Tichys Einblick
Einführung Frauenquote

CDU unterwirft sich auf dem Parteitag dem grünen Zeitgeist

Vergeblich argumentierten CDU-Frauen gegen die verbindliche Frauenquote. Friedrich Merz hat auf dem Parteitag erneut gezeigt, dass er keine Partei will, die selbstbewusst mit eigenen Vorstellungen das Land regieren möchte.

IMAGO / Political-Moments

Solange ich mit der CDU zu tun habe, hatte diese Partei ein Frauenproblem. Aber nicht ein solches, wie es anlässlich der Quotendebatte Linksausleger wie Karin Prien oder der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen als Schreckgespenst an die Wand gemalt haben. Das Frauenproblem der CDU war es, das sich einfach nicht genug Frauen für die Politik interessierten – oder durch ihre Lebenssituation auf politisches Engagement verzichteten.

Deshalb war die Situation ganz im Gegenteil eine solche, dass dann, wenn sich Frauen für die Politik in der CDU interessierten, diese zumeist auf Händen nach oben getragen wurden. Nicht nur Karin Prien ist eine solche Frau, die es auch ohne Quote geschafft hat, sich durchzusetzen.

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Die Reihe der Frauen, die in der CDU ohne jede Quote erfolgreich waren, ist weitaus länger als die Namen jener, die in Ministerämtern der Öffentlichkeit bekannt wurden. Frauen hatten nie ein Problem, in der CDU Karriere zu machen. Zumindest keines, das die Partei oder die berühmten alten weißen Männer zu verantworten gehabt hätten. Denn gerade den nicht selten mangels engagierter Frauen tatsächlich in der Mehrheit in den Gremien vertretenen Männern war stets bewusst, dass nicht nur für das Bild nach außen Frauen unverzichtbar waren. Auch die innerparteiliche Diskussion lebte davon, dass beide Geschlechter sich an ihr beteiligten.

So war es bereits in der Jungen Union der Siebzigerjahre selbstverständlich, dass die jungen Frauen gleichberechtigt in den Vorständen vertreten war. Keine dieser damals jungen Frauen – und kaum eine der älteren, die ich in späteren Jahren kennenlernte – sprach sich für eine Frauenquote aus. Emanzipierte und selbstbewusste Frauen hatten in der Union niemals Bedarf daran, sich über ein Quotenticket in ein Amt bringen zu lassen. Ganz im Gegenteil: Sie alle empfanden es als würdelos und beleidigend, sich durch eine Quote befördern zu lassen.

30 Jahre zu spät dem grünen Zeitgeist hinterhergelaufen

Trotzdem zeigte Friedrich Merz einmal mehr seine Unfähigkeit, der Partei mit klarer Führung voranzugehen. Unter dem Druck der vergrünten CDU-Oberen kam er nicht umhin, die Frauenquote auf dem ersten Präsensparteitag seit drei Jahren zur Debatte zu stellen.

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Die Diskussion darüber wurde beherrscht von den emanzipierten Frauen. Ob Alberta Lösing, die statt Quote ein Mentoring-Programm forderte, oder Andrea Kleve, für die eine Quote „das absolut untaugliche Mittel ist“. Ob Franca Bauernfeind oder Gitta Connemann – um nur einige wenige zu nennen –, sie alle plädierten an die Parteitagsdelegierten, gegen den Quotenvorschlag der Antragskommission zu stimmen. Deutlich wurde Landwirtin Juliane von der Ohe: „Wenn ich mir das Trauerspiel bei der Besetzung der Bundesregierung anschaue, dann kann ich nur gegen die Quote sein!“

Freya Gräfin Kerssembrock brachte das eigentliche Problem auf den Punkt. Nie habe sie ein Problem damit gehabt, ein Mandat zu erhalten. Dennoch stellte sich immer häufiger die Frage, ob sie nicht der Politik den Rücken kehren müsse, weil ihre Lebenssituation mit Beruf und Kindern es nicht mehr erlaubte, sich auch noch der Politik zu widmen. Sie habe sich deshalb an ihren Landesvorsitzenden gewandt und ihm die Situation erläutert – und es hätten sich Wege gefunden, die Arbeitsweise der Partei so zu verändern, dass sie Politik und Familie unter einen Hut bringen kann. Ihr Appell an die Delegierten: „Geben Sie mir nicht mit der Quote mehr Ämter – geben Sie mir die Gelegenheit, meinen Ämtern gerecht zu werden!“

Parteitagsmehrheit grenzt emanzipierte Frauen aus

Doch es half nichts. Die mehrheitlich männlichen Delegierten übten sich einmal mehr in traditioneller Obrigkeitshörigkeit und beschlossen mit Mehrheit ein verbindliches Quotenmodell bis 2029. Es geschah das, was Denise Bittner in der Debatte als unbedingt zu vermeidenden Offenbarungseid beschrieben hatte: „Jetzt kommen wir und machen das, was die Grünen, was die SPD, was die Linken machen.“ Das sei nicht nach vorn geschaut, sondern rückwärtsgewandt.

Es ist einmal mehr ein verzweifeltes Hinterherlaufen hinter einem linken Zeitgeist, den das pseudoemanzipatorische Trommelfeuer der vereinigten Linken nun einmal mehr der CDU aufgedrückt hat.

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Die Partei, die heute darunter leidet, dass nur 25 Prozent ihrer Mitglieder Frauen sind, und die vor allem in den Untergliederungen heute schon vor dem Problem steht, keine Frauen für die längst geltende 1-von-3-Quotenempfehlung zu finden, hat sich damit nun auch für künftige Generationen junger Frauen abgemeldet. Dabei hätte sie die Chance gehabt, mit geeintem Widerstand gegen den Quotenunsinn ein deutliches Zeichen für ihre angeblichen Ziele einer modernen, leistungsorientierten und gleichberechtigten Gesellschaft zu setzen. Doch es bleibt dabei: Solange der lange Schatten der Unionszerstörerin Merkel über der Partei schwebt, bleibt die Partei von Konrad Adenauer und Helmut Kohl nichts anderes als ein sozialistisch entstelltes Schattenbild früherer Größe.

Der frühere Hoffnungsträger Merz hat einmal mehr unter Beweis gestellt, dass er nicht nur nicht die Vergangenheit, sondern auch nicht die Zukunft einer Partei repräsentiert, die selbstbewusst mit eigenen Vorstellungen das Land regieren möchte.

Die linken Protagonisten in und außerhalb der Union wird es freuen: Nachdem nun bereits die FDP ins rotgrüne Lager übergelaufen ist, besteht für die CDU weder dort noch bei den Konservativen weiterer Bedarf. Was überaus bedauerlich ist, denn das grünrotgelbe Regierungsdesaster hätte einer kraftvollen, selbstbewussten und bürgerlichen Opposition dringend bedurft. Doch ein selbstgewähltes Schicksal sollte man nicht bedauern. Auch wenn für emanzipierte Frauen das Feld politischer Betätigung in der grünen Republik nun noch kleiner geworden ist.

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