Tichys Einblick
Sanitzer Thesen zur Corona-Krise

Die evangelische Kirche hat Schuld auf sich geladen

Empirische Untersuchungen zeigen: Innerhalb der Evangelischen Kirche gab es weniger Kritiker der Coronamaßnahmen als in der Allgemeinbevölkerung. Dennoch hinterfragen Christen auch in der ev. Kirche das staatlich-kirchliche Coronanarrativ.

Empirische Untersuchungen zeigen: Innerhalb der Evangelischen Kirche gab es weniger Kritiker der Coronamaßnahmen als in der Allgemeinbevölkerung. Dennoch hinterfragen Christen auch in der ev. Kirche das staatlich-kirchliche Coronanarrativ.

Eine Gruppe von neun Mitarbeitern der ev. Nordkirche hat sich dazu regelmäßig in Sanitz in der Nähe von Rostock getroffen. Sie haben jetzt Thesen veröffentlicht, „um zu einem Diskurs über die Rolle unserer Kirche in der Corona-Zeit zu ermutigen“. Mittlerweile haben sich einige wenige weitere kirchliche Mitarbeiter aus ganz Deutschland diesen Thesen angeschlossen.

Das geschieht auf dem Hintergrund, dass weltweit immer deutlicher zutage tritt, dass Politik, Wissenschaft, Medien, Justiz und Kirche ernsthafte Fehler gemacht haben, die sie schon damals nicht nur besser hätten wissen können, sondern auch besser hätten wissen müssen. Die Sanitzer Thesen – hier das Original in Auszügen – sprechen diese Schuld offen für den kirchlichen Bereich an:

Präambel:
Entsprechend des Pfarrerdienstgesetzes … sind Geistliche an die ganze Gemeinde gewiesen, also auch an die Teile der Gemeinde, und seien sie noch so klein, die staatlichen Maßnahmen kritisch gegenüber stehen, denn hier geht es nicht um Mehrheiten. „Wenn aber der Obrigkeit Gebot ohne Sünde nicht befolgt werden kann, soll man Gott mehr gehorchen als den Menschen“ (Augsburger Bekenntnis 1530, Artikel 16).

These 1: Innerhalb der evangelischen Kirche bedarf es einer stärkeren theologischen Reflektion über das eigene Tun und Nichttun.
In der Corona-Zeit wurden staatlicherseits viele Gesetze und Verordnungen erlassen … Die evangelische Kirche hat diese Verordnungen weitestgehend unreflektiert übernommen. Es ist zu prüfen, ob deren Durchsetzung gegen biblische Gebote, unsere Bekenntnisschriften oder christliche Werte verstoßen haben. Wir haben diese Ereignisse zu wenig theologisch reflektiert.

These 2: Die evangelische Kirche hat dem Schüren der Angst nicht widersprochen.
… Ängste um Gesundheit, Leib und Leben sind in der Corona-Zeit von politischer Seite und medial unterstützt massiv geschürt worden. Als evangelische Kirche hätten wir diesen Ängsten die Botschaft von der Liebe Gottes entgegenhalten müssen, aus der nicht einmal der Tod zu reißen vermag (Römer 8,38). Anstatt diesen Ängsten mit Mut und Nachdruck entgegenzutreten, hat die evangelische Kirche geschwiegen und Menschen damit in einer schweren Lebenszeit allein gelassen.

These 3: Die evangelische Kirche hat zu wenig von der Auferstehungshoffnung geredet.
… Die klarere Verkündigung unserer Auferstehungshoffnung hätte vielen Menschen Mut machen und mehr Gelassenheit schenken können.

These 4: Die evangelische Kirche hat mit der Absage von Gottesdiensten den Menschen die Verkündigung des Wortes Gottes vorenthalten.
Der Gottesdienst ist entsprechend unserer Bekenntnisschriften (Augsburger Bekenntnis, Artikel 13) ein konstitutives Element für Kirche …

These 5: Die evangelische Kirche hat Zugangsbedingungen für ihre Veranstaltungen kritiklos hingenommen.

These 6: Die evangelische Kirche hat die Verletzung der menschlichen Würde hingenommen.
Viele Menschen haben sich in der Corona-Zeit aus guten Gründen gegen eine Impfung … entschieden. Diese freie Entscheidung war ihr gutes Recht, welche keinerlei Rechtfertigung bedarf. Als sogenannte „Impfverweigerer“ (oder mit vielen anderen äußerst diffamierenden Bezeichungen tituliert) ist ihnen der Zugang zu gesellschaftlichen Ereignissen verwehrt worden. Das stellt eine Diskriminierung und einen massiven Einschnitt in freiheitliche Grundrechte dar. Die evangelische Kirche hat dieser Ausgrenzung und Diskriminierung nicht widersprochen, sondern hingenommen, dass Menschen in ihrer Würde verletzt wurden. Damit hat sie ihren Auftrag, für die „Mühseligen und Beladenen“ (Matthäus 11,28) da zu sein, vernachlässigt.

These 7: Die evangelische Kirche hat den Diskurs vernachlässigt.
Es ist ein bewährtes protestantische Erbe, dass wir in der ev. Kirche darauf vertrauen, dass im Diskurs der Meinungen und unter dem Wirken des Heiligen Geistes Gottes Wille erkannt wird (Römer 12). Mit diesem Prinzip hat die evangelische Kirche in der Coronakrise gebrochen. Der bereichernde Dikurs wurde nicht gesucht, stattdessen hat die Kichenleitung sich die Positionen der politischen Akteure zu Eigen gemacht und gegenüber den Gemeinden durchgesetzt. Gemeindeglieder und Mitarbeitende, die eine davon abweichende Meinung vertraten, wurden ausgegrenzt oder gegebenenfalls per Dienstanweisung unter Druck gesetzt.

These 8: Die evangelische Kirche hat die Verhältnismäßigkeit der Mittel nicht hinterfragt.
Die evangelische Kirche hat eine Mitverantwortung für den gesellschaftlichen Frieden. Als solch ein Verantwortungsträger hätte sie unbedingt die Maßnahmen des Staates … kritisch begleiten müssen. Von Anfang an war die Fragwürdigkeit all dieser Maßnahmen erkennbar … Da hat die evangelische Kirche versäumt, den Finger in die Wunde zu legen und auf Mäßigung zu drängen. Die evangelische Kirche ist ihrer Verantwortung nicht gerecht geworden.

These 9: Die evangelische Kirche hat der Vermengung von weltlichem und geistlichem Heilsversprechen nicht widerstanden.
… Dies gilt insbesondere für die Glorifizierung des Corona-Impfstoffs, der quasi zum „heilsstiftenden Lebenselixier“ hochstilisiert wurde. Die Einrichtung von Impfzentren in Kirchen hat diesen Eindruck leider befördert.

These 10: Die evangelische Kirche hat sich schuldig gemacht.
Die Kirche hat mit Slogans wie „Impfen ist Nächstenliebe“ die Impfkampagne der staatlichen Stellen unterstützt und Mitarbeitende unter Druck gesetzt. Wir wissen, dass die genbasierten Impfstoffe gravierende Nebenwirkunen nach sich ziehen können … Mit dem Engagement für diese Impfung, die viel zu wenig erforscht ist, hat sich die Kirche an dem Tod und der gesundheitlichen Schädigung vieler Menschen mitschuldig gemacht. Diese Schuld gilt es zu erkennen, einzugestehen und um Vergebung zu bitten.

Soweit dieser Auszug aus den Sanitzer Thesen.

Kirche wird um die Aufarbeitung ihrer Versäumisse nicht herumkommen können.
Wir brauchen nicht noch mehr Verdrängung und Verschweigen. Wir brauchen nicht noch mehr Selbstbeweihräucherung und Selbstrechtfertigung. Wir brauchen Kirchenleitungen, die ihren Meinungskorridor hin zu den Corona-Nonkonformisten weiten, weil diese Wichtiges und Kluges in den gesellschaftlichen Dialog einbringen.

Die Kirche in Deutschland stand bisher allzu angepasst im Banne der Regierung und der Pharmaindustrie. Jetzt hätte sie die Chance, zum gesellschaftlichen Vorbild zu werden, indem sie sich für die notwendige Streit- und Aufarbeitungskultur öffnet. Dabei würden wohl auch Verletzungen, Verbitterungen und Schuldvorwürfe zur Sprache kommen. Und man wird sich kaum in allen Sachpunkten einigen können. Doch um eines lebendigen Miteinanders willen muss Kirche bereit sein, ihre Harmonie-Polit-Sehnsüchte aufzugeben. Der Glaube an Jesus Christus als gemeinsame Mitte der Christen, der über alle politischen und gesundheitlichen Differenzen erhaben ist, kann dabei eine entscheidende Hilfe sein.

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