Tichys Einblick
Statt leerer Worte

Israel hat nicht viel von unserer Solidarität, aber wir haben etwas davon

Deutsche Politiker reden in Floskeln über die besondere Verpflichtung gegenüber oder gar Verantwortung für Israel. Wichtiger wäre es, sich klar zu machen, dass Deutschland nicht nur ein moralisches Interesse an einem starken Israel hat.

Israelische und die deutsche Flagge am Römer in Frankfurt am Main

IMAGO / Sven Simon

Ich kann es nicht mehr hören. Ich will das nicht mehr hören. Nicht in meinem Namen: Ich verbitte mir das substanzlose Geschnulze deutscher Politiker von der besonderen Verpflichtung gegenüber oder gar Verantwortung für Israel. Sie mögen sich darauf beschränken, per Stolperstein und Großdenkmal ihre innige Verbindung mit den von Deutschen einst ermordeten Juden zu demonstrieren, das haben sie jahrelang geübt, das sitzt. 

Mit lebenden Juden – oh, das ist schwierig! Besser schweigen über den zunehmend gewalttätigen Hass auf Juden hierzulande, schließlich hat man offenen Auges deren erklärte Feinde hunderttausendfach ins Land eingeladen. Im treuherzigen Glauben, Judenhass sei allein eine deutsche Spezialität? Was den Vorwurf des Antisemitismus betrifft: Der ist mittlerweile heruntergekommen zu einer Allzweckwaffe im Wahlkampf und hat mit tatsächlichem Antisemitismus oft nur noch wenig zu tun, im Gegenteil. Das empörte Anprangern jeder vermuteten sprachlichen Entgleisung lenkt so schön ab von den ganz handfesten Gefahren, die von Menschen ausgehen, die mit Judenhass sozialisiert wurden, und das sind eben nicht vor allem „die schon länger hier Lebenden“. 

Doch just vor denen, die „Sch… Juden“ skandierend durch die Straßen ziehn, geht man in die Knie. Da hat die eine oder andere Stadt die israelische Fahne aufgezogen, um an die Aufnahme diplomatischer Beziehungen vor 56 Jahren zu erinnern – und zieht sie wieder ein, weil sie von den aufmarschierenden meist muslimischen Judenhassern als Zeichen der Solidarität mit Israel missverstanden werden könnte. Wäre es das doch gewesen!

Das ist zum Speien.

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Wenn es also mit der praktischen Solidarität mit jüdischen Deutschen schon nicht klappt, wie soll dann die Solidarität mit Israel aussehen? Militärische Hilfe? Deutschland kann sich ja noch nicht einmal selbst verteidigen. Diplomatische Unterstützung? Durch unseren Durchblicker („beide Seiten“) im Außenamt? Durch kirchliche Würdenträger und andere Moralapostel, die ihr übliches „Frieden, Kinder!“ salbadern? Durch unsere Medien, in denen notorisch unterschlagen wird, wer (nicht nur) im derzeitigen Konflikt der Angreifer ist und wer sich verteidigt? Oder gar vor der UN? Dort stimmt Deutschland schändlicherweise notorisch für israelfeindliche Resolutionen. 

Vergessen wir’s also, das Geschwätz deutscher Politiker über Israel.

Im Verhältnis Deutschlands zu Israel geht es nicht nur um Moral. Es geht um Interessen. Reden wir doch endlich darüber, warum Israel für Deutschland ganz gegenwärtig und ganz zukünftig von Interesse ist: Es ist die einzige Demokratie im Nahen Osten – es ist das Tor zum Westen. Es ist, übrigens gerade in seiner Kriegsführung, ein westliches Land mit westlichen Werten – im Unterschied zu seinem Gegner, der sich, echt Guerilla, hinter dem Schutzschild der eigenen Zivilbevölkerung versteckt. Israel „Kindermörder“, wie es in den auch in Deutschland inszenierten Pallywooddramen immer heißt? Nein, Mörder sind diejenigen, die ihre Raketenabschussrampen auf Krankenhäusern installieren.

Israel ist, im Unterschied zu seinen reaktionären, frauenfeindlichen und homophoben Feinden, ein hochinnovatives Land, ein produktives Land. Doch das wesentliche: Es ist ein freiheitliches Land. 

Auf welcher Seite stehen wir also? Für uns, für unser Selbstverständnis ist das die wichtigste Frage. Israel hat nicht viel von unserer Solidarität. Aber wir haben etwas davon. Wir könnten von diesem Land lernen, dass man seine Freiheit und Lebensweise verteidigen muss, besonders gegen den Übergriff religiös munitionierter Fanatiker. 

Ach, und eines kann man jetzt schon tun: kein Geld mehr für die Feinde Israels – die Feinde auch unserer Freiheit. 

„Wenn die Palästinenser die Waffen niederlegen würden, wäre Frieden. Wenn die Israelis dies täten, gäbe es morgen kein Israel mehr.“ (Golda Meir)