Tichys Einblick
Ein Kommentar zu einem Maas-Satz

Alarmglocken für die Freiheit

„Freiheit selbst den Feinden der Freiheit!“ Auf keinen Fall weniger! Alleine gewaltanwendende Formen der Freiheit sind von der Freiheit ausgenommen. Eine Replik von Pfarrer Achijah Zorn auf einen hingeworfenen Satz von Heiko Maas.

© Steffi Loos/Getty Images

Der „Kampf gegen Rechts” kennt so manchen flotten Spruch. Einer davon lautet: „Keine Freiheit den Feinden der Freiheit“.

Schon richtig was für Intellektuelle. Das dreifache F zeugt von rhetorischem Feingefühl und macht den Kampf gegen Rechts anschlussfähig an „FFF“ = „Fridays for Future“. Heiko Mass ist das intellektuell noch nicht genug. Er setzt noch eins oben drauf, indem er den Spruch variiert: „Feinde der Freiheit VERDIENEN keine Freiheit“. Noch ein F-Laut, jetzt im Verb. Also zumindest vom Klang her eine vierfache Alliteration. Herr Maas versteht etwas von ausgeklügelter Rhetorik.

Doch wie sieht es hinter aller rhetorischen Fassade mit dem Inhalt aus?

Erstaunt bin ich, dass man sich Freiheit erst „verdienen“ muss. Ich dachte immer, Freiheit wäre ein Grundrecht. Ein Grundrecht, das jedem Menschen per se zusteht. Und so bin ich doch überrascht, dass unser Außenminister, der die Menschenrechte allzu gerne wie eine Monstranz ehrwürdig und erhaben vor sich her trägt, ein grundrechtszerstörendes Verständnis von Freiheit hat. Doch verzeihen wir ihm das. Vielleicht war ihm der vierte F-Laut wichtiger als der Inhalt. Manchmal muss halt die Rhetorik vor die Menschenrechte gehen.

Gehen wir darum einen Schritt weiter: Wer sind eigentlich „die Feinde der Freiheit“?

Mir fällt sofort eine Politikerin ein, die an wichtigen Punkten ihre eigene Politik für „alternativlos“ deklariert – und dann auch ihrer Partei diktiert. Doch keine Alternative zu haben, das hat wirklich nichts mehr mit Freiheit zu tun. Meine Mutter sagte mir früher in kritischen Situationen: „Es gibt immer noch einen dritten Weg.“ Meine Mutter hat meine Freiheitsspielräume erweitert. Für Frau Merkel dagegen scheint es oft noch nicht mal einen zweiten Weg zu geben. Also ganz klar ein „Feind der Freiheit“.

Doch wie will Heiko Maas jetzt mit Frau Merkel umgehen: „Feinde der Freiheit verdienen keine Freiheit“. Will er sie einsperren lassen? Oder ihr das aktive Wahlrecht entziehen? Oder nur das passive Wahlrecht? Und vor allem, wie will er das in der großen Koalition durchbekommen?

Wer fällt mir noch als „Feind der Freiheit“ ein?

Ganz gewiss auch der ehemalige Justizminister. Der hat das „Netzwerkdurchsetzungsgesetz“ durchgesetzt. Dieses Gesetz ist rhetorisch wieder eine Meisterleistung: „Netz & setz“ – ein wunderbarer Reim in einem einzigen Wort. Etwas für rhetorische Feinschmecker und Hochintellektuelle! Doch inhaltlich leider etwas vom Feinsten für „Feinde der Freiheit“. Der Staat entreißt die Kontrolle über die Meinungsfreiheit den staatlichen Gerichten und überträgt sie unter hohen Strafandrohungen auf wirtschaftlich ausgerichtete Konzerne wie Facebook und Google. Und jeder weiß: Diesen Konzernen geht es an erster Stelle gewiss nicht um die Menschenrechte und gewiss nicht um ausdifferenzierte und teure jurstische Begründungen für ihre Zensurmaßnahmen.

Also, Herr Maas, wenn Sie Ihren Satz wirklich ernst nehmen,  dann müssen Sie aktiv werden und dem ehemaligen Justizminister die Freiheitsrechte einschränken.

Und sicherlich wird es mit den Freiheitseinschränkungen bei Angela Merkel und dem ehemaligen Justizminister nicht aufhören. Überall kann man „Feinde der Freiheit“ finden. Man braucht nur ein bisschen zu suchen. Und wenn man dann noch den Satz hinzunimmt „Wehret den Anfängen“, dann beschleunigt sich der ganze Prozess: Dann kann sogar der, der lediglich einen höhen Steuersatz für Reiche fordert, schon als „Stalinist“ gebrandmarkt werden, denn das führt ja weitergedacht in die freiheitsberaubende Enteignung – wehret den Anfängen!

Mit ein bisschen Phantasie und einigen intellektuellen Klimmzügen wird so locker jeder politische Gegner zu einem „Freind der Freiheit“.

Und schneller als man denkt landen wir im Namen der Freiheit in der Unfreiheit.

So geschehen ganz krass in der Terrorherrschaft 1793-1794 im Zuge der Französichen Revolution, wo im Namen von „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit“ 40.000 Menschen staatlich-offiziell geköpft wurden. Von einem „Wohlfahrtsausschuss“, was für ein liebliches Wort. Es lebe die Rhetorik!

Und das ganze tatsächlich mit folgender Begründung: „Keine Freiheit für Feinde der Freiheit“ = „Pas de liberté pour les ennemis de la liberté“. Hoppala! Das kennen wir doch irgendwoher. Vielleicht sollte die Antifa mal ein bisschen besser im Geschichtsunterricht aufpassen.

Wenn im Namen der Freiheit selbst vom Außenminister die Freiheit als Menschenrecht mit Füßen getreten wird, dann wird es ernst. Hier geht es um die Fundamente des freiheitlichen Rechtsstaates. Und da dürfen wir uns nicht mit billigen rhetorischen Phrasen abspeisen lassen.

Als freie Bürger müssen wir dagegenhalten.

Mit dem schlichten Menschenrechtsbekenntnis: „Freiheit selbst den Feinden der Freiheit!“

Auf keinen Fall weniger!

Alleine gewaltanwendende Formen der Freiheit sind von der Freiheit ausgenommen.

Bei der Gewalt, und nur bei der Gewalt verläuft die Grenze und nirgendwo anders.

Freiheit ist auch die Freiheit zur Dummheit!

Denn sonst müssten Herr Maas und oft genug auch ich selber verstummen.

Freiheit ist auch die Freiheit zu Fake-News!

Denn es gibt ja auch die Freiheit, Fake-News als solche zu entlarven und lächerlich zu machen. Und wer maßt sich an, im politischen Gefecht jedesmal die göttliche Rolle des Schiedsrichters einzunehmen, der genau weiß, was News und was Fake-News sind?!

Freiheit ist auch die Freiheit zu Rechts!

Zumal die politische Rechts-Links-Dialektik Deutschland in der Vergangenheit lebendig und erfolgreich gemacht hat. Was wäre das für eine Freiheit, wenn wir in unserem Boot BRD nur noch auf der linken Seite Ruderer hätten?! Wir kämen nicht mehr voran und würden uns elendig im Kreis schwindelig drehen, bis uns speiübel wird.

Darum schlicht und einfach: „Freiheit selbst den Feinden der Freiheit!“

„Freiheit selbst denen, die die Freiheit (vermeintlich) nicht verdient haben.“


Pfarrer Achijah Zorn (2.Korinther 3,17: „Wo aber der Geist Gottes ist, da ist Freiheit.“)

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