Tichys Einblick
Philipp Mickenbecker

Eine außergewöhnliche Mutmachgeschichte

Tausende Menschen, die selber mitten im Leid stecken, lassen sich in ihren menschlich-allzumenschlichen depressiven Anteilen von einer Frohnatur anstecken, um ihre eigenen lebensfröhlichen Anteile zu stärken: vom Youtuber Philipp Mickenbecker, der mit nur 23 Jahren starb.

Der millionenfach angeklickte Youtuber Philipp Mickenbecker ist gestorben. Mit nur 23 Jahren.

Philipp Mickenbecker faszinierte seine Fans mit vielen kreativen Ideen. Und mit seinem Lebensmotto „do something“ = „mach etwas“ war er ein Botschafter gegen einen Fernsehsessel-Lebensstil.

Schwindelerregend, wie er und seine Freunde sich in einem Rhönrad mit eingebautem Sessel kopfüber einen Abhang herunter rollen lassen.
Genial seine Drohnen-alte-Badewanne, mit der er zum Einkaufen fliegt.
Außergewöhnlich schräg auch seine Schlittschuhe, die als Kufen und Motor je eine lautstarke Kettensäge von Stihl haben.
Millionenfach angeklickt, wie er und seine Kumpels 20 alte Badewannen zusammenschweißen als 30-Meter-Rutsche von seinem Dachzimmerfenster bis zum Swimmingpool im Garten.

Seltsamerweise stand dieser Strahlemann voller Charme und Witz nicht auf der Sonnenseite des Lebens. Er hatte eine schwere Krebsart seit dem 17. Lebensjahr. Sieben Jahre Kampf mit allen Höhen und Tiefen. Zudem ist seine geliebte 18-jahre alte Schwester bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen.

In seinen Video-Clips lässt er die Menschen an seinen Tiefen teilhaben: Als sich in seiner offenen Krebswunde Maden breit machten, die der Arzt mühsam mit der Pinzette „herausoperieren“ muss; wie er in seinen letzten Stunden abgemagert und mit hohem Blutverlust ausgemergelt im Krankenhaus liegt.

Und selbst bei diesen Videos kommt von tiefem Herzen eine Lebensfreude rüber, die in seinem christlichen Glauben gründet. „Wenn ich sterbe, werde ich bei Christus sein. Und das ist das Schönste, was es gibt. Also habe ich mich entschieden, jeden mir verbliebenen Tag zu leben und fröhlich meinem Tod entgegenzugehen.“

Solche Kraft, trotzdem „Ja“ zum Leben zu sagen, ist sicherlich nicht jedermanns Sache und darf auf keinen Fall moralisierend zur Forderung an andere Menschen werden. Nichts ist schlimmer, als eigene positive Lebenserfahrungen anderen überstülpen zu wollen.

Doch wenn ich die Kommentare unter den Videos lese, dann stelle ich fest: Tausende Menschen, die selber mitten im Leid stecken, lassen sich in ihren menschlich-allzumenschlichen depressiven Anteilen von dieser Frohnatur anstecken, um ihre eigenen lebensfröhlichen Anteile zu stärken.
Jemand schreibt: „Ich war so weit, dass ich mir das Leben nehmen wollte. Aber durch die Videos von Philipp habe ich meine Lebenskrise überwunden. Ich bin ihm so dankbar. Jetzt, wo er tot ist, will ich mit meinem Leben stellvertretend für ihn weiterleben und ein Botschafter für das Leben sein.“

Peter Sloterdijk hat einen von Spott strotzenden Nachruf auf Gott verfasst. Der Glaube sei nur etwas für Leute, die die Zufälligkeit und die Endlichkeit des Lebens nicht aushalten könnten.
Philipp Mickenbecker dagegen steht dafür, dass der Unglaube nur etwas für Leute ist, die die Geborgenheit und die Ewigkeit des Lebens in Gott nicht kennen.

Zwei Tage vor seinem Tod kamen das Hip-Hop-Duo „O’Bros“ zu ihm ans Krankenbett.
Philipp Mickenbecker war ein Fan von diesen Musikern und hatte oft dafür gebetet, dass den beiden irgendwann einmal der Sprung in die Charts gelingen möge.
Jetzt hatten die beiden einen Song für ihn am Sterbebett geschrieben: „Real Life“. Philipp war begeistert.

Am 17. Juni ist Philipp beerdigt worden – passend zu seinen Projekten – in einem weißen Sarg in der Form einer Badewanne.
Doch „sein“ Song von den „O’Bros“ geht seitdem viral. Mit über 1,5 Millionen Aufrufen bei Youtube springt der Song auf Platz Eins der deutschen iTunes-Charts. Der Song erreicht die Herzen der Menschen.
Alle Einnahmen aus diesem Song gehen in verschiedene „Real Life“-Projekte; u.a. soll ein Film über Philipp Mickenbecker gedreht werden.

In dem Song heißt es:
„Vielleicht habe ich nicht mehr viel Zeit,
in der ich noch hier bleib’.
Was ist das, was dann von mir bleibt?
Vielleicht kommt nach diesem Leben erst das ‚real life’.
Aber wer hält mich, wenn alles zerbricht,
wenn alle Träume sterben und mein Körper mich zerfrisst?
Wenn am Ende alles anders kommt als gedacht,
dann geb’ ich trotzdem nie auf.
Du bringst mich durch die Nacht.
Danke, Vater.
Ja, egal, was auf mich zukommt,
weder hoch, weder tief, nein, ich hab’ keine Angst.
Kann mir sicher sein, dass du kommst.
Und egal was passiert, ich bin in deiner Hand.“

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