Tichys Einblick
Das politische Jahr 2023

Das sind die Verlierer

Das politische Jahr 2023 hat den Deutschen manche Zumutung gebracht. Entsprechend viele Verlierer gab es.

IMAGO / dts Nachrichtenagentur
Wichtig: Es geht in diesem Vergleich nicht darum, ob ein Politiker gut oder schlecht ist – sondern, ob er am Ende von 2023 besser dasteht als an dessen Anfang.

8) Janine Wissler
Die SED/PDS/Linke hat den Fall der Mauer überlebt, die Wiedervereinigung und sogar Oskar Lafontaine. Doch an Janine Wissler könnte die Nachnachfolgepartei zerschellen. Wobei sie durchaus für die stolze Tradition steht: Umso mehr die Linke von den Menschen im Land abgelehnt wurde, desto stärker brachte die Vorsitzende intern jeden zum Schweigen, der auch nur leise darauf hinwies, dass es für die Partei nicht ausschließlich supi läuft. Mit der Folge, dass ihr prominentestes Mitglied, Sahra Wagenknecht, nun zur schärfsten Gegnerin wird. Wie stark die Zugkraft Wisslers ist, zeigte sich in ihrem Heimatland Hessen, wo die Linke bei der Wahl – noch ohne Wagenknecht-Konkurrenz – auf 3,1 Prozent zurückgefallen ist. Wenn denn die Partei untergeht, bleibt allmählich nicht mehr viel zum Untergehen übrig.

7) Lisa Paus
Die Kindergrundsicherung sollte die Verfahren einfacher und billiger machen. Das war der Auftrag an Lisa Paus. Die Familienministerin hat geliefert. Okay. Das Verfahren wird teurer. Um mehrere hunderte Millionen Euro. Allein in der Verwaltung. Dafür sind auch mindestens 5000 neue Stellen nötig und alles wird so kompliziert, dass das Kindergeld erst 2025 in Kraft tritt. Oder vielleicht noch später, wie die Agentur für Arbeit andeutet. Halt weil Paus alles verkompliziert hat. Aber immerhin: Paus sollte etwas liefern, das Kindergrundsicherung heißt, und nun gibt es etwas, also in der Planung, das Kindergrundsicherung heißt. Damit hat Paus ihre Quote erfüllt.

6) Marco Buschmann
Im Oktober hat Marco Buschmann versprochen, die Saboteure der Pipeline Nord-Stream jagen zu wollen. Im Oktober 2022. Wir warten. Immer noch. Auch nach 2023. Aber keine Angst: Wir werden 2024 wieder nachfragen.

5) Christine Lambrecht
Nein. Das ist nicht Jahre her. Auch wenn es manchem so vorkommen mag. Aber zum Jahreswechsel war Lambrecht noch Verteidigungsministerin. Der Sohn im Helikopter der Bundeswehr, die Panzer, die dafür da sind, in die Luft zu schießen, und ganz am Schluss die bizarren Neujahrsgrüße aus Berlin. Die Sozialdemokratin hat zu viele gruselige Auftritte abgeliefert, um im Amt bleiben zu können. Schlecht geführt hat sie das auch. Aber das allein ist in der Ära Olaf Scholz noch kein Grund für einen Rücktritt.

4) Tarek Al-Wazir
Vor 2011 gab es innerhalb der Partei Wetten, wer von ihren Landespolitikern der erste grüne Ministerpräsident werden könnte. Als heißer Favorit galt Tarek Al-Wazir. Seinerzeit war er einer von denen, die anschlussfähig genug waren, um im linken Lager das Wählerpotenzial der immer schwächer werdenden SPD an die Grünen zu binden. Als die Partei dann 2021 auf den Wellen der Umfragewerte und der Jubelberichterstattung in ARD und ZDF schwebte, schien auch ein Ministerpräsident Al-Wazir möglich. Doch im Herbst ist die Partei auf dem Boden der Realität gelandet. Nach der Wahl endeten Al-Wazir und die Grünen nur auf Platz vier, noch hinter der SPD und weit abgeschlagen von der AfD.

3) Daniel Günther
Im Sommer war Friedrich Merz angeschlagen. Sein Sturz als CDU-Chef schien nur noch eine Frage der Zeit. Viele wurden als mögliche Nachfolger gehandelt. Nur Daniel Günther nicht. Der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein ist zu sehr das Modell „Noch eine grüne Stimme in der CDU“, als dass er ernsthaft für die vorderste Reihe in Frage kommt. Würde Günther in einem Boxerfilm mitspielen, wäre er Pauli: der ewig unzufriedene, mit allem maßlos überforderte Schwager Rockys. Für den Ring ist er nicht geeignet, nur, um vom Rande aus das Geschehen darin abfällig zu kommentieren. Da sich jetzt auch noch Merz stabilisiert, ist Günther so überflüssig wie Rocky V.

2) Olaf Scholz
Vor der Sommerpause gab Scholz eine denkwürdige Pressekonferenz. Darin erklärte er ganz offen, dass er nicht vorhabe, weil es gar nicht seine Art sei, seine Minister zu führen. Er werde dann sehen, was sie machen. Eigentlich ist der Kanzler damit zu Ende erzählt. Blieben noch solche Details wie sein schlechtes Gedächtnis, mit dem er vergisst, wie er in einen Finanzskandal verwickelt ist. Oder die schlechtesten Wirtschaftsdaten aller Kanzler. RBB24 Inforadio nannte die Augenklappe, die er zwischenzeitlich getragen hat, als Scholz’ Höhepunkt im Jahr 2023. Beim Geradeauslaufen hingefallen – als größte Leistung. Der Kanzler lässt sich auf sehr viele Weisen sehr kurz zusammenfassen. Wäre sie nicht so verheerend für das Land, wäre seine Amtszeit durchaus lustig.

1) Christian Lindner
Noch existiert die FDP, sitzt sogar im Bundestag und ist Teil der Regierung. Die Frage ist, wie viele Jahre sich die Partei noch Lindner leisten kann, ohne zu verschwinden. Wobei der Finanzminister auch seine Stärken hat: Kaum einer beschreibt so präzise, welchen Mist die Ampel anrührt, wie Lindner auf seinem Twitter-Account. Nur rührt er im echten Leben an diesem Mist halt mit. Die Grünen mögen von der Politik der Ampel überzeugt sein. Lindner folgt ihr wider besseres Wissen. Frei nach dem Motto: lieber schlecht regieren, als auf Sylt keine Reservierung mehr bekommen. So lässt sich dann auch erklären, dass er einen Haushalt verantwortet, von dem jeder wusste, dass er verfassungswidrig ist. Auch Christian Lindner. Doch den Anspruch, gut zu regieren, hat der längst aufgegeben. Um wenigstens im Rahmen der Gesetze zu regieren, braucht der FDP-Luftikus das Verfassungsgericht.

Das sind die Gewinner im politischen Jahr 2023 >>>

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