Tichys Einblick
Pfefferspray

Ein Freund und Helfer – mit Risiken und Nebenwirkungen

Die Polizei warnt vor Pfefferspray, das nur gegen Tiere eingesetzt werden darf. Gut und richtig - aber wie schützt man sich dann? Dazu ein Beitrag von Steffen Meltzer, Polizeitrainer und Autor eines Ratgebers zu Gefahrenabwehr.

Pepper spray is shown on display near the Cologne Hauptbahnhof main railway station at a store window

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Rechtzeitig vor Silvester erklingen regelmäßig aus Nordrhein-Westfalen die einen und die anderen Ratschläge. Diesmal vom dortigen Landesvorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei (GdP), der das Verbot des Mitführens von Pfefferspray gutheißen würde. Außerdem sollen zukünftig die Verkäufer Name und Anschrift notieren.

Bürger werden richtigerweise Tag und Nacht angehalten, beim Einbruchsschutz aufzurüsten. Es gibt hierfür Vorzugskredite, Polizisten aus der Prävention sind unermüdlich im Einsatz, um Hauseigentümer und Firmen zu beraten, um die Schwachstellen an Gebäuden aufzuzeigen. Selbst für Folklore war man sich nicht zu schade, als man privaten Haushalten sogenannte Künstliche DNA (KDNA) wie warme Semmeln gegen den Einbruchsschutz anbot, obwohl das vorhergehende Pilotprojekt bei der Bremer Polizei bereits vor Jahren als gescheitert eingeschätzt wurde, da lediglich ein Verdrängungseffekt erfolgte.

Dem Bundesland Brandenburg war das egal, Polizeistellen wurden durch die Politik übereifrig abgebaut und die KDNA als neues „Wundermittel“ eingeführt. Als schließlich auch noch herauskam, dass der Staatssekretär im Innenministerium an der Polizeilichen Kriminalstatistik geschraubt hat, dabei die Vorgaben des BKA außer Acht ließ, um „seine Statistik“ zu aufzuhübschen, nahm er „freiwillig“ seinen Hut und ging ins Umweltministerium. Währenddessen beim Einbruchsschutz 24 Stunden am Tag gern und ausführlich Ratschläge erteilt werden, ist man plötzlich sehr zurückhaltend und einsilbig, wenn es statt um irgendwelche Wertgegenstände um den Schutz von Leben und Gesundheit geht. Ein einmaliges Gut, dass deutlich höher einzuschätzen ist als beispielsweise die gestohlene Briefmarkensammlung. Sein oder Nichtsein kann dabei zur Debatte stehen.

Michael Mertens liegt richtig, wenn er anmerkt, Pfefferspray kann verheerende Auswirkungen beim Einsatz in geschlossenen Räumen zur Folge haben, so wie auch nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein Auto in eine Menschenmenge fährt. Bekanntermaßen werden Fahrzeuge zu diesem Zweck nicht gebaut. Anstatt Verbote, Kontrollen und ständige Verurteilungen, wären Aufklärung zum missbräuchlichen Einsatz und über eine möglicherweise sinnvolle Wirkungsweise des Sprays in einer echten Notwehrsituation deutlich zielführender. So wie jedes Hilfsmittel oder Waffe zum Eigenschutz angewendet werden kann, so besteht auch die Möglichkeit, damit fahrlässig Unfälle zu verursachen oder vorsätzliche Straftaten zu begehen.

Pfefferspray ist kein Wundermittel, bei manchen Personen wirkt es gar nicht, bei anderen erst nach mehreren Minuten, andererseits kann es bei Unbeteiligten zu Panikreaktionen kommen. Pfefferspray könnte beispielsweise aber auch eine Vergewaltigung o.a. schwere Straftaten verhindern. Ein Gesetz der Straße lautet deshalb: „Der Schnelle frisst den Langsamen“ und nicht der Starke den Schwachen. Weitere Tipps von mir zur Anwendung finden Sie hier.

Natürlich kann Pfefferspray damit unter Umständen wertvolle Dienste leisten. Es ist sinnvoller als ein Armbändchen mit der Aufschrift „Respect“, Beruhigungspillen wie friedlich doch alles in Deutschland wäre, oder Henriette Rekers Tipp aus Köln: „Halten Sie eine Armlänge Abstand“. Das Verbot würden nur Vergewaltiger, Räuber und Schläger stärken, da für manche unterlegenen Opfer Pfefferspray die einzige Möglichkeit ist, sich kurzfristig zu wehren und ein paar Sekunden Vorsprung für eine lautstarke Flucht zu erlangen. Ja, auch Straftäter können es einsetzen, um den Raubzug mit weniger Widerstand des Opfers zum Erfolg zu führen, Enttäuschungen eingeschlossen, wenn man an den Falschen gerät.

Pfefferspray wird in Deutschland im freien Handel als Tierabwehrspray verkauft. Natürlich kann man jedes Mittel immer und überall missbräuchlich einsetzen. Es würde auch niemand auf die absurde Idee kommen, Küchenmesser zu verbieten, weil damit ab und an Menschen, ob von Fremden oder dem eigenen Ehepartner in der eigenen Wohnung erstochen werden.

Mit der Erfassung der Käuferdaten, Kontroll- und Verbotsorgien wird man das nicht zu verhindern wissen. Folgerichtig wäre, diese Vorgaben und Verbote müssten auch kontrolliert werden, um dem ganzen einen Sinn zu vermitteln. Nach dem jahrelangen Stellenabbau in Polizei und Justiz und dem Pensionseintritt der geburtenstarken Jahrgänge, eine phantasievolle Illusion.


Steffen Meltzer, Autor von Ratgeber Gefahrenabwehr: So schützen Sie sich vor Kriminalität – Ein Polizeitrainer klärt auf