Tichys Einblick
Politiker im Ausverkauf

Billige Mietmeinungen

Rent a Rentner ist eine Erfolgsplattform, auf der man Pensionäre für Arbeiten anheuern kann. Bei Politikern ist es weniger öffentlich, aber mieten kann man auch welche. Zu Discountpreisen.

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Donald Trumps ehemaliger Wahlkampfmanager Paul Manafort hat mit dem US-Sonderstaatsanwalt Robert Mueller ein Schuldabkommen (Plea Arrangement) abgeschlossen. Ein Dokument, das in den Sumpf hineinleuchtet, in dem Washington versinkt. Es geht um verdeckte Lobby-Arbeit, Geldwäscherei und vieles mehr. Im Zentrum steht die vertrauliche Lobbyarbeit, die Manafort im Auftrag der früheren ukrainischen Regierung unter dem Präsidenten Janukowitsch ausführte.

Dafür kassierte Manafort rund 60 Millionen Dollar, von denen die US-Behörden 46 Millionen einzogen. Manafort finanzierte mit dem Geld so ziemlich alles, was zur Beeinflussung der Öffentlichkeit und der Politik möglich ist. So beauftragte und bezahlte er Kommunikationsagenturen, unter anderem dafür, dass zum Beispiel ein Artikel geschrieben und veröffentlicht wurde, der der damals im Gefängnis sitzenden Gegenspielerin von Janukowitsch, Julija Tymoschenko, unterstellte, sie habe einen Mord in Auftrag gegeben. In einem Mail weist Manafort darauf hin, dass dabei ja «keine Fingerabdrücke» zu hinterlassen seien.

Für Europa interessant ist eine Lobbyarbeit, für die Manafort immerhin zwei Millionen Euro ausgab. Er nannte das seine «Habsburg-Gruppe», und ihre vier Mitglieder sind illuster. Zu ihnen gehörten der frühere SPÖ-Vorsitzende Alfred Gusenbauer, der ehemalige italienische Ministerpräsident und EU-Kommissionspräsident Romano Prodi und der ehemalige polnische Präsident Alexander Kwasniewski. Das vierte Mitglied lässt sich nur indirekt identifizieren, die «Neue Zürcher Zeitung» vermutet, dass es sich um den türkischen Aussenminister Ahmet Davutoglu handeln könnte.

Damit landete Manafort mehrere Wirkungstreffer. So wurde ausgerechnet der ehemalige polnische Präsident vom damaligen EU-Präsidenten Martin Schulz damit beauftragt, eine Monitoring-Mission in der Ukraine zu leiten. Alle Mitglieder der «Habsburg-Gruppe» lobbyierten zudem auf allen Kanälen. Als Sprecher bei internationalen Konferenzen, mit Meinungsartikeln und in Hintergrundgesprächen. Als weiteres Dankeschön wurden die Zahlungen von Banken auf Zypern ausgeführt und die Tätigkeiten als ausnahmslos ausserhalb Europas stattfindend dargestellt. Damit wurden fällige Steuern vermieden.

Manaforts Auftrag war, die Regierung Janukowitsch im Westen salonfähig zu machen, da der ukrainische Präsident auf beiden Hochzeiten tanzen wollte. Einerseits sich wirtschaftlich und militärisch dem Westen annähern, andererseits die engen Beziehungen zu Russland aufrechterhalten. Das funktionierte am Schluss nicht, aber das Geständnis von Manafort zeigt in aller Hässlichkeit, mit welchen Mitteln der Beeinflussung heutzutage gearbeitet wird.

Der ehemalige polnische Präsident und der ehemalige österreichische Bundeskanzler streiten ab, für Lobbyarbeit bezahlt worden zu sein. Gusenbauer gibt immerhin zu, für Vorträge honoriert worden zu sein, er habe das auch ordentlich versteuert. Die detaillierte Auflistung der Zahlungen und der dafür erbrachten Leistungen im Plea Arrangement spricht aber eine andere, deutliche Sprache.
Was weiter auffällt: Wie billig ist es doch, einen Politiker zu kaufen, beziehungsweise seine Meinung und seine Reputation. Wenn man von einer gleichmässigen Verteilung ausgeht, bekam jeder dieser gemieteten Figuren eine halbe Million Euro. Über einige Jahre verteilt, und dafür gab es unermüdliche Einsätze, innerhalb und ausserhalb der USA. Reden, Hintergrundgespräche, Meinungsartikel, Beeinflussungsversuche bei führenden US-Aussenpolitikern und Mitgliedern des Parlaments.

Dass selbst der Leiter einer EU-Mission gleichzeitig auf der Payroll des Präsidenten stand, dessen Land er beobachten sollte, vermag beim übrigen Zustand der Eurokratie nicht weiter zu verwundern. Was aber immer wieder einen schalen Geschmack hinterlässt, auch bei früheren Skandalen um gekaufte oder korrumpierte Politiker: Wie schäbig einfach lassen sie sich ihre Meinungen abkaufen. Dabei ist es ihnen offensichtlich völlig egal, dass sie damit dem ohnehin schon lädierten Image von Politikern und Regierenden einen weiteren, schweren Schaden zufügen. Dass Manafort in den USA wie in Europa nur die Spitze des Eisbergs ist, versteht sich von selbst. Würde man alle europäischen Parlamentarier dazu zwingen, wie die Piloten bei der Formel 1 Sticker und Aufnäher von allen Sponsoren zu tragen, sähe es in den Parlamenten wirklich bunt, sehr bunt aus, und auf mancher Politikerweste wäre gar kein Platz für alle Mieter seiner Meinung vorhanden.