Tichys Einblick
The Irony Man

Martin Schulz. Ein Selbstgespräch.

100%-Schulz im Hotelzimmer. Das Gesicht Ralf Stegners taucht auf und blockiert kurz den Fluss der Gehirnströme. Dann verfällt Martin Schulz in ein stummes Gespräch mit seinem zweiten Ich, dem Über-Schulz.

Martin Schulz sitzt auf einer Couch in seinem Hotelzimmer. Er sieht nicht gut aus. Vor ihm eine Flasche Sprudelwasser. Reglos hockt er da, aber seine Gedanken wandern wild umher. Die Zugfahrt nach Kiel, der beschämende Fernsehabend nach der SH-Wahl. Das Gesicht Ralf Stegners taucht auf und blockiert kurz den Fluss der Gehirnströme. Dann verfällt Martin Schulz in ein stummes Gespräch mit seinem zweiten Ich, dem Über-Schulz. Ein innerer Dialog entspinnt:

Is dat möglisch, dat misch dieser Strolch reinjelescht hat, dieser Hilfsschüler, dieser dämliche? „Machtin, wir brauchen dich! Du musst die Partei retten!“

Na na, damals warst du heilfroh, dass der Gabriel dir den Weg freigemacht hat! Wir hatten doch keinen Job mehr! Brüssel futsch! Steinmeier im Elysee. Was war denn die Alternative? Zurück zu Inge nach Würselen?

Außenminister! Dat hätt ich machen sollen. Andere wichtige Leute treffen, reden, ermahnen, winken. Immer im Fernsehen. Wie Genscher.
Ein Mal im Jahr Washington, einmal Moskau, einmal China. Das wär‘s gewesen. Und Brüssel, Rom, Paris und Warschau hätte ich mit dem Auto gemacht.

Und Israel?

So blöd wär ich gar nicht gewesen, da überhaupt hinzufliegen! Entweder ist die Partei sauer oder die Medien, da kannste nix gewinnen.
Nä, nä, den Job hat er sich selber geschnappt, dieser Dilettant, und jetzt versaut er mir mit seiner Blödheit auch noch meine Chancen bei der Kanzlerwahl.

Du kennst ihn lange genug und wusstest, dass er ein Risiko ist, du hättest ihn bis nach der Wahl in Erziehungsurlaub schicken sollen …

Er hat mir leid getan! Ich mit 100% gewählt, alle begeistert, da hätte ich ihn nicht einfach abservieren können …

Können? Müssen! Keiner hätte dem Kollateralschaden eine Träne nachgeweint in der Partei, jetzt hast du ihn am Hals. Und er hat noch viel Zeit, Mist zu bauen, da kannst du sicher sein.

An Schleswig-Holstein hat er ausnahmsweise keine Schuld, das hat der Albig ganz alleine versaut. Macht der den Scharping vor einer Wahl, ich fasse es nicht!

Und warum, denkst du, geht jetzt die Hannelore baden? Die führt mit der ‚Bunten‘ schließlich keine Beziehungsgespräche. Und so dumm wie der Sigmar ist sie auch nicht.

Ach, die Hannelore! Dat is ne Nette, aber die kann doch nicht mal ‘nen Campingplatz führen! Die hätte den Jäger sofort nach Silvester entsorgen müssen! Allerspätestens nach dem Amri! Gut, dat mit der Löhrmann hat sie fein einjetütet. Die Bilder, wie die vom Audi auf Elektro umsteigt an der Kreuzung vor der Veranstaltung! Diese Hohlmann! Dat hätte ich selber nicht besser hingekriegt.

Bist du sicher, dass das die Hannelore war?

Sicher nicht, aber schön wär‘s, das würde zeigen, dass sie Wahlkampf kann! Ich kann doch nicht alles alleine machen! Ich hab ihr gesagt, mach die letzten Tage Auftritte bei der Polizei! Ernstes Gesicht. Bessere Ausrüstung versprechen. Mehr Polizisten einstellen, Überstunden abbauen. Noch besser: Ne richtige Razzia irgendwo, Salafisten, Hooligans verhaften. Die üblichen Verdächtigen. Und dann noch ins Münsterland und den Woelki mitnehmen. Dat muss sie doch hinkriegen!

Hoffentlich thematisiert keiner ihre schönen Dienstreise nach Südamerika für 130.000 Euro! Und übrigens: Die Grünen sind so gut wie weg vom Fenster.

Na und? Regiert sie halt mit Laschet. Der macht doch auch alles mit! Wenn Hannelore das schafft, ist wieder alles offen, dann gehe ich voll auf Inhalte!

Inhalte? Was für Inhalte?

Gerechtigkeit. Bildung. Europa. Wirtschaft. Ich hab der Agentur schon gesagt, die sollen da mal was Frisches ausarbeiten. Und ich muss so schnell wie möglich den Macron einspannen …

…der ist ja zuerst mal bei der Merkel.

Weil er Geld will, das sie ihm nicht geben wird. Ich schon. Spätestens ab Juli könnte der mich dann hier bei der Wahl unterstützen. Deutsch-französische Freundschaft! Schmidt – Giscard d‘Estaing, Kohl – Mitterand, Schulz – Macron!

Das Telefon schellt und reißt den Kanzlerkandidaten der SPD aus seinen Träumen. „Chulz“, sagt er fast ein wenig beschwingt in den Hörer.