Tichys Einblick
Habeckmanie

Alle lieben Robert Habeck

Früher fielen Frauen in Ohnmacht, wenn Franz Liszt Konzerte gab. Heute muss Robert Habeck nur den Mund öffnen, und Redakteure wie Politiker verfallen der Habeckmanie. Für den grünen Pop-Star ist selbst das viel zu große Kanzleramt zu klein.

IMAGO
Auch die Ära des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeiers wird, sehen wir tapfer und unerschrocken der Wahrheit ins Auge, einmal enden, und zwar im Jahr 2027. Der Ruhestand ist dem braven Mann herzlich gegönnt, hat er doch für Multikultiland gelitten, der einst so ehrlich und so hartnäckig um Mesut Özils Liebe rang, die er schließlich an Recep Tayyip Erdoğan verlor. Seit dem wandelt er gramgebeugt als verschmähter Präsident Nachmittag für Nachmittag durch die düsteren Gänge von Bellevue und harrt dem Tag seiner Erlösung vom Amt.

Doch wer wird ihm im Amt folgen, auf wessen Schultern wird dann Multikultilands Wohl und Wehe ruhen? Weil keine queere Person und keine People of Color überzeugt werden konnten, werden dem herrlichen Frank-Walter weder Jens Lehmann, noch Ferda Ataman, auch nicht Naika Foroutan und schon gar nicht seine ehemalige Sprecherin Sawsan Chebli im Amt des obersten untertänig in aller Welt um Verzeihung Bittenden folgen. Weder Jens Lehmann, noch Ferda Ataman, auch nicht Naika Foroutan und schon gar nicht seine ehemalige Sprecherin Sawsan Chebli bringen es über sich, sich für die wirklichen und für die vermeintlichen Missetaten der Deutschen seit der Schlacht im Teutoburger Wald in Afrika zu entschuldigen, wo sie doch alle auf die eine oder andere Art Opfer der „Deutschen“ sind.

Wie gut, dass die CDU eine so erprobte Frau, die man sogar mit einer grünen Politikerin verwechseln kann, wie Karin Prien in ihren Reihen weiß. Und ist es nicht ohnehin an der Zeit, dass endlich einmal eine Frau Bundespräsident wird?

Ehrfürchtig stehen wir mit schlotternden Knien vor Merkels Werk und Steinmeiers Beitrag, sind wir noch dessen eingedenk, in welchen Zustand Angela Merkel Deutschland hinterlassen hat, wie unermüdlich sie in aller Welt um Menschen warb. Nicht etwa um schnöde Naturwissenschaftler, Erfinder, Techniker und Facharbeiter ging es ihr dabei, sondern um, wie es Katrin Göring-Eckardt in einem erhabenen Wort so trefflich auszudrücken verstand, um Menschen, um Geschenke, die sich mit unserer Hilfe in unseren Sozialsystemen pudelwohl fühlen. Wahrlich, Karin Prien könnte als Bundespräsidentin in Frank-Walter Steinmeiers Fußstapfen treten und helfen, Merkels geschichtsträchtiges Werk zu vollenden. Es wäre die richtige Zeit zur richtigen Frau.

Doch nun zeigt sich völlig unerwartet der wahre Geschichts-Athlet in der Arena, der bis dahin still und bescheiden im Verborgen wirkt und Deutschland mit großem Elan von seiner Wirtschaft befreit. Seitdem Robert Habeck den schwarzen Anzug seines Vaters kühn aus dem Schrank genommen hatte – was für ein historisches Bewusstsein! -, dessen Krawatte mutig um den verwegenen Hals schlang und eine Rede vom Teleprompter mit subtiler Schauspielkunst, um die ihn jedes Bauerntheater und jeder Tatort beneidet, ablas, zeigte sich in unserer Mitte plötzlich der wahre Bundespräsident, der Bundespräsident der Medien.

Nur, und da muss man sie kräftig rüffeln, die Medien, laufen sie doch in ihrer Kurzsichtigkeit in die falsche Richtung und verderben aus lauter irregeleiteten Ehrgeiz am Ende alles. Zwar verliebt sich alle fünf Minuten ein WELT-Redakteur in Robert Habeck, zwar sieht WELTs Poschardt Robert den Habeck schon als Hermann der Cherusker, der die Geschicke der Nation wenden könnte, zwar fragt das ZDF schon keck, ob da nicht ein neuer Kanzler spricht? Alles richtig. Doch wie kann man die Talente dieses außergewöhnlichen Mannes nur so verkennen? Als Kanzler wollen sie den Einmaligen vergeuden! Wir wollen ihn doch nicht nur für vier Jahre haben, ihn womöglich noch den Gefahren einer demokratischen Wahl aussetzen. Schließlich weiß doch jeder, dass in Deutschland nicht nur Journalisten wählen. Nein, Robert Habeck muss Bundespräsident werden – und zwar auf Lebenszeit! Mit allen Vollmachten eines Bundespräsidenten, wie man sie noch in der Weimarer Republik kannte.

Robert Habeck als Bundespräsident wird uns herrlichen Zeiten entgegenführen. Wozu Wohlstand, wozu Wirtschaft, wozu Autos oder öffentlicher Verkehr, wozu Essen und Trinken und wozu Wärme und Licht? Die Worte des grün Benedeiten werden uns erhellen, seine Worte werden uns erwärmen, seine Worte werden unsere Seele laben, werden uns abspeisen und besoffen machen, seine Worte werden uns antreiben, sie werden uns einen Wohlstand halluzinieren, für den niemand arbeiten muss, denn seine Worte werden aus Wind sein und verpuffen wie Wasserstoff. Wir werden die Grenzen nicht zu schließen brauchen, denn niemand wird mehr zu uns kommen wollen.

Und voller Fleiß wird unser Bundespräsident Robert Habeck ein Kinderbuch nach dem anderen verfassen – für Erwachsene. Denn zwischen der Realität und Deutschland wird er Träume wie eine Brandmauer errichten.

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