Tichys Einblick

Gerechtigkeit. Oder: Martin hebt ab

All den Pressestimmen zum Trotz: Bis jetzt läuft‘s doch prima für Martin: die Partei-Loser in Saarland, Schleswig Holstein und NRW entsorgt, der Weg ist frei für den Siegeszug, den wahren Schulz-Train. Schon erste Sensationsmeldungen aus dem Cockpit ...

Wundern Sie sich nicht, lieber Leser, wenn wir gleich zu Beginn mal eine Lanze für den Kanzlerkandidaten Martin Schulz brechen. Ja, es ist doch wahr, da lässt sich nicht drumherumreden: Martin Schulz steht für Gerechtigkeit. Ist es denn, bitte schön, nicht der Gipfel der Gerechtigkeit, wenn eine total unfähige Regierung wie die in NRW abgestraft und mit Schmackes abgewählt wird? Kaum einer, der nicht dachte: Ja, das Wahlergebnis war gerecht. Danke, Martin Schulz!

Jetzt werden Einige fragen: Was hat das mit Martin Schulz zu tun? Es war doch eine Landtagswahl. Es wäre ungerecht, seine Verdienste kleinzureden. Hat er, als 100%-Chef, Hannelore Kraft den Befehl gegeben, Ralf Jäger, den wohl größten Versager der NRW-SPD rechtzeitig in die ewigen beruflichen Jagdgründe zu schicken und stattdessen einen richtigen Sheriff einzusetzen? Nein. Hat er empfohlen, man solle den Kampf gegen einen gigantischen Sozialbetrug, die Identitäten-Vielfalt an den Sozialkassen thematisieren? Nein. Wider besseres Wissen hat Martin Schulz aus Würselen den Kraft-Akt für noch mehr Bildung, noch mehr Europa, noch mehr Migration und noch mehr Kriminalität unterstützt. Katholik Schulz weiß schließlich ganz genau: Zur Sünde gehört die Strafe – das nennt man Gerechtigkeit.

Jetzt, wo alle gesehen haben, dass Martin Schulz Gerechtigkeit kann, wird er die wichtigen Themen angehen. Das wussten doch alle in der Partei in Berlin, „ab morgen“, frohlockten sie schon am Sonntag im Fernsehen, werden die Ärmel hochgekrempelt, dann wird ZackZack ein Wahlprogramm entworfen, dann kommt Martins Hammer. Keine 48 Stunden nach der Ankündigung rufen die Herolde auch schon ins Land: „SPD will straffällige Ausländer „unverzüglich abschieben“!“

Wir wissen gar nicht, wo wir anfangen sollen. „Straffällige Ausländer“? Auch straffällige Asylbewerber? Auch die, deren Herkunftsländer sie expediert und auf keinen Fall zurück haben wollen? Wohin die ohne Pass? Und was heißt „unverzüglich“? Nach Verurteilung? Nach Absitzen einer Haftstrafe? Nach Ableisten der Sozialstunden? Und haben wir überhaupt genügend Transportkapazitäten, wo die Bundeswehr doch damit beschäftigt ist, täglich neue Migranten ins Land zu holen?

Auf jeden Fall will der Martin erst mal eine Million neue Polizisten einstellen in den nächsten hundert Jahren. Dann fühlt sich der Bürger wohl, und auch der Antifa gehen die Spielkameraden nicht aus. Da haben der Heiko und der Ralf drauf bestanden. Für Manu wird das alte Bratkartoffelverhältnis-Patchwork reaktiviert. Zwei Erwachsene plus Kinder im Mehrfamilienhaus, egal woher und wohin, werden steuerlich begünstigt.

Der Martin weiß auch schon, wo das Geld für seine Pläne herkommt. Die Partei der Medienschaffenden und Besserverdiener ab 3.000 € will die kleinen und mittleren Einkommen bis 3.000 € entlasten, alle anderen werden sich gerne mittels höherer Abgaben beteiligen. Sicher, sollte bei Herrn Google der Erbfall eintreten, stünde auch unser Finanzamt Gewehr bei Fuß. Leider sterben diese Herrschaften steuerbegünstigt woanders. Wer aber deutschsentimental ausgerechnet hier den Löffel abgeben will, wird ja wohl nichts mehr dagegen einzuwenden haben, dass seine goldenen Löffel größtenteils ans Vaterland gehen.

Politikwissenschaftlich kann jetzt eigentlich nichts mehr schief gehen. Zu den Stammwählern (30% ) kommen nun noch zehn Prozent von der AfD (wg. Law and Order per SPD) obendrauf, plus Europa-Kompetenz und fünf Prozent von den Grünen (wg. Trend- und Friedenspartei SPD) – Schulz ist so gut wie durch! Jetzt muss er nur noch total nett zum sensiblen Christian Lindner sein, der sich vom Laschet-Wahlkampf in NRW persönlich tief verletzt fühlte. Dann nimmt die Gerechtigkeit ihren Lauf. Ist die neue Statue fürs Willy-Brandt-Haus schon in Auftrag gegeben?

Vielleicht beim nächsten Mal: Wie Ralf Stegner und Heiko Maas den Zug noch stoppen könnten.