Tichys Einblick
Transaktivisten gegen Feministinnen

Zu Angriffen auf Frauenrechtlerinnen schweigen grüne Frauen brüllend laut

Jan Böhmermann bezeichnet Frauenrechtlerinnen im ZDF als "Sch...haufen", der Queer-Beauftragte der Regierung Sven Lehmann (Grüne) hetzt gegen Alice Schwarzer. Die grünen Frauen schweigen dazu. Aus Opportunismus. 

shutterstock/Lydia Bigley

Deutschland bietet Dummschwätzern einen unschätzbaren Vorteil: Wenn sie etwas sagen wollen, dass so dumm ist, dass es selbst ihnen peinlich ist, können sie es auf Englisch tun. Deswegen ist auch „TERF“ zum Kampfbegriff von Transaktivisten geworden. Es steht für: „Trans-Exclusionary Radical Feminism“, heißt also auf Deutsch transauschließende Radikalfeministinnen. Das müssen woke, grün-linke Männer auf Englisch sagen. Würden sie Radikalfemnistinnen auf Deutsch als Schimpfwort verwenden, würde allzu schnell allzu deutlich, dass sie in Sachen Frauenrechten reaktionärer als die CDU der 70er Jahre sind.

Wieso sind nun „Radikalfeministinnen“ zum Feindbild der Transsexuellen geworden? Es geht um die Themen „Selbstbestimmung“ und „Schutzräume“. Zu den wichtigsten Zielen von Frauenrechtlerinnen gehörte in den vergangenen 50 Jahren in Deutschland der Kampf um Schutzräume. Das beginnt mit der Frauenbibliothek an der Universität, reicht über öffentliche Toiletten und Umkleidekabinen, umfasst spezielle Situationen wie Frauengefängnisse und endet in Frauenhäusern, in denen Frauen Schutz vor gewalttätigen Männern finden.

Kommt die „Selbstbestimmung“ so, wie es die Bundesregierung plant, dann können alle jederzeit ihr Geschlecht wechseln. Mehrfach. Oder zumindest – kein Witz – einmal im Jahr, wie es die Regierung plant. Außerdem soll das Missachten von Geschlechtsänderungen hart bestraft werden. Frauenrechtlerinnen fürchten nun um ihre Schutzräume: Was, wenn ein Mann sich unbürokratisch zur Frau erklären lässt und sich im Schwimmbad in der Sammelkabine für Frauen umzieht? Darf dem Triebtäter die Unterbringung im Frauengefängnis verwehrt werden, wenn er sich für das kommende Jahr als Frau definiert? Und kann am Ende dem Ex der Zugang zum Frauenhaus verweigert werden, wenn er sagt, er sei jetzt eine Frau? Wer sich in diesen Fällen gegen die Neufrau stellt, muss mit empfindlichen Strafen rechnen.

Transaktivisten sehen sich durch solche Einwände in ihrer Selbstbestimmung beschnitten. Entsprechend wütend reagieren sie im Netz auf Frauenrechtlerinnen, beschimpfen sie als „TERF“, werfen mit anderen unflätigen Begriffen um sich, veröffentlichen Phantasien, wie sie ihre Penisse gegenüber Frauenrechtlerinnen einsetzen wollen und äußern auch Gewalt- oder Tötungsphantasien. Wer sich diesen seelischen Müll antut, muss hart im Nehmen sein. Immer wieder haben Aktivisten zudem Frauenrechtlerinnen für den Tod eines Transmenschen verantwortlich gemacht – der am Rande einer Demonstration in Münster totgeschlagen wurde. Zu den meist weggelassenen Tatsachen gehört, dass der mutmaßliche Täter ein abschiebepflichtiger Asylbewerber ist, der bereits vorher mehrfach durch Gewalttaten aufgefallen war.

Was an den Angriffen auf „Radikalfeministinnen“ auffällt: Sie kommen meist von Männern. Und es sind Männer, die grünnah sind, wie der ZDF-Aktivist Jan Böhmermann oder direkt grün sind, wie der Queer-Beauftragte der Bundesregierung Sven Lehmann. Eine grüne Musterkarriere: Sieben Jahre brauchte Lehmann für sein Politikstudium, dann arbeitete er für die Abgeordnete Kerstin Müller (Grüne). Sieben Jahre studiert, Wahlkreisfahrten organisiert – das Land Nordrhein-Westfalen stellte ihn in seinem „Landschaftsverband Rheinland“ ein, wo Lehmann zuletzt als Experte für betriebliches Gesundheitsmanagement bezahlt wurde.

Lehmann ist nun Queer-Beauftragter der Bundesregierung. Das Amt hat er von den Grünen bekommen, obwohl er schon vor zwei Jahren Feministinnen als „TERF“ abkanzelte.

Und noch heute führt er einen Privatkrieg mit Alice Schwarzer. So freute sich der Queer-Beauftragte vor zweieinhalb Wochen über einen Talkshow-Auftritt, in dem jemand Schwarzer mit einem Shirt samt Aufdruck „#TransRightsAreHumanRights“ gegenübersaß. Politik auf dem Reifegrad eines Drittklässlers: Hui, der Ricardo hat ein T-Shirt an und die böse alte Frau muss hinschauen. Nach Kritik an diesem Twitter-Beitrag hielt sich Lehmann zurück, erwähnte demonstrativ Frauenschutzprojekte und kritisierte auch Schwarzer nur noch dezenter.

Nun hat ZDF-Aktivist Jan Böhmermann das Tempo wieder angezogen. In einem Beitrag scherte er alle „Radikalfeministinnen“ über einen Kamm und sprach von Frauen als „Turds“. Auf Deutsch: „Sch…haufen“. Das ist nicht der Ausfall eines sozialgestörten Vorpubertären, sondern Satire. Den Unterschied erkennt man daran, dass Böhmermann und das ZDF es selbst als Satire bezeichnen. Für das Regierungsmitglied Lehmann ist das ein „grandioser Beitrag“ gewesen.

Nun werfen Männer wie Böhmermann und Lehmann sowie Trans-Aktivisten den „TERF“ vor, sie stammten ausschließlich aus dem „rechten Lager“. Das ist nicht ganz falsch beobachtet. Aber es verwechselt Ursache und Wirkung. Während liberale und konservative Frauenrechtlerinnen sich gegen die Anfeindungen stemmen und in 50 Jahren Kampf erworbene Fortschritte nicht aufgeben wollen – da schweigen die grünen Frauen brüllend laut zu den Angriffen auf ihre Geschlechtsgenossinnen. Vor allem die Mandatsträgerinnen. Die Trans-Aktivisten sind eine grüne Zielgruppe, die zudem derzeit von ARD, ZDF und linken Zeitungen wolkenkratzerhoch gefeiert wird – da wollen sich die wenigsten grünen Funktionärinnen dagegen stemmen und ihre Diäten und Gehälter gefährden, die sie nicht selten einer Frauenquote verdanken.

Es ist nicht das erste Mal, das grüne Funktionärinnen aus Opportunismus schweigen. In Folge der merkelschen Flüchtlingspolitik war es schon mal so. Das Kopftuch deuteten Grüne zum Ausdruck der persönlichen Freiheit um. Meistens gingen auch dabei die grünen Männer vorneweg – und die grünen Frauen schwiegen. Genauso wie bei Ehrenmorden oder anderen Übergriffen auf Frauen. So hatte eine grüne Bundestagsabgeordnete der Allgemeinen Zeitung Mainz ein Interview freigegeben. Darin erinnerte sie, dass sichere Straßen vor allem ein Anliegen von Frauen seien. Sie zog diese bereits freigegebene Passage zurück. Der örtliche Fraktionsvorsitzende im Landtag hatte ihr gesagt, sie solle es tun. Wenn es um die Karriereplanung geht, unterwerfen sich grüne Frauen gerne mal grünen Männern und vergessen feministische Anliegen dabei.

Die wenigen Frauenrechtlerinnen bei den Grünen, die nicht von der Politik leben, schweigen. Sie haben Angst, mit „Rechten“ verbunden zu werden. Aber sie hoffen genauso, dass diese vermeintlichen Rechten den Kampf für sie gewinnen, mit dem sie nicht verbunden werden wollen. Die Angst vor innerparteilichem Druck ist nicht unbegründet. Wer von der Linie abweicht, muss sich übelste Beschimpfungen gefallen lassen. Vor allem in Foren, die für die Verbreitung von Hass und Hetze bekannt sind wie dem Internet oder dem Programm des ZDF.

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