergeknüppelt; natürlich mit bestem Gewissen, weil man ja im heldenhaften Wiederstand gegen den Faschismus ist.

Und auch der Buddhismus, der keinen (monotheistischen) Gott mit Absolutheitsanspruch kennt, hat nicht nur gegenwärtig in Myanmar Probleme mit Gewalt, hier gegenüber muslimischen Minderheiten. Und das obgleich die Lehren des Buddha doch die Gewaltlosigkeit loben.

Anscheinend gibt es in allen Menschen eine Tendenz, die eigene wie auch immer geartete Weltanschauung mit Gewalt zu fördern, wenn man die Macht dazu hat.
Gewalt ist also zuallererst einmal ein anthropologisches Problem, das dann allerdings durch gewaltbejahende Weltanschauungen zusätzlich exponentiell gesteigert werden kann.

Genau hier setzt das Kreuz Jesu an.
Jesus ist nach christlicher Auffassung „alle Gewalt im Himmel und auf Erden gegeben“
(Matthäus 28,20). Und doch verzichtet er in seiner Passion vollständig auf Gewaltanwendung.
Auf einem Esel zieht er in Jerusalem ein; ein Tier, das zum Kriegführen wegen seiner Bockigkeit nicht geeignet ist.
Als einer seiner Jünger ihn mit dem Schwert verteidigen möchte, weist Jesus diesen schroff zurück: „Stecke dein Schwert an seinen Ort! Denn wer das Schwert nimmt, der soll durch das Schwert umkommen. Oder meinst du, ich könnte meinen Vater nicht bitten, dass er mir sogleich mehr als zwölf Legionen Engel schickte“ (Matthäus 26,52f)? Trotz göttlicher Machtfülle lehnt Jesus sogar die Notwehr ab.
Und so wird Jesus auf dem Kreuzweg mit größtem Spott überzogen: „Andern hat er geholfen und kann sich selbst nicht helfen“ (Matthäus 27,42).
Und doch geht Jesus konsequent den Kreuzweg der Gewaltfreiheit.

Auch die sogenannte „Tempelreinigung“ widerspricht dem nicht. Denn die Vertreibung der Händler und Geldwechsler durch Jesus war kein revolutionärer Gewaltakt. Es war eine religiöse Symbolhandlung, bei der kein Mensch zu Schaden gekommen ist und bei der noch nicht einmal ein Sachschaden entstanden ist. Die Geldwechsler im Tempel, die ihren Tisch durch Jesus umstoßen ließen, haben ihre Tische hinterher wieder aufgestellt und dann weiter „business as usual“ gemacht. Die Tempelreinigung war nicht ein Akt zur Initiierung von weiteren Gewalttaten; es war eine zeichenhafte Symbolhandlung gegen eine allzu enge Verknüpfung von Religion und Geld, die weit über den damaligen Tempel hinausgeht.

Das Kreuz Jesu Christi als zentrales Symbol des christlichen Abendlandes ist ein mutiges und nach vorne weisendes Symbol:
„Vertrete deine Weltanschauung, sei sie im Kern absolutistisch oder kulturrelativistisch – vertrete deine Weltanschauung, aber vertrete sie ohne Gewalt.
Vertrete einen christlichen Absolutheitsanspruch – aber vertrete ihn im Geiste des Kreuzes, und dann braucht keiner Angst vor dir zu haben.
Vertrete deinen muslimischen Glauben und verkündige, dass Mohammed der größte und beste aller Propheten sei – aber vertrete deine Religion ohne Gewalt und ohne Dschihad gegen Andersdenkende, dann können wir in fruchtbare und kontroverse Debatten einsteigen.
Vertrete deinen Atheismus, deine antifaschistische Weltanschauung, deinen Nationalismus oder was auch immer – vertrete deine Grundsätze ohne Gewalt, erst dann kann ich dich als Bereicherung anerkennen.“

Das Absurde in der Geschichte des Christentums ist allerdings, dass ausgerechnet das Kreuz als das Zeichen der Gewaltfreiheit durch Kaiser Konstantin missbraucht wurde. Konstantin hat das christliche Kreuz zum Symbol des militärischen Sieges gemacht: „In diesem Zeichen wirst du siegen“ – so soll er vor einer kriegerischen Schlacht geträumt haben.

Die menschliche Gewalt ist eine derart tiefsitzende anthropologische Konstante, dass sie sich sogar des Kreuzes bemächtigt und es in sein totales Gegenteil pervertiert.
Damit wird Konstantin zu einem Vorläufer von Mohammed, der ja auch ungeschminkt Religion und Gewalt miteinander verbunden hat. Eine „Reformation des Islam“ – eine „Zurückformung“ zu Mohammed kann an diesem Punkt dem Islam nicht weiterhelfen; eine Reformation des Islam zu Mohammed ist der direkte Weg zu den Taliban, genau wie eine Reformation des Christentums zu Konstantin der direkte Weg zu den Kreuzzügen wäre.

Dagegen hilft nur eines: Die „Reformation“ = die „Zurückformung“ zur wahrhaftigen Passion Jesu, die Zurückformung zum wahrhaftigen Kreuz der vier Evangelien.

Damit würde das goldene Kreuz auf dem Berliner Stadtschloss zu einem wegweisenden Symbol des Fortschritts, zu einem wegweisenden Symbol für das 21. Jahrhundert.
Nur mit dem goldenen Kreuz Jesu kann Multi-Kulti gelingen: „Vertrete deine Weltanschauung. Aber vertrete sie ohne Gewalt, selbst wenn du Machtfülle in deinen Händen hast. Und dann können wir bei allen unterschiedlichen Wahrheitsansprüchen in Frieden zusammen leben und fruchtbar miteinander um die Wahrheit streiten.“

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