Tichys Einblick
Brauereien melden Insolvenz an

Folgen der Corona-Politik und hohe Energiepreise gefährden die deutsche Biertradition

An diesem Sonntag feiert Deutschland den Tag des Bieres. Die Bierbrauerei ist in Deutschland nicht nur ein Kulturgut, sondern eine altbewährte Tradition. Aber die Brauereikunst ist in Gefahr.

IMAGO / Guido Krzikowski

Wer schonmal im Ausland unterwegs war, kennt die Frage: „Lieblingsgetränk Bier?“ Ja, schon, ich bin Deutscher, lautet die korrekte Antwort: Bierfeste wie das Oktoberfest, besondere Biersorten wie das Starkbier, besondere Gastronomien wie die Biergärten und ein pro Kopf Bierdurst von rund 92 Litern im Jahr – die deutsche Bierkultur ist wertvoll. Ein Markenzeichen Deutschlands. An diesem Sonntag, 23. April, am Tag des Bieres, wird der Erhalt einer althergebrachten Handwerkstechnik der Brauerei gefeiert. Nur: Genau diese Handwerkstechnik ist in Gefahr.

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Die altbewährte Tradition des Bierbrauens ist, dass lediglich Wasser, Malz, Hopfen und Hefe genutzt werden, um Bier herzustellen. In Deutschland betreiben dieses sogenannte „Reinheitsgebot“, das am 23. April 1516 in Ingolstadt erlassen wurde, über 1.500 Brauereien freiwillig – seit es die EU als staatliche Forderung nicht mehr zulässt. Die meisten davon sind kleine, regionale Familienbetriebe, die aus heimischen Rohstoffen, Brauwasser, Hopfen und Malz seit Jahrhunderten eine Biervielfalt erschaffen, die so nirgendwo anders auf der Welt zu finden ist. Die Unesco hat dieses „handwerkliche Bierbrauen“ im Jahr 2020 sogar zu einem immateriellen Kulturerbe erklärt. Genau diese Tradition sieht sich nun gefährdet: Mehrere Brauereien müssen Insolvenz anmelden.

Der Grund: Die Bierbetriebe hatten zuerst mit der Corona-Politik und nun mit der Inflation und vor allem den hohen Energiepreisen zu kämpfen. Nach 110 Jahren meldete vor Kurzem die Memminger Brauerei aus Bayern Insolvenz an. Diese Brauerei ist für Bier- und Limonadenmarken wie „Libella“ und „Alpkönig“ bekannt. Auf ihrer Internetseite steht, dass die Brauerei die neuerdings hohen Energiekosten nicht kompensieren konnte. Außerdem sei eine „schleppende Bearbeitung“ der Behörden ihres Antrags auf Corona-Hilfen von Mitte 2022 ein Grund für ihre Insolvenz: Laut eigenen Aussagen ist dieser „bis heute nicht beschieden“.

Mitunter habe auch die Greizer Vereinsbrauerei nach 150 Jahren Braugeschichte Insolvenz angemeldet, wie die Ostthüringer Zeitung berichtete. Der Geschäftsführer dieser Brauerei nannte die Hauptherausforderung, mit der sich seine Brauerei konfrontiert sah: gestiegene Rohstoffpreise. So haben sich die Preise für Malz verdoppelt und für Kronkorken und Etiketten gar verdreifacht. Natronlauge, die zum Reinigen von Behältern und Leitungen notwendig ist, habe sich um das Sechs- bis Achtfache verteuert, sagt der Geschäftsführer. Aber auch die Corona-Politik habe zu Umsatzverlusten geführt, weil die Brauerei keine Gastronomen mehr beliefern konnte.

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In einer Antwort auf eine Anfrage der AfD stellt die Bundesregierung fest: Insgesamt ist die Zahl der Brauereien von 2019 bis 2022 um 41 Betriebe zurückgegangen. Demnach gab es im letzten Jahr noch 1.507 Brauereien. Zuvor sei die Zahl an Brauereien kontinuierlich gestiegen, heißt es in der Antwort. Die Corona-Politik hat diesem Zuwachs ein Ende bereitet.

Außerdem ist laut Bundesregierung der Absatz von Bier während der Corona-Politik um 7 Millionen Hektoliter gesunken und lag demnach bei 85 Millionen im Jahr 2021. Die Bundesregierung wolle den Trend der letzten Jahre aber weiter beobachten. Immerhin sei sie „an einem Erhalt der traditionsreichen und vielfältigen Brauereilandschaft sehr interessiert“. Trotzdem habe die Bundesregierung bislang keine „speziellen Zuschussmöglichkeiten“ für familiengeführte Brauereien geschaffen, um die Inflationsfolgen abzumildern. Sie betont aber, dass Deutschland den drittniedrigsten Steuersatz für Bier in der Europäischen Union erhebe. Außerdem hat die Regierung nach eigenen Aussagen die Steuersätze für Bier „unbefristet reduziert“.

Ob das reicht, um die Traditionsbrauereien und damit ein wichtiges Kulturgut Deutschlands zu erhalten, bleibt zu hoffen.

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