Tichys Einblick
Volksbegehren gegen Gendern in BaWü

Initiator des Volksbegehrens gegen Gendern klagt gegen Innenministerium

Das baden-württembergische Innenministerium will amtliches Gendern nicht per Gesetz, sondern durch Erlaß neu regeln und lehnt den Gesetzentwurf des Volksbegehrens gegen Gendern ab. Dessen Initiator klagt gegen die Ablehnung, will diese aber zurückziehen, sollte der Erlaß den Gesetzentwurf erübrigen.

IMAGO - Collage: TE

Das von Thomas Strobl (CDU) geführte Innenministerium hat den von dem Heidelberger Rechtsanwalt Klaus Hekking eingereichten Antrag auf Zulassung des Volksbegehrens „Stoppt Gendern in Baden-Württemberg“, wie von einigen Medien in den letzten Tagen schon berichtet, inzwischen abgelehnt. Begründet wird die Ablehnung zum einen mit Formfehlern bei der Antragstellung und zum anderen mit verfassungsrechtlichen Einwänden zu dem von den Antragstellern vorgelegten Gesetzentwurf folgenden Inhalts:

  • Die Landesregierung und die ihr nachgeordneten Behörden, sowie alle übrigen Einrichtungen des Landes verwenden bei der internen und externen Kommunikation ausschließlich das amtliche Regelwerk „Deutsche Rechtschreibung, Regeln und Wörterverzeichnis“ in der jeweils geltenden Fassung und verzichten auf Vorgaben zum Gebrauch geschlechtsneutraler Änderungen und Zusätze (Gendersprache).
  • Entgegenstehende Regelungen werden mit Inkrafttreten dieses Gesetzes aufgehoben.
  • Prüfungsleistungen an Universitäten, Hochschulen, Schulen und Bildungseinrichtungen in der Trägerschaft oder unter Aufsicht des Landes dürfen nicht deshalb schlechter bewertet oder beurteilt werden, weil sie entsprechend dem amtlichen Regelwerk der deutschen Rechtschreibung verfasst wurden.

Dieser Gesetzentwurf wurde nun seitens des Innenministeriums zum einen abgelehnt, da auf der Website der Initiative, mit der für das Volksbegehren seit Beginn des zweiten Quartals des Jahres 2023 öffentlich geworben wurde, zeitweise etwas andere Formulierungen verwendet wurden als in den dem Innenministerium Ende Dezember zusammen mit den mehr als 14 000 Stimmzetteln übergebenen Zulassungsantrag. Moniert wird im Ablehnungsbescheid zum Beispiel die Formulierung „sog. Genderprache“ (Website) anstelle von „Gendersprache“ (Zulassungsantrag) oder die Formulierung „sonstige Bildungseinrichtungen“ (Website) anstelle von „Bildungseinrichtungen“ (Zulassungsantrag).

Als nicht zulässig bewertet das Ministerium den Antrag zudem, weil der Gesetzentwurf unter anderem deswegen verfassungswidrig sei, da er gegen die Rundfunk- wie auch gegen die Wissenschaftsfreiheit verstoße. Ein Argument, das in ähnlicher Form zuvor von anderen Stellen auch schon gegen die Ankündigung von genderkritischen Gesetzesvorstößen der CDU und CSU in Hessen und Bayern ins Spiel gebracht worden ist. Dort kommen solche Einwände allerdings von den Befürwortern des amtlichen Genderns, die politisch in erster Linie durch die Grünen und die SPD Rückendeckung erhalten.

In Baden-Württemberg übernimmt hingegen das CDU-geführte Innenministerium die Rolle des verfassungsrechtlichen Bedenkenträgers und damit Bremsers gegen den Versuch, die voranschreitende und politisch motivierte Kontaminierung des Gebrauchs der deutschen Sprache in der öffentlichen Verwaltung und anderen öffentlichen Bereichen  zu stoppen. Es knüpft damit an die alles andere als rühmliche Rolle an, die bislang die baden-württembergische CDU im Streit um das amtliche Gendern gespielt hat. Parlamentarische Vorstöße der FDP wie auch der AFD wurden von ihr blockiert, obwohl diese weitgehend ihren eigenen Parteitagsbeschlüssen zum Thema Gendern entsprochen haben und mit ihrer Zustimmung im Landtag eine Mehrheit gefunden hätten. Auf eigene parlamentarische Vorstöße wurde gleichzeitig verzichtet.

Der Burgfrieden mit dem grünen Koalitionspartner und dessen Regierungschef Winfried Kretschmann scheint vor allem Innenminister Strobl so wichtig zu sein, daß er nun sogar ein Volksbegehren zu stoppen versucht, dem der Fraktionsführer der baden-württembergischen CDU, Manuel Hagel, noch im Mai des letzten Jahres mit folgenden Worten öffentlich seine Unterstützung zugesichert hat. „Nach meinem Verständnis verordnet man Politik, genau wie Sprache, besser nicht von oben herab, sondern bewegt sich auf Augenhöhe mit den Menschen im Land.“ Um Land und Gesellschaft zusammenzuhalten, sollten wir „unsere Sprache bewahren“.

Diese Sichtweise des zwischenzeitlichen Nachfolgers von Strobl im Landesvorsitz der CDU scheint zumindest insoweit Bestand zu haben, als dem Initiator des Volksbegehrens seitens des Innenministeriums wider Erwarten der Vorschlag unterbreitet wurde, seinem in seinem Gesetzesentwurf und dessen Begründungen formulierten Anliegen durch einen rechtsverbindlichen Erlaß unterhalb der Gesetzesebene praktische Geltung in den von ihm in seinem Zulassungsantrag genannten Bereichen des öffentlichen Lebens zu verschaffen. Diesem Vorschlag hat Hekking inzwischen grundsätzlich zugestimmt. Gleichwohl wird er beim Verfassungsgerichtshof in Baden-Württemberg Klage gegen den aus seiner Sicht rechtswidrigen Ablehnungsbescheid erheben. Diese will er nur zurückziehen, sofern es dem CDU-geführten Innenministerium gelingt, mit Zustimmung der grünen Landesministerien eine für ihn und seine zahlreichen Unterstützer zufriedenstellende Regelung zum amtlichen Gebrauch der deutschen Sprache in angemessener Zeit zu erlassen.

Sollte dies unterbleiben, liegt der Ball im politischen Streit um das amtlich verordnete Gendern im Feld des Verfassungsgerichtshofs, von dessen Entscheid es dann zumindest in Baden-Württemberg abhängt, ob er nachhaltig befriedet wird oder noch mehr als ohnehin schon weiter entflammt.

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