Tichys Einblick
Völlig losgelöst von der Erde

Die Regierenden als Meister des Schwarze-Peter-Spiels

Sie versagen permanent - doch das mit zunehmender Konsequenz. Wenn es nicht funktioniert, sind natürlich immer andere schuld. Das alte Teile-und-herrsche-Prinzip immerhin haben die Regierenden zur Meisterschaft gebracht.

imago images / Jens Schicke

Es ist ein groteskes Schauspiel, eine Farce, die sich dem objektiven Beobachter bietet und ihn an das Ende des Römischen Reiches, so wie man es bei Edward Gibbon nachlesen kann, erinnert. Auf der einen Seite versagt die Regierung permanent und in allen wichtigen Fragen, auf der anderen Seite kann ihr keine Maßnahme hart und absurd genug sein. Wenn die Maßnahmen, wie es zu erwarten ist, nicht zur Senkung der Infektionen führen und die Zielvorgaben der Regierung verfehlt werden, weil sie nicht zu erreichen sind, dann sind natürlich die Bürger in ihrem kindischen Trotz schuld. 

Doch erinnern wir uns: Erst war Covid-19 harmlos, dann ein rechtes Virus, das von den Rechten hinterhältig benutzt wurde, um die Schließung von Merkels grenzenlos offenen Grenzen durchzusetzen. Schließlich änderte die Regierung schlagartig ihre Meinung und Verbot in einer Überreaktion das öffentliche Leben und beschränkte diktatorisch die Bewegungsfreiheit der Bürger. Die Begründung dafür lautete, dass man das Gesundheitswesen auf die Pandemie vorbereiten wollte, was man natürlich bereits im Dezember 2019 hätte beginnen können, wenn die Regierung nicht die herannahende Pandemie tapfer verdrängt hätte. Weil man zu wenig Masken besaß und auch noch in einem Akt von Solidarität China damit belieferte, ließ man über die Medien verbreiten, dass Masken nutzlos seien – heute riskiert man empfindliche Geldstrafen dafür, wenn man im öffentlichen Raum ohne Maske angetroffen wird. Doch die Begründung für den Shutdown hatte die Regierung im selben Moment vergessen, in dem sie ihn aussprach, denn das Gesundheitswesen wurde eben nicht vorbereitet, weshalb sich die Regierung Ende 2020 zu einem neuen Lockdown gezwungen sah, den sie nun im wochentakt verschärft, weil – raten Sie einmal – , richtig, der Bürger wieder störrisch war. 

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Die Regierung konnte weder die erforderliche Menge an Impfstoff besorgen, der auch von einer deutschen Firma entwickelt wurde, weil sie das Geschick der Deutschen und der deutschen Wirtschaft lieber in das Ungeschick der Brüsseler EU-Administration gelegt hat. Die Impfungen entpuppen sich im Vergleich zu einem demokratischen Staat wie Israel als ein einziges organisatorisches Desaster. Doch daran sind aus Regierungssicht die Rechten, die Impfgegner, die Verschwörungstheoretiker, wahrscheinlich auch die Islamophoben, die Homophoben, die antimuslimischen Rassisten, die Familisten, die Heterodominanten und die Boomer schuld. Also all diejenigen, die von den Ideologen und Propagandisten der Linken, der Linksliberalen und der Merkel-CDU zu Kategorien erhoben werden, um das Volk zu spalten, getreu dem römischen Grundsatz: Divide et impera – Teile und herrsche. Die Kommunisten hatten es sich bedeutend einfacher gemacht, für sie war das gesellschaftlich Böse schlicht der Klassenfeind.  

Ob das Agieren der Regierung aus Unfähigkeit oder aus Weltfremdheit geschieht, lässt sich schwer beurteilen, möglicherweise aus einer Mischung aus beidem. Jüngst stellte der SPD-Kanzlerkandidat und Bundesfinanzminister Olaf Scholz den Realitätssinn der Regierung unter beeindruckenden Beweis. Währen die Modekette Adler mit 3300 Mitarbeitern Insolvenz anmeldete und laut dem Handelsverband Deutschlands (HDE) ein Viertel der Einzelhandelsunternehmen, 50 000 von 200 000, vor der Insolvenz stehen würde und dadurch eine Viertelmillion Menschen ihre  Arbeit verlieren könnten, äußert sich der Sozialdemokrat dpa gegenüber erfreut und erleichtert: „Viele Steuererleichterungen oder Stundungen wurden nur kurz oder gar nicht in Anspruch genommen, weil sich die Wirtschaftslage vieler Betriebe günstiger entwickelt als befürchtet und das Geschäft rasch wieder ansprang. Das ist eine gute Nachricht.“ Für Scholz ist es ein gutes Zeichen, dass das Geld in den Töpfen bisher nicht ausgeschöpft wurde. Der Gründer und Vorstandsvorsitzende der Hotelgruppe Motel One, Dieter Müller, äußerte erst vor kurzem, dass er „bislang 50.000 Euro als Abschlagszahlung ….für die gesamte Gruppe mit 75 Hotels“ erhalten habe. Zum einen verzögern sich die Auszahlungen, zum anderen sind die Bedingungen zu bürokratisch und zudem so ausgestaltet, dass viele gar nichts beantragen können, wie beispielsweise der Betreiber eines Souvenirladens in einem Hotel, der sein Geschäft zwar im November noch offen halten durfte, doch wegen der Schließung des Hotels seine Kundschaft verlor. Der Hauptgeschäftsführer des HDE, Stefan Genth, kommentierte die Äußerung des Bundesfinanzministers der Welt gegenüber so: „Ich bin mir nicht sicher, ob dahinter völlige Ignoranz steckt oder blanker Hohn“. Die Hilfen werden deshalb nicht in Anspruch genommen, weil viele Bedürftige von vorn herein durch die Regelungen von den Hilfen ausgeschlossen werden, zudem sind sie laut Genth nicht schnell genug verfügbar und ihre Beantragung zu kompliziert. 

Das einzige, worin die Regierung es zu einer wahren Meisterschaft – mit Unterstützung der Medien – gebracht hat, ist das Schwarze-Peter-Spiel. 

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