Tichys Einblick
Klöckner zieht Verbrauchern die Ohren lang

Mit der Bibel hamstern für Winterzeiten

Da wird seit Monaten das ganze Land auf einen mehrwelligen Jahrhundert-Killervirus-Tsunami vorbereitet. Und was tun die dummen Deutschen? Sie stellen sich doch tatsächlich auf eine ernste Krise ein und hamstern.

imago Images/Pius Koller

Die deutsche Bevölkerung ist wieder mal nicht artig. Da wird auf allen Kanälen von morgens bis abends die Corona-Angst angefacht. Da wird seit Monaten das ganze Land auf einen mehrwelligen Jahrhundert-Killervirus-Tsunami vorbereitet. Und was tun die dummen Deutschen? Sie stellen sich doch tatsächlich auf eine ernste Krise ein und hamstern.

Die oberste Verbraucherschützerin ist entsetzt über diese völlig unverständliche Eigeninitiative der Verbraucher. Und so hebt Bundesministerin Julia Klöckner empört den Zeigefinger, um die Bürger wieder auf den Pfad der Tugend zurückzubringen.
Sie tut das mit simplen Worten, dem vermeintlichen Intelligenzquotienten ihrer Zöglinge angemessen; und das ganze wird lieb und brav von den ihr wohlgesonnenen Qualitätsmedien verbreitet:

„Hamstern ist unlogisch und auch unsolidarisch.“ (Julia Klöckner, 18.10.2020)

Ja, Frau Klöckner – habe verstanden!

Das ist vollkommen unlogisch, dass man für schlechte Zeiten vorsorgt.
In der Bibel steht zwar: „Die tüchtige Hausfrau fürchtet für die Ihren nicht den Schnee; denn ihr ganzes Haus hat wollene Kleider“ (Sprüche 31,21).
In die heutige Situation übersetzt, heißt das aber: Weil es dank unserer Bundesregierung und der EZB keine schlechten Zeiten mehr geben wird, ist Vorsorge für den Winter vollkommen unnötig.

Nicht in diesen Zeiten
Der Rückzug ins Private als Lösung?
Darum wäre es unnötig gewesen, wenn Politiker für den Winter vorgesorgt hätten und unser Rentensystem rechtzeitig auf den demographischen Wandel eingestellt hätten. Viel solidarischer war es, in einem Gefühl des ewigen Sommers Rentenreformen ein wenig zurückzudrehen und zusätzlich Millionen neuer Transferempfänger in unser Land aufzunehmen.

Und wenn wir alle bald Elektroautos fahren sollen, dann wäre es doch unlogisch,
wenn wir uns mit unseren Kraftwerkskapazitäten darauf vorbereiten würden. Viel logischer bei erhöhter Nachfrage ist es doch, das Angebot an Strom durch die Abschaltung von Atomkraftwerken und Kohlekraftwerken herunterzufahren.

Frau Klöckners „Wahrheit“ ist Politikerlogik, die keinen Winter kennt; und die dann Menschen als unlogisch (= dumm?) abwertet, die das anders sehen und vorsorgen für absehbare Winterzeiten.

Solche Menschen handeln nach Frau Klöckner aber nicht nur „unlogisch“, sondern auch „unsolidarisch“ (= moralisch verwerflich & böse).

Die fehlende Solidarität kann man jedem Konfirmanden mit dem Beispiel Klopapier erklären: Es gibt in Deutschland genau eine Milliarde Rollen Klopapier. Diese Zahl ist unveränderbar. Denn die deutsche Wirtschaft ist unflexibel. Eine Erhöhung der Klopapierproduktion aufgrund gestiegener Nachfrage ist in der Industrie überhaupt nicht vorgesehen. Und genau deshalb ist es unsolidarisch, Klopapier zu hamstern. Denn jede Rolle, die ich kaufe, nimmt einem anderen Menschen die Rolle weg. Und jedes Blatt Klopapier, das ich zuviel verbrauche, lässt irgendeinen anderen ziemlich besch…. dastehen.

Nur einige ewiggestrige Vertreter der freien Marktwirtschaft wollen das nicht wahrhaben. Solche Marktgläubigen behaupten sogar, dass Hamstern solidarisch sei! Weil Hamstern in einer freien Marktwirtschaft die Produktion und damit das Angebot an Klopapier pro Kopf, bzw. pro Hintern erhöhe. Wenn der Staat meine, sich in solch normales Marktgeschehen einmischen zu sollen, dann höchstens, um die Verbraucher dabei zu unterstützen, klug und antizyklisch zu hamstern, weil das kostengünstiger sei. So fabulieren diese Kapitalisten, die in dem Mitdenken und der Eigeninitiative der Verbraucher sogar noch Gutes erkennen.

Die Enzyklika “Fratelli tutti” vom 4.10.2020
Wenn der Papst die Welt belehrt
Das ist ein Liberalismus, der die Freiheit der Bürger ernst nimmt. Das geht gar nicht! Dem muss unbedingt Einhalt geboten werden. Und genau das tut Julia Klöckner mit dem vermeintlich fürsorglichen Satz, der aber zwischen den Zeilen populistisch und antimarktwirtschaftlich mit dem Begriff „Solidarität“ spielt und der hypermoralisch mündigen Bürgen die Ohren langzieht: „Hamstern ist unlogisch und auch unsolidarisch.“

Ja, Frau Klöckner – habe verstanden!

Erstens: „Logisch“ ist einzig, wenn sich die Untertanen lieb und brav an die Vorgaben unserer Bundesregierung halten. Hamstern ist keine Vorgabe.

Zweitens: „Solidarisch“ ist nur, wer genau so viel Klopapier einkauft, wie ihm nach dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherbeschmutzung zusteht.

Und weg mit den überholten biblischen Weisheiten, die sich über 3000 Jahre bewährt haben:

„Die tüchtige Hausfrau (= Managerin) fürchtet für die Ihren nicht den Schnee; denn ihr ganzes Haus hat wollene Kleider“ (Sprüche 31,21).

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