Tichys Einblick
Allet wie früha, nur anders

Die schale Berlina Luft war mal viel erfrischender

Opa Schulze hatte Recht: Meen Jung, hat er immer jesacht, diese Stadt looft heute wie so‘ n‘ oller Latschen: Fällt langsam auseinander. Keena repariert mehr was richtich, und allet läuft uff Verschleiss und zehrt vonna Substanz.

© John MacDougall/AFP/Getty Images

Da hab ick jelesen, die Berlina Politicka möchten wieder den „ollen Stadtkern“ aufbauen, wat det wieder kosten wird. Recht hamse schon, früha war allet schöner, hat besser funktioniert und war jepflegta. Man kann also, wenn man det so wieder aufbaut, eijentlich nischt falsch machen.

Ist Ihnen schon mal uffjefallen, dass de U-Bahn und de S-Bahn inne Hauptstadt der Republik immer bescheidener werden? Da hab‘ ick doch anderntachs inna U-Bahn jewartet, und da wurde zwar uff diesa neumodischen Anzeije, sie wissn schon, mit Kompjuta und so –  jemeldet, dat da ne Bahn kommt, aber es kam eenfach keene. Dann rutschte die Anzeige durch und die übernächste Bahn wurde die nächste Bahn. So machen die det, n‘ eenziger jrossa Beschiss. Hat man ja schon bei dem Sturm kürzlich jesehen, wie hiess der doch gleich, Horst oder so. Det Wetter wird mieser, und de Bahn kommt nich‘ hinterher. Weht mal‘n büschen Wind, und schon bricht der halbe Vakehr zusammen. Sinken de Temperaturen, frieren de Weichen ein. Demnächst werden de Züche schon bei Regen oder Nebel im Depot bleiben. Na Prost !

Ob det besser wird, wenn se den Molkemarkt (Historischer Marktplatz Berlins, Anm.) wieda uffbaun, na ick wees nich. Mia existieren doch nur uff dem, wat de ollen Preußen jebaut haben. Det Rote Rathaus, wo da Müller jetzt sitzen tut (von dem hört ma och nischt mehr)  det hammse jebaut. Und de ersten Stadtbahnen och. Sieht ma ja noch an die alten Stahlstützen in den Bahnhöfen. Wobei, die Namen hamse ja manchmal jeändert : z.B. von Memelstraße (U5) in „Weberwiese“ und von „Unter den Linden“ (mit der ollen Schrift, sah aus wie bei de Nazis) in „Brandenburger Tor“. De Mohrenstraße, wo se den Marmor aus der Reichskanzlei von Adolf verbaut haben sollen, sollte och umbenannt werden, wegen der Kolonialzeit und so. Hamse aber bis jetzt noch nicht jemacht, war wohl nich prioritär jenuch.

Und dann renovieren sie ja derzeit an der U5 die alte Station, die de DDR noch 1989 nach dem Verteidigungsminister Heinze Hoffmann benannt hatte, aber schon mitte Wende wurde die dann erst in „Grottkauer Straße“ umbenannt (liegt seit 1945 in Polen, Anm. ), und weil et vielleicht wichticher klingt, dann in „Neue Grottkauer Straße“. Nu sollse in Zukunft „Kienberg (Gärten der Welt)“ heeßn. Det wäre dann de vierte Umbenennung in 27 Jahren und och für Berlina rekordverdächtich!

Und wenn ick mir so die Stadt ankieke, dann zehrt die immer noch von ihrer Glanzzeit so um die Jahrhundertwende, als sie jenauso voll mit Menschen aber viel produktiver und och irgendwie moderner war. Allet, von die Bauwerke, der Straßenbeleuchtung, den Museen und bis zum Briefträger hat allet irgendwie früher besser funktioniert. („Die Presse“ schreibt dazu: „tatsächlich wurde in Berlin die Post ab 1880 elfmal, ab 1910 immerhin noch achtmal am Tag ausgetragen. Ein Ortsbrief konnte in einer Stunde seinen Empfänger erreichen.)

Die schön verputzten Fassaden, die sie noch vor ein paar Jahrzehnten mit volle Absicht abjekloppt haben, die richten sie nun aufwendig wieder her. Klar war der Stuck schöner als `ne glattjeschrubbte Wand. Konnte sich det Auge irjendwie dran festhalten.

Und die so oft zitierte „ Marode Infrastruktur“ der Herren Kommunalpoliticka? Von den Straßen will ma jarnicht reden, und bei den Leitungen sieht es och mau aus: Det Durchschnittsalter der Abwasserkanäle, sagen die Wasserbetriebe, läge bei rund 68 Jahre. Nur jut, dass die damals solide jemauert haben, sonst würde die Brühe im Grundwasser landen !

Ick muss schon sagen, Opa Schulze hatte Recht: Meen Jung, hat er immer jesacht, diese Stadt looft heute wie so‘ n‘ oller Latschen: Fällt langsam auseinander und bei schlechtem Wetter wird’s richtich unjemütlich. Keena repariert mehr wat richtich, und allet läuft uff Verschleiss und zehrt vonna Substanz.

Da muss ma sich nich mal die 3 klapprigen Fluchhäfen jenauer ankieken (eena schlimma als der andere), det reicht schon, wenn da Müll uffa Straße rumfliecht oder die 11 Jahre lang wejen Umbau jesperrt sind, wie in der Karl Marx Straße.

Da olle Fritz, der damals vor 200 Jahren den jroßen Tierpark für die Berlina anlegen ließ, wird sich im Jrabe umdrehn: Sodom und Gomorrha, sag ick! Mord und Totschlach, kannste och bei Tage bald nich mehr durchgehn. Soweit isses nu jekommen, und die Typen, die da ihr Unwesen treiben, wissen wahrscheinlich nochnich mal, wie det Fleckchen heest, wo se pennen, jeschweige denn, dass der Park 1945 komplett dem Erdboden gleich jemacht war, und die paar Bäume, die stehenjeblieben waren, in den Hungerwintern nach 45 noch verheizt und der Tierpark in einen großen Schrebergarten verwandelt wurde. Erst der einarmige Kurt vonne SPD hat dann wieder die ersten Zierbeete pflanzen lassen.

Wie hat der frühere „Regierende“ doch bei seinem Besuch in Schöneweide – der Berlina nennt det „Schweineöde“  – dem Deutschlandfunk erzählt: Wehmut, wejen seines Abschieds würde ihm: „Ja auch, kommt denn auch mal hoch, aber eher Freude, weil man sieht, was geschaffen worden ist und was auch in meiner Amtszeit geschaffen worden ist.“ schreibt der Deutschlandfunk. Wat ist denn hier jeschaffen worden? Mir kommt et och hoch, aber wat anderet …

Neee, bleim se mir bloß vom Leibe, Herr Bürgermeester, so arm wie mir heute verglichen mit damals sind, kann ma ooch an Berlin Sexy nich mehr denken, ick kann den Spruch von dem Wowi nich‘ mehr ab! Und jetzt jeh ick uff‘n Rummel, ins „Chaos Airport“ und versuch mal den Ärger wechzulachen … Mahlzeit!

Emil Kohleofen ist freier Publizist.