Tichys Einblick
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Akademischer Analphabetismus

Für diese Streitschrift nimmt Gastautor Carl Lang einige Texte auseinander, die ihm selbst während seines Studienlebens untergekommen sind. Er beginnt mit den schlimmsten und endet mit den besten. Anschließend diskutiert er mögliche Ursachen schlechten Schreibens und macht ein paar Verbesserungsvorschläge.

Symbolbild

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Akademiker beklagen, dass Deutschland nicht genug zur Stärkung des Bildungsstandorts tue. Ihre Vorschläge sind vielfältig und meistens kostspielig. Ich will einen Reformvorschlag machen, der günstig wäre und die Bildungskultur in Deutschland deutlich verbessern könnte: Motiviert Akademiker dazu, Schreiben zu lernen!
„Postmodernismus Entzaubert“

Der Physiker Alan Sokal veröffentlichte 1996 in der postmodernen akademischen Fachzeitschrift Social Text den Artikel „Grenzen überwinden: Hin zu einer transformativen Hermeneutik der Quantengravitation“. Tatsächlich war dieser Text ein Experiment: Würde es Sokal gelingen, vollkommenen Unfug – getarnt durch nebulöse Formulierungen und wissenschaftliche Fachterminologie – in einer Fachzeitschrift zu veröffentlichen, ohne dass Herausgeber oder Leser den Witz verstehen? Es gelang. Sokal hatte von den Besten gelernt. In seinem Buch „Intellektuelle Scharlatane“ zitiert er Sprachkünstler wie den französischen Psychoanalytiker Félix Guattari:

„Wir können eindeutig erkennen, dass es keine bi-univokale Übereinstimmung zwischen linear bedeutungsmarkierenden Verbindungen oder dem Archi-Schreiben gibt, abhängig vom Autor, und dieser multi-referentiellen, multi-dimensionalen mechanistischen Katharsis. Die Symmetrie des Maßstabs, der Transversalität, der pathische nicht-diskursive Charakter ihrer Ausbreitung: All diese Dimensionen entfernen uns von der Logik der ausgeschlossenen Mitte und bestärken uns darin, die ontologische Binärität zu verwerfen, die wir zuvor kritisiert haben.“

Bravo! Ich habe zwar nichts verstanden, bin aber tief beeindruckt!

Für diese Streitschrift nehme ich einige Texte auseinander, die mir selbst während meines Studienlebens untergekommen sind. Ich beginne mit den schlimmsten und ende mit den besten. Anschließend diskutiere ich mögliche Ursachen schlechten Schreibens und mache ein paar Verbesserungsvorschläge.

Der Scharlatan

Einer meiner Prüfungstexte war Lann Hornscheidts Aufsatz „Der Hate Speech-Diskurs als Hate Speech: Pejorisierung als konstruktivistisches Modell zur Analyse diskriminierender SprachHandlungen“. Die akademische Nebelmaschine wird gleich im Titel ordentlich auf Touren gebracht. Was soll die eigenwillige Schreibung von „SprachHandlungen“? Was soll ein Satz wie „Der Hate Speech-Diskurs als Hate Speech“ bedeuten?

Der Abstract, der normalerweise den Inhalt einer Arbeit kurz und verständlich zusammenfassen soll, lautet dann:

„Der Artikel fragt danach, welche Vorstellungen von Sprache und Subjekt sowie von Diskriminierung Ideen zu Hate Speech zu Grunde liegen und entwickelt eine konstruktivistische Perspektive auf diskriminierende Sprachhandlungen, die durch das Konzept Pejorisierung realisiert wird. Anhand konkreter Beispiele werden Dimensionen in der Analyse von Sprachhandlungen als diskriminierend herausgearbeitet und eine Differenzierung zwischen diskursiven sprachlichen Diskriminierungen und ihrer Bedingtheit durch ein analytisch zu bestimmendes Dispositiv struktureller Machtverhältnisse vorgeschlagen.“

Es lohnt nicht, diesen Müllhaufen Tüte für Tüte zu entsorgen. Auf einige der gröbsten Schnitzer will ich aber eingehen: (1) Man kann eine Perspektive einnehmen oder ein Konzept erstellen. Aber kann man „eine Perspektive durch ein Konzept realisieren“? (2) Hornscheidt will nicht Sprachhandlungen analysieren, sondern lieber ganz vage „Dimensionen in der Analyse von Sprachhandlungen“ aufzeigen (was immer das bedeutet). (3) Dann hat sie scheinbar die eigene Phantasie-Rechtschreibung vergessen und schreibt „Sprachhandlungen“ hier doch ohne großes H in der Mitte. (4) Beim letzten Satz denkt der Leser zuerst an eine „Bedingtheit durch ein Dispositiv“, obwohl es wohl eigentlich um eine „Differenzierung durch ein Dispositiv“ gehen soll. Eine unfreiwillig zweideutige Formulierung, die man einem Gymnasiasten leicht verzeihen kann. Aber einem Professix?

Nein, ich habe mich nicht verschrieben und auf meinem Schreibtisch liegt auch kein Asterix-Comic. Nach den ersten Seiten von Hornscheidts Artikel habe ich mich gefragt, welcher Scharlatan dieses Machwerk verbrochen hat. Ich fand heraus, dass Hornscheidts beachtliche akademische Karriere auf der Idee basiert, sich als Professx zu bezeichnen (das wird wie „Professix“ ausgesprochen). Auch wenn sie nicht schreiben kann, sollten wir also nicht denken, dass in Deutschland jedex Deppx eine Professur angeboten bekommt!

Der Rest der „Arbeit“ ist genauso schlecht wie der Abstract. Niemand würde Hornscheidt ernst nehmen, wenn sie schreiben könnte. Als akademische Analphabetin hat sie es aber bis zum Professx für Sprachwissenschaft (ausgerechnet) gebracht.

Der Terminologie-Fetischist

Jindrich Toman ist ebenfalls Sprachwissenschaftler. In einem Artikel zu -bar-Adjektiven („wunderbar“, „furchtbar“, „unvereinbar“ usw.) schreibt er:

„Wie appliziert nun die A-Vererbung im Falle der bar-Adjektive? Zunächst gehen wir davon aus, dass die Regel aufgrund ihres strukturbewahrenden Charakters nur eins der zwei Argumente eines transitiven Verbs affizieren kann. Im Subkategorisierungsrahmen eines Adjektivs steht im unmarkierten Fall nämlich nur eine NP-Position ohne inhärente Kasusmarkierung zur Verfügung, genauer, die des Subjekts. Mit anderen Worten, Sätze mit Adjektivprädikaten haben die folgende Grundstruktur: NP, (PP), Adj., Kopula. Die Vererbungsregel muss daher zwischen dem Subjekt- bzw. dem Objektargument des Verbs wählen. Für solche Fälle haben wir im Kap. 2, S. 64, zum Zwecke der Disambiguierung der Anwendungsdomäne von A‑Vererbung das Ergativprinzip vorgeschlagen.“

Wer Linguistik nicht studiert hat, der findet es vielleicht nicht offensichtlich, aber Toman schreibt viel besser als Hornscheidt. Tomans Artikel hat durchaus einen Inhalt. Er besteht aus grammatisch einwandfrei formulierten Sätzen ohne Rechtschreibfehler. Toman will sich nicht hinter seiner Sprache verstecken. Trotzdem versteht man aufgrund des ohrenbetäubenden Terminologie-Gewitters erstmal kein Wort.

Beeinflusst durch Texte wie den von Toman dachte ich lange, dass Linguistik unglaublich langweilig und unverständlich ist. Dann las ich „Der Sprachinstinkt“ von Steven Pinker (wohlgemerkt nicht für mein Studium). Seitdem habe ich viele Autoren entdeckt, deren linguistische Werke lebendig, klar, faszinierend und wissenschaftlich fundiert sind. Es ist also durchaus möglich, literarisch ansprechende und leicht verständliche sprachwissenschaftliche Texte zu verfassen. Man muss es nur wollen!

Der Unbegabte

Der Philosoph Habermas bemüht sich meinem Eindruck nach um Allgemeinverständlichkeit – leider oft erfolglos. Er ist kein Scharlatan wie Hornscheidt und er überfrachtet seine Texte nicht hemmungslos mit Fachterminologie. Seine Sprache ist zuweilen gut lesbar, aber nie elegant. Immer wieder begegnen einem Sätze wie dieser:

„Ist es nicht erst recht willkürlich, die phänomengerechte Ambivalenz unserer schrittweise sich wandelnden evaluativen Gefühle und Intuitionen gegenüber einem Embryo in frühen und in mittleren, gegenüber dem Fötus in späteren Stadien der Entwicklung durch moralisch vereindeutigende Stipulationen nach der einen oder anderen Seite hin aufzulösen?“

Der Satz endet mit einem Fragezeichen. Haben Sie diese Frage direkt für sich selbst beantworten können? Ich nicht. Ich würde diese Passage z. B. so neu formulieren:

„Denken Sie einerseits an das Ultraschallbild eines Embryos im frühen Entwicklungsstadium und andererseits an das Bild eines Fötus kurz vor der Geburt. Wie unterscheiden sich Ihre Gefühle? Welchen Wert messen Sie dem Embryo und dem Fötus bei? Wenn es Ihnen wie den meisten Menschen geht (mich selbst eingeschlossen), dann macht das Entwicklungsstadium für Sie einen bedeutenden Unterschied. Scheint es nicht willkürlich, im Widerspruch zu dieser Gefühlslage entweder die Befruchtung oder die Geburt als absoluten Anfang festzulegen?“

Meine Paraphrasierung (die übrigens nicht meine tatsächlichen Ansichten zum Thema widerspiegelt) hat möglicherweise nicht mehr genau dieselbe Aussage wie das Original. Außerdem ist sie etwas länger. Dafür spricht sie den Leser direkt an und fordert ihn zum Mitdenken auf, anstatt seine Gefühle, Wertungen und Intuitionen als bekannt vorauszusetzen. Gemeinsam mit einem professionellen Lektor oder einem begabten Studenten hätte Habermas bestimmt noch bessere und genauere Alternativen formulieren können.

Ich sehe bei den hier zitierten Sprachwissenschaftlern (sofern man Hornscheidt so bezeichnen will) und bei Habermas keine mildernden Umstände. Gerade Sprachexperten sollten gut schreiben, und Habermas hat viel über die Bedeutung demokratischer Partizipation (oder „Teilhabe“) und über kommunikatives Handeln philosophiert. Kann man eine Sprache, die nur eine Elite versteht, als demokratisch bezeichnen? Wie viel weiß jemand, der so unklar kommuniziert, wohl über kommunikative Handlungen?

Erfolg ist keine Frage des Talents

Was sind die Ursachen dieses akademischen Analphabetismus?

1. Arbeitsersparnis:
George Orwell, einer der berühmtesten Kritiker des akademischen Analphabetismus, macht vor allem die Faulheit vieler Autoren für ihren schlechten Stil verantwortlich. Wenn man es ein wenig geübt hat, dann kann man mühelos wichtigtuerische, vage und unverständliche akademische Phrasen aneinandertackern und so die eigene Publikationsliste verlängern. Wer bildhaft, klar und verständlich schreiben will, der muss viel mehr Sorgfalt ins Schreiben und Denken investieren.

2. Den Leser die Arbeit machen lassen:
Manche Autoren haben ihren schlechten Stil so kultiviert, dass er schon wieder zur Kunstfertigkeit geworden ist. Solche Autoren delegieren das Denken an den Leser. Sie liefern Stichpunkte, die in kryptischen Satzungetümen versteckt sind, und anhand dieser Stichpunkte entwickelt der Leser dann eigene Ideen, die er fälschlicherweise dem Autor zuschreibt. Besonders zuverlässig funktioniert das bei Intellektuellen mit Kultstatus wie Foucault und Heidegger.

3. Tarnung:
Wie ich am Beispiel Hornscheidt gezeigt habe, kann sich ein wahrhaft lausiger Autor sogar den Inhalt sparen und lächerliche Ideen hinter einer undurchdringlichen sprachlichen Nebelwand verstecken, ohne die eigene Inkompetenz zu offenbaren.

4. Erhalt der Hierarchien:
Warum wollte die katholische Kirche keine deutsche Bibelübersetzung? Weil der Hirte an Bedeutung verliert, wenn die Herde selbst das heilige Buch lesen kann. In ähnlicher Weise pflegen Professoren an den Universitäten eine Geheimsprache, die sogar von den Studenten kaum verstanden wird, vom gemeinen Volk ganz zu schweigen. Das gibt ihnen ein Gefühl intellektueller Überlegenheit und macht sie als Wissensvermittler unentbehrlich.

5. Tradition und Gewohnheit:
Kant war zweifellos ein großer Denker, aber ein miserabler Schriftsteller. Bedauerlicherweise hatte er stilistisch großen Einfluss auf die deutsche Geistesgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts. Gelehrte, die wie Habermas philosophisch an solche Traditionen anknüpfen, schreiben leider oftmals dementsprechend.

Das ist jedoch kein Naturgesetz. Richard David Precht konnte, wie er in einem Interview sagte, schon nach dem Abitur gut schreiben. Im Philosophiestudium las er viel stilistisch schwache Literatur und dementsprechend litt sein Stil. Anschließend brachte er sich das Schreiben aber wieder bei. Das einzig Unverständliche an seinem Bestseller „Wer bin ich und wenn ja, wie viele?“ ist vielleicht der (meines Erachtens sehr gelungene) Titel.

6. Der Fluch des Wissens:
Steven Pinker hält den „Fluch des Wissens“ (The Curse of Knowledge) für eine Hauptursache schlechten Schreibens. Ich beobachte diesen Fehlschluss häufig an mir selbst. Wenn ich herausgefunden habe, wie etwas am Computer funktioniert, denke ich: Das ist doch eigentlich ganz einfach, wieso stellen sich andere so dumm an? Studien zeigen, dass dieser Effekt überraschend schnell eintritt. Schon Minuten nach der Aneignung neuen Wissens setzen wir dieses Wissen bei anderen voraus.

So lassen sich die Stile von Habermas und Toman gut erklären. Habermas weiß, was er sagen will. Er selbst stellt sich beim Schreiben einen Embryo und einen Fötus vor und schreibt dann so, als ob seine Leser nicht nur sein Buch, sondern auch seine Gedanken lesen könnten. Genauso kennt Toman seine linguistische Terminologie in- und auswendig. Er denkt sich wahrscheinlich: „Je mehr Terminologie, desto eindeutiger, und je eindeutiger, desto besser verständlich.“ Beide berücksichtigen nicht die Perspektive und den Wissensstand ihrer Leser. Bei Hornscheidt allerdings entsteht ein anderer Eindruck. Auf ihr lastet eher der „Fluch des Nichtswissens“ als der „Fluch der Wissens“.

Lösungsvorschläge:
Mit einer Mischung aus neuen Anreizstrukturen und einer besserer Ausbildung ließe sich das Problem des akademischen Analphabetismus abmildern. (1) Schon jetzt werden Studenten gebeten, ihre Veranstaltungen zu evaluieren. Stilistische Kriterien sollten dabei mit berücksichtigt und gute Lehrende entsprechend belohnt werden. (2) Wissenschaftliche Verlage sollten Verständlichkeit zu einem Veröffentlichungskriterium machen und Texte lektorieren. So würde sich die Qualität des Schreibens und des Denkens verbessern. Zur wissenschaftlichen Methode gehört das „Peer Review“: Fachkollegen bewerten, überprüfen und korrigieren Forschungsergebnisse und entwickeln diese weiter. Dieser Prozess verkommt zur Farce, wenn die Reviewer den Text, den sie lesen, gar nicht verstehen können. (3) Wenn nötig sollte man auf Inhaltsangaben und andere Sekundärquellen zurückgreifen. Kaum ein Student liest Aristoteles im Original, weil kaum ein Student so gut Altgriechisch kann. In gleicher Weise sollte auch kaum ein Student Heidegger oder Hegel im Original lesen, denn Heideggerisch oder Hegelianisch ist oft genauso unverständlich. (4) Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen, deshalb sollte man für Lehrkräfte und Studenten aller Fachrichtungen Schreibkurse anbieten. Bislang sind solche Kurse leider noch nicht einmal in der Germanistik die Regel.

Das Beste kommt zum Schluss

Nach so vielen qualvollen Zitaten möchte ich diese Streitschrift mit zwei Beispielen guten Stils abschließen. Der Evolutionsbiologe Peter Medawar kommentiert den postmodernen Schreibstil so:

„Stil ist heute von größter Wichtigkeit. Dieser Stil hat eine stolzierende, hochschreitende Qualität. Er ist voll vom Gefühl der eigenen Wichtigkeit. Er steht über allem und verharrt in der Manier eines Ballett-Tänzers immer wieder in eingeübten Posen, als warte er auf einen aufbrausenden Applaus. Er hat einen verheerenden Einfluss auf die Qualität modernen Denkens.

Man kann anhand von Zitaten belegen, wann die geheime Kampagne gegen die Tugend der Klarheit begann. Ein Strukturalist behauptete im Literaturteil der Times, dass besonders tiefschürfende Gedanken oft wirr und quälend sind und sich deshalb am angemessensten in einer gezielt unklaren Prosa ausdrücken lassen. Was für eine wahnwitzig alberne Idee! Ich fühlte mich an einen Bombenalarm in Oxford erinnert. Das Licht war überall ausgeschaltet, aber da der Mond ein helles Licht auf die Stadt warf, wies uns der Hauswart an, zusätzlich dunkle Sonnenbrillen zu tragen. Er jedoch war im Gegensatz zum Strukturalisten absichtlich witzig.“

Ähnlich argumentiert Dietrich Schwanitz‘ in seinem Bestseller „Bildung“:

„Es gibt eine Unzahl von wissenschaftlichen Werken, die entweder überflüssig oder unlesbar sind. Das hat einen einfachen Grund: Viele Arbeiten werden nicht verfasst, um ein Publikum zu informieren oder die Erkenntnis zu fördern, sondern um Prüfungskommissionen zu beeindrucken. Als Dissertations- oder Habilitationsschriften sind sie Meilensteine auf dem Weg einer wissenschaftlichen Karriere und auch danach dienen viele Arbeiten lediglich dem Zweck, die Publikationsliste zu verlängern, die ein Hochschullehrer für die Bewerbung um eine Professur braucht. Solche Arbeiten verstecken die Dürftigkeit ihres Erkenntnisgewinns hinter sprachlichen Nebelwänden oder pompösen Begriffsfassaden. Sie wirken auf den ersten Blick zwar harmlos, aber in Wirklichkeit sind sie von einer Gefährlichkeit, die noch gänzlich unerforscht ist. Sie stehlen dem Leser die Zeit, verwirren den Anfänger, deprimieren den Wahrheitssucher und hinterlassen in jedem Neuling bisweilen solch schwere geistige Verletzungen, dass er von nun an jedes wissenschaftliche Buch meidet. Das ist umso verbrecherischer, als die Wissenschaft bei den wirklichen Könnern eine aufregende Sache ist. Man lernt durch sie die Welt neu zu sehen und bekommt einen Eindruck vom Sex-Appeal der Kreativität. Der Neuling sollte sich also Mühe geben, den Unterschied zwischen den erstklassigen wissenschaftlichen Büchern und den drittklassigen Schwarten herauszufinden, damit er seine kostbare Zeit nicht mit der akademischen Billigproduktion verschwendet. Das gilt natürlich auch für die Studenten, die mit dem Studium eines Fachs gerade beginnen.“

Ich hätte von Schwanitz‘ Ratschlag zu Beginn meines Studiums stark profitieren können, und der Bildungsstandort Deutschland könnte es auch.


Carl Lang betätigt sich nach einem Studium der Literaturwissenschaft, Linguistik und Philosophie als Essayist und Liedtexter. Er fühlt sich keinem politischen Lager zugehörig und interessiert sich besonders für Moralphilosophie und Religionskritik.