Tichys Einblick
METZGERS ORDNUNGSRUF 37-2019

Das Auto wird genutzt, weil es notwendig ist

Noch nie fuhren so viele Pkw auf unseren Straßen. Spiegel online, das Organ des Grünen Zeitgeists, klagt irritiert: „Deutschland im Autorausch“.

Getty Images

Die Pkw-Dichte in Deutschland wächst weiter. In dieser Woche musste Spiegel online (SPON) in einer auf die Landkreise heruntergebrochenen deutschlandweiten Auswertung aktueller Daten des Kraftfahrtbundesamts sowie des Statistischen Bundesamts fast kleinlaut einräumen: Die Zahl der zugelassenen Pkw in Deutschland ist Anfang 2019 auf ein absolutes Rekordniveau angewachsen: auf 567 Pkw je 1.000 Einwohner. Im Jahr 2008, also zehn Jahre zuvor, waren es erst 501 Pkw. Selbst der Zulassungseinbruch in Europa im August dieses Jahres (-8,4 Prozent) ging an Deutschland (-0,8 Prozent) fast spurlos vorüber. Dabei hatten die Zulassungszahlen im August 2018 förmlich geboomt, weil die Fahrzeughersteller vor der Umstellung des Abgasprüfverfahrens mit einer Rabattschlacht ihre „altgeprüften“ Fahrzeuge in den Markt gedrückt hatten.

Angesichts der überaus kritischen medialen Debatte um die Zukunft des Autos, seiner pauschalen Verdammung als „Dreckschleuder“, immer mehr innerstädtischen Fahrverbotszonen und der jüngsten Generalattacke auf große und schwere SUVs ist SPON auch darüber irritiert, dass laut einer von der Plattform des links-grünen Zeitgeists selbst in Auftrag gegebenen Umfrage drei Viertel aller Befragten ein eigenes Auto weiterhin „auf jeden Fall“ (47,6 Prozent) oder „eher“ (27,5 Prozent) für notwendig halten. Selbst bei sehr jungen Menschen, wundert sich SPON, ist die Zustimmung zur Autobesitz-Notwendigkeit mit 62,6 Prozent nicht fundamental niedriger. Wenn man sich die Dauerattacken, die SPON und zahlreiche Leitmedien seit Jahren gegen das Automobil inszenieren oder die kritische Begleitmusik zur Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) in Frankfurt vergegenwärtigt, dann bleibt fast nur der Schluss, dass sich die private Meinung vieler Bürger wenig bis kaum darum kümmert, was ihnen medial eingehämmert werden soll.

Das Auto wird von vielen Bürgern schlicht und einfach als notwendig empfunden. Unsere ganze Siedlungsstruktur mit der flächenhaften Verteilung von Arbeitsplätzen, Einkaufszentren und Freizeiteinrichtungen basiert auf der automobilen Mobilität. Auf Straßen erreicht man in kalkulierbarer Zeit ohne Umstiege gemeinsam mit Freunden oder Familie und jeder Menge Gepäck so gut wie jedes Ziel im Land. Niemals werden öffentliche Verkehrsmittel zu vertretbaren Kosten eine solche bequeme Flächenabdeckung erreichen. Doch dieses Faktum scheinen nicht nur viele Grüne Politiker auszublenden, sondern inzwischen hat der Auto-Bashing-Virus selbst Einzug in die Köpfe mancher Unionspolitiker gehalten.

Gegen den Megatrend einer automobilen Gesellschaft anzukämpfen, die vom Fahrzeugbau außerdem seit Jahrzehnten ökonomisch glänzend lebt, wird auch aus zwei soziologischen Gründen extrem schwierig. Die Generation, in der vor allem Frauen überhaupt keinen Führerschein besaßen, stirbt aus. Und die steigende Lebenserwartung von Autofahrern beiderlei Geschlechts (sofern man das so noch formulieren darf) mit ihrer altersbedingt eingeschränkteren Beweglichkeit wird das Auto für lange Zeit zum Maß der individuellen Mobilität machen.

Wer aus Klimaschutzgründen einen Kreuzzug gegen das Auto schlechthin entfacht, wird diesen verlieren, weil das die Bewegungsfreiheit von Abermillionen Menschen (und Wählern) einschränken würde. Die Klimaschützer sollten vernünftigerweise lieber mit einer technologieoffenen Politik, die von Verboten und E-Mobilitätsvorgaben absieht, dafür sorgen, dass mit synthetischen Kraftstoffen und/oder der Wasserstofftechnologie der Treibhausgas-Ausstoß des Autos weiter gesenkt wird. Dass moderne Pkw schon lange keine Dreckschleudern mehr sind, was ihre Abgasemissionen betrifft, sollte bekannt sein. Das batteriebetriebene Elektroauto dagegen ist in seiner Gesamtschau alles andere als ein ökologisches Vorbild. Womöglich ist der geächtete Verbrennungsmotor mit sauberen Kraftstoffen eben kein Auslaufmodell, sondern auch in Zukunft ein Wertschöpfungsgarant für die deutsche Volkswirtschaft.

Das Auto wird bleiben, weil es für viele einfach nicht ersetzbar ist. Dem Grünen Zeitgeist zum Trotz!