Tichys Einblick
Künstliche Intelligenz

Der Generation Z droht das berufliche Aus

Fette Erben von Eltern und Großeltern, mehr Jobs als Bewerber – die Generation Z findet Traumbedingungen vor. Doch nun meldet sich ein Mitbewerber, der ihren Wohlstand in Frage stellt.

IMAGO / Pond5 Images

Die Volontärin unterbricht in der Konferenz immer wieder den Redakteur. Der erwachsene Mann weist sie darauf hin, dass er seine Sätze gerne zu Ende sprechen würde. Die Volontärin, Mitte 20, macht Augen wie eine Figur von Walt Disney, beginnt zu weinen und läuft aus dem Konferenzraum. Das gibt Kritik. Der Redakteur wird von den Chefs ermahnt, er werde sich ja jetzt wohl bei ihr entschuldigen wollen.

Die Leser der Lokalzeitung sind alt, sterben weg, und die Auflage geht jedes Jahr massiv zurück. Die Zeitung hätte gerne junge Leser und verspricht sie sich von der journalistisch Auszubildenden. Die schreibt am liebsten über Nazis, Sexualpraktiken, den Kampf gegen Rechts und noch mehr Sexualpraktiken. Deswegen hegt die Chefredakteurin die sensible Nachwuchskraft wie einen Eisbecher in der Wüste. Die Chefs wähnen sich mit ihr dran an den Themen der Zeit.

Ältere Mitarbeiter kennen das: Die Generation der zwischen 1995 und 2009 Geborenen, die in den letzten zehn Jahren ihren großen Zeh in den Pool des Berufslebens gehalten hat, will umhegt sein, ist schnell müde, beleidigt und redet am liebsten von sich selbst – was sie als wichtigstes Gesprächsthema auch von den älteren Kollegen einfordert. Wer das bisher für ein Vorurteil oder eine subjektive Erfahrung gehalten hat, den widerlegt nun eine Studie.

Das Augsburger Institut für Generationenforschung hat das Arbeitsverhalten dieser Generation Z untersucht. Schon der Titel verrät einiges über das Ergebnis: „New Work und Vier-Tage-Woche sind nicht der Schlüssel zum Erfolg“. Die Wissenschaftler kommen zu einem verheerenden Ergebnis, was die Arbeitsmoral der 15- bis 29-Jährigen betrifft.

Mehr als die Hälfte der jungen Mitarbeiter fühlt sich demnach schnell überlastet. Ein Viertel sieht sich nicht als Teil eines Teams und klagt, nicht tun zu können, was man wolle. Vier von fünf Mitglieder der Generation Z wollen auch nur noch vier Tage die Woche arbeiten. Überstunden machen die Jungen grad mal gar nicht – wichtig ist, wann sie fertig sind, nicht die Arbeit.

Der Leiter des Instituts für Generationenforschung, Rüdiger Maas, sieht die Gründe für das Verhalten der Jungen in ihrer bisherigen Erfahrung mit der Arbeitswelt. Nicht sie müssten sich bei Firmen bewerben, die Firmen würden um sie werben, sagt er der Bild: „Dadurch sind die jungen Menschen keine Arbeitnehmer, sondern Kunden.“ Entsprechend stellten die Mitglieder der Generation Z die Regeln auf. Maas prophezeit geschlossene Krankenhäuser und eingeschränkte Feuerwehren, wenn sich erstmal die ältere Generation aus dem Berufsleben verabschiedet hat. Auf die Generation Z sei kein Verlass.

Nun sind Prognosen immer so eine Sache. Zieht man nur eine Linie in die imaginäre Länge, kommen eigenwillige Ergebnisse raus. Die Simpsons haben dieses Vorgehen einmal anhand der Figur des „Disco Stu“ parodiert. Der meinte, die Steigerung der Verkaufszahlen von Diskomusik in den 70er Jahren ließe darauf schließen, dass die Welt bald nur noch Diskomusik hören werde – U2, Nirwana, Adele oder Taylor Swift sei dank, ist diese Prognose nicht eingetreten.

Auch die kurze Ära der Prinzen und Prinzessinnen in den Firmen könnte schneller vorbei sein, als ursprünglich gedacht. Die Künstliche Intelligenz steht bereit, ihnen die Jobs wieder zu nehmen, die ihnen derzeit noch nachgetragen werden. Nach einer Studie des National Bureau of Economic Research ist die Schere zwischen Arm und Reich seit den 1980er Jahren immer weiter auseinander gegangen. Das läge daran, dass dem Mittelstand durch die Automatisierung viele gut bezahlte Jobs weggebrochen seien.

In den 80er und 90er Jahren trafen demnach die Folgen der Automatisierung vor allem körperlich arbeitende Menschen: am Fließband, im Stahlwerk oder in den Bergwerken. Maschinen ersetzten sie. Menschen programmierten die Maschinen dazu, B zu tun, wenn A passiert. Doch in der nächsten Stufe des Fortschritts lernen die Maschinen, auf eine Situation A eigenständig zu reagieren. Das nennt sich Künstliche Intelligenz.

Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) hat nun eine Studie zu den Digitalstrategien ihrer Unternehmen vorgestellt. Demnach ist die Zahl der Unternehmen, die Künstliche Intelligenz einsetzen oder demnächst einsetzen wollen in den letzten drei Jahren von 39 auf 61 Prozent gestiegen. Die Künstliche Intelligenz kann nun auch Jobs ersetzen, die bisher als gehoben gelten und entsprechend gut bezahlt wurden. Ilja Nothnagel, Mitglied der DIHK-Hauptgeschäftsführung, nennt als Beispiel den Bereich Design – in diesem würden sich immer mehr Unternehmen die Arbeit von der Künstlichen Intelligenz abnehmen lassen.

Ausgerechnet Design: PR-Agenturen waren bisher das natürliche Habitat des gemeinen Generation-Zettlings. Nirgendwo schien der Bedarf nach übersteigerter Selbstwahrnehmung und Anspruchshaltung größer als dort. In den Agenturen konnten sich die heute Unter-30-Jährigen Gehälter für mehr Starbucks-Kaffee rausverhandeln, als sie trinken können. Sie waren als Mitarbeiter nicht nur selten, sondern wussten auch, wie ihresgleichen in der Werbung angesprochen werden will. Jetzt zeichnet sich aber eine Zukunft ab, in der Künstliche Intelligenz darüber entscheidet, in welchem Winkel der Haken im Logo abstehen muss – statt dass eine Kreativenrunde sich die Köpfe darüber heiß redet.

Eine weitere Branche, in der die Generation Z hochgeflogen ist, sind die Medien. Auch hier droht der Orkan der Künstlichen Intelligenz, für so manche Karriere-Bruchlandung zu sorgen. Verleger brauchen keine Journalistinnen mehr, die zu Pressekonferenzen von „Wirtschaftsminister“ Robert Habeck (Grüne) gehen, um ihn anzuhimmeln und dann Wort für Wort seine Rede wiederzugeben. Zumindest den letzten Teil kann Künstliche Intelligenz locker übernehmen. Ebenso wie all die Standardartikel über Wintereinbrüche, Arbeitslosenzahlen, Fußballspiele oder Bundestagsdebatten.
Wer nach Schema X berichtet, ist bald weg. In der deutschen Medienlandschaft dürfte das über 80 Prozent der Protagonisten treffen.

So wie die Journalistin vom Anfang des Textes. Ihre Lokalzeitung brachte durch den Versuch, junge Kräfte zu pampern, die Auflage in Bewegung – die sinkt seitdem schneller als damals. Die Journalistin selbst wechselte zum Spiegel, der einen hohen Bedarf an Artikel über den Kampf gegen Rechts und das Sexualleben junger Frauen hat. Nur verlor sich dann beim Spiegel recht bald ihre Spur – wer allzu oft heulend aus dem Raum läuft, kommt irgendwann an den Punkt, an dem ihn keiner mehr zurückruft.

Eine Zukunft hat nur der Teil der Generation, der fett geerbt hat. Der kann sich dann immer noch im Klimaschutz inszenieren. Es ist auch nicht einzusehen, dass ein gerechtes Schicksal einem alles Geld der Welt in den Schoß gelegt hat – der Pöbel einem aber immer noch den Sauerstoff wegatmen und dafür CO2 ausatmen will.

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