Tichys Einblick
Fremdschämen im Außenamt

„Keine Ausreden mehr“ – wie Baerbock durch die Welt der Diplomatie stolpert

Trampel auf diplomatischer Bühne: In der langen Reihe an Entgleisungen der grünen Außenministerin stellt der aktuelle Affront gegenüber Israel den bisher wohl massivsten ihrer politischen Laufbahn dar. Ex-Kanzler Gerhard Schröder kritisiert mangelnde Professionalität.

picture alliance/dpa | Christoph Soeder

Erst erklärt sie Russland den Krieg, dann beschimpft sie Chinas Staatschef Xi Jiping als Diktator: Kann man alles machen. Aber nicht als Außenministerin.  „Ich halte das für eine außerordentliche Fehlentwicklung, was da an außenpolitischem Porzellan zerschlagen wird!“, sagt der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder dazu.  Baerbocks Äußerung sei „eine Frage, die mit Professionalität zu tun hat und die ist im Auswärtigen Amt gegenwärtig unterentwickelt.“  Jetzt ist Israel dran. Annalena Baerbock am 25. März 2024 bei Palästinenserchef Mahmud Abbas: Die Süddeutsche Zeitung „weiß“, dass es ein „frostiges Treffen“ gewesen sei, was manche Anhimmelei von Baerbock Richtung Abbas auf einigen Bildern nicht gerade vermuten lassen. Man kennt sich, es war immerhin das dritte Treffen von Baerbock mit Abbas seit dem Massaker der Hamas vom 7. Oktober 2023. Nur mal so ganz ganz ganz am Rande: An diesem Tag schlachteten Hamas-„Kämpfer“ 1.239 Juden regelrecht ab – zum Teil nach Folterungen und Vergewaltigungen. 134 Juden befinden sich immer noch in Geiselhaft der Hamas – unter unbeschreiblichen Umständen.

„Frostiges Treffen“ zwischen Abbas und Baerbock? Das nun also dritte nach dem 7. Oktober bzw. nach dem 20. Oktober 2023 und dem 10. Januar 2024. Die Bilder dieser Begegnung sprechen indes eine andere Sprache. Beim Focus reagiert man fragend: „Er hasst Schwule und feiert Kindermörder: Warum lächelt Baerbock diesen Mann so an?“

Und weiter: „Am Tag, an dem Baerbock dem Präsidenten der palästinensischen Autonomiebehörde ihre Aufwartung machte, wurde der Bericht einer Geisel publik, die 55 Tage gefesselt an ein Kinderbett in Gaza verbracht hatte. Die Frau, eine vierzigjährige Juristin aus dem Kibbuz Kfar Asa, schilderte, wie ihr Wächter sich neben sie hockte und sie betatschte, wie er sie immer wieder fragte, wann sie ihre Periode habe, und sie schließlich zwang, ihn zu befriedigen, nachdem er ihr erlaubt hatte, sich zu waschen …“ Autor Fleischhauer fragt Baerbock fiktiv weiter; „Ist ihr bekannt, dass Mahmud Abbas die Kindermörder und Frauenschänder als Märtyrer bezeichnet? Kennt Baerbock die Fernsehauftritte, in denen Hamas-Führer geloben, den 7. Oktober so oft zu wiederholen, bis niemand mehr übrig ist, den man abschlachten kann?“

Dazu passt 1:1 ein nur als rotzfrech zu bezeichnender (Baerbock hält dies offenbar für hohe Diplomatie) Post von Baerbock vom 5. April 2024 auf X: „Die Menschen in Gaza brauchen jetzt jedes Hilfspaket. Deshalb haben wir intensiv auf die Öffnung des Grenzübergangs Erez & des Hafens Aschdod für Hilfslieferungen hingearbeitet.“ Und dann noch: „Wir erwarten, dass die israelische Regierung ihre Ankündigungen rasch umsetzt. Keine Ausreden mehr.“ Ich wiederhole mich: Ein rotzfrecher Affront! Hat Baerbock denn auch von Abbas gefordert „Keine Ausreden mehr bei der Freilassung der israelischen Geiseln!“?

Lieber 20.000 Elefanten aus Botswana

Bei so viel „diplomatischer“ Trampelei (die uns von Botswana versprochenen 20.000 Elefanten würden auch freilaufend sensibler zu Werke gehen) fragen wir uns: Gibt es denn niemanden mehr im Auswärtigen Amt (AA), der der AA-Chefin das Mobiltelefon wegnimmt, das Ladegerät versteckt und wie handysüchtigen Kindern nur noch eine halbe Stunde pro Tag unter Aufsicht aushändigt? Oder noch grundsätzlicher: Warum tut Deutschland sich eine solche „Chef-Diplomatin“ an? Will es im Jahr 75 des Grundgesetzes der ganzen Welt zeigen, dass wir nach Jahrzehnten der Zerknirschung wieder mit stolzgeschwellter Brust auftreten können? Wie eine Großmacht? Kein Außenminister der USA, Chinas, Großbritanniens oder Frankreichs tritt so auf. Sogar die Nicht-Staats- und Nicht-Regierungschefin von der Leyen hat sich als EU-Präsidentin berechnend ein wenig (sic!) mehr im Griff. Bei ihr als Verteidigungsministerin und als EU-Kommissionspräsidentin verschwindet brisante und milliardenteure Kommunikation via Mobiltelefon eher rasch und unauffindbar im Nirvana.

Oder will Deutschland mit Baerbock beweisen, dass wir gar nicht das Personal haben, Großmacht zu mimen? Denn vor einem Deutschland mit einer viertel- bis halbgebildeten und gouvernantenhaft besserwisserischen Grünen als seit dem 8. Dezember 2021 amtierenden Außenministerin muss sich wahrlich niemand fürchten. Auch keinen Respekt haben.

Für dieses offenbar nach wie vor ÖRR-telegene Image aber nutzt diese Kabinettsbesetzung alle verfügbaren Möglichkeiten: hundertemale die Flugbereitschaft der Bundeswehr, eine teure Visagistin und amtliche Hoffotografen, einen willfährigen Stab. Die grünen Wähler/_I*:nnen (m/w/d) goutieren dieses Gehabe der vormaligen Kanzlerkandidatin und selbsternannten „Völkerrechtlerin“. Sie goutieren jedes radebrechende Statement, das Baerbock in Mikrophone und Kameras gibt sowie jeden Post, auch wenn sie damit auf der nach unten offenen Richterskala sich immer wieder selbst untertunnelt.

Es ist zum Fremdschämen für mindestens 85 Prozent der deutschen Bürger. Wo die anderen 15 Prozent sind, wissen wir auch: in den angeblich gebildeten Schichten mit Lastenfahrrädern und Garagen-SUVs in den gentrifizierten Wohnvierteln. Diese 15 Prozent können sich „Annalenchen“ (und Habeck) leisten.

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