Tichys Einblick
Gefährliches Demokratiemissverständnis

Belehren und Drohen, wie Bürger zu wählen haben

Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) will den Wählern Brandmauern verordnen, damit sie nicht die Falschen wählen. Stattdessen soll eine Wiederauflage der Nationalen Front à la DDR das Erstarken der Alternative für Deutschland abwehren.

IMAGO
Die Ampelregierung von SPD, FDP und Grünen baut Murks am laufenden Band, ersinnt freiheitsfeindliche Heizungsgesetze, plant verfassungswidrige Haushalte, und die genervten Bürger wehren sich mit ihrem Protest an den Wahlurnen. Kein Wunder, denn kein Kanzler war jemals unbeliebter als der gegenwärtige von der SPD. Nur jeder fünfte Bundesbürger ist laut ARD-Deutschlandtrend von Infratest mit der schlechten Arbeit von Olaf Scholz überhaupt noch zufrieden.

Was hilft einer versagenden Politik, um von ihrem Pfusch abzulenken? Richtig – es müssen Angst und ein Feindbild geschürt werden. Zu solchen agitatorischen Maßnahmen griffen früher schon die Regierungen der sozialistischen Staaten. Der Feind stand rechts und kam aus dem Westen.

Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) scheint sich an diese bewährten sozialistischen Methoden zu erinnern, wenn sie angesichts eines Erstarkens rechter Kräfte insbesondere in Ostdeutschland vor der Gefahr politischer Instabilität warnt. „Wenn ich auf die aktuellen Umfragen blicke, machen mir insbesondere die Landtagswahlen im September 2024 in drei ostdeutschen Bundesländern Sorge“, verbreitet die SPD-Politikerin über eine Nachrichtenagentur. „Es könnte dort tatsächlich schwer werden, überhaupt stabile Regierungen zu bilden.“

Wer falsch wählt, ist für SPD-Politiker ein „Demokratieproblem“

Wenn die Bürger dort nicht so wählen, wie Bas es will, drohe ein „echtes Demokratieproblem“, sollte nach den Wahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg keine mehrheitsfähige Koalitionsbildung möglich sein, warnt Bas. Soso.

Die SPD kassiert in ihrem früheren Kernland Hessen mit 15,1 Prozent das schlechteste Wahlergebnis aller Zeiten. Die dafür verantwortliche Spitzenkandidatin Nancy Faeser bleibt weiter frech Bundesinnenministerin. In Bayern wie im Osten mutiert die SPD zur einstelligen Prozentpartei.

Die Wähler protestieren mit ihrer Stimme für die Alternative für Deutschland gegen die schlechte Landes- und Bundespolitik. In drei ostdeutschen Ländern liegt die AfD derzeit in Umfragen klar auf Platz eins, mit Werten von zum Teil mehr als 30 Prozent.

Doch aus dem politischen Versagen ihrer Eilten bei grüner Energiezwangspolitik und ungebremster Asyleinwanderung will die Bundestagspräsidentin partout nichts lernen. Einfach weiter so, auch wenn es die hart arbeitenden Bürger genau so nicht wollen.

Unbeirrt ruft die 55-jährige Bas jetzt die sogenannten Parteien der Mitte zur Zusammenarbeit auf, darunter zählt sie sicher auch die SED-Erben alias PDS alias Linke. Für Bas gerät jetzt selbst eine undemokratisch im Amt gehaltene rot-rot-grüne Minderheitsregierung wie in Thüringen ins Schlingern. „Eine Minderheitenregierung ist bereits herausfordernd, wenn es im Parlament nur konstruktive Fraktionen gibt“, glaubt die Parlamentspräsidentin. „Umso schwieriger wird es, wenn Kräfte dabei sind, die immer aktiv dagegen arbeiten – dann droht ein echtes Demokratieproblem.“ Aha.

Demokratie ist Wahlfreiheit, Frau Bas, auch wenn Ihnen die Ergebnisse nicht passen. Aber keine Demokratie ist es, wenn eine Bundeskanzlerin wie Angela Merkel (CDU) anordnet, die demokratische Wahl des kurzzeitigen Thüringer Ministerpräsidenten Thomas Kemmerich (FDP) mit AfD-Stimmen rückgängig zu machen, um am Ende einen linken Minderheits-Ministerpräsidenten Bodo Ramelow an der Macht zu halten.

Doch daraus will Bas nichts lernen. Im Gegenteil: Die sogenannten demokratischen Kräfte müssten sich gemeinsam bemühen, dies abzuwenden. „Die Fähigkeit zum fraktionsübergreifenden Kompromiss zeichnet uns aus – und ich hoffe sehr, dass das so bleibt“, appelliert die SPD-Politikerin. „Denn wenn wir keine Kompromisse mehr finden, wächst die Gefahr instabiler Regierungen.“ Also lieber ein einheitlicher Parteienbrei statt unterschiedlicher Richtungen.

Damit nicht genug: Nach Drohungen folgen Belehrungen der Wähler. Die Sozialdemokratin warnt vor einer leichtfertigen Stimmabgabe für undemokratische Parteien. „Populisten sind in vielen Ländern auf dem Vormarsch, das beunruhigt mich – für unsere Demokratie als Ganzes.“ Linke Populisten beunruhigen die Sozialdemokratin natürlich nicht.

Schließlich weiß sie genau Bescheid: „Da sind auch Kräfte dabei, die unsere Demokratie komplett abschaffen wollen. Das sollte jedem klar sein.“ Also gefälligst aufgepasst, Wahlbürger!

Politikversagen
Gegen das große Vergessen
Genau diese arrogante Haltung von Politikern und Eliten vor allem gegenüber Ost-Bürgern kritisiert Bestsellerautor Dirk Oschmann, eher „linksgrün versifft“, wie er sich ironisch selbst beschreibt: „Wenn der Osten dann einmal alle vier oder fünf Jahre bei den Wahlen die wirkliche Chance auf demokratische Mitbestimmung erhält, dann ist das Geschrei in den Medien und den gesellschaftlichen Eliten groß. Sonst interessiert sie der Osten so sehr wie die Rückseite des Mondes.“

Nur so kann man die Drohungen und Belehrungen der Bundestagspräsidentin verstehen. Die falsche Politik der Ampel soll keinesfalls durch korrigierendes Wählen bestraft werden.

Ein kritischer Geist der Politik wie der frühere NRW-Fraktionschef der FDP, Gerhard Papke, verurteilt die präsidiale Stigmatisierung: „Die SPD-Bundestagspräsidentin Bas warnt vor einem Demokratieproblem nach den Landtagswahlen im Osten. Unsinn. Ein Demokratieproblem entsteht durch das Versagen von politischen Parteien, die ihre Ideologie gegen den Willen und die Interessen des eigenen Volkes durchboxen wollen!“

Überhaupt besitzt Frau Bas ein gefährliches Demokratiemissverständnis wie schon Ex-Kanzlerin Merkel, als sie 2020 die demokratische Ministerpräsidentenwahl in Thüringen als „unverzeihlich“ rückgängig machen ließ. Scharfe und deftige Kritik an den Regierenden sind für die SPD-Politikerin im Amt der Bundestagspräsidentin im Grunde nicht erlaubt, selbst wenn sie so viel Mist bauen, wie die Ampelregierung unter Bundekanzler Olaf Scholz (SPD), Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) oder Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) mit ihrem verfassungswidrigen Bundeshaushalt, für den sie wochenlang keine Lösung gefunden haben.

Ausgerechnet hier zeigt sich Bas über den Stand der Debattenkultur im Bundestag besorgt: „Es gibt eine Verrohung der Debatte, vor allem im Plenarsaal und in den sozialen Medien“, kritisiert die Parlamentspräsidentin. „Auch lautes höhnisches Gelächter ist kein Beitrag zu einer konstruktiven Debatte“, klagt sie in Anspielung auf einen Vorfall während der Regierungserklärung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Bundestag.

Mann, Mann, Mann, Frau Bas: Gelächter, laute Kritik und Einwürfe gehören zu einer kernigen Debatte. Sie werden von uns Steuerzahlern auch dafür bezahlt. Aber Sie wollen wohl eine DDR-Volkskammer, die brav zu allem politischen Unsinn einheitlich und unkommentiert die Hand hebt?

Diese Haltung ist nicht neu: Schon Alt-Bundespräsident Joachim Gauck wollte 34 Jahre nach dem Mauerfall offensichtlich freiheitsfeindliche Methoden des Sozialismus in die Demokratie wieder einführen.

Sein Vorschlag zu Ausgrenzung und Boykott der AfD bedeutete nichts anderes als die Wiedereinführung der in der DDR bewährten Nationalen Front, eine Zwangsversammlung aller Parteien für den einzig richtigen, sozialistischen Staat. In den verbreiteten Einheitsnachrichten hieß das im Oktober so: „Der frühere Bundespräsident schlägt ein breites Parteien-Bündnis gegen die AfD vor.“

Von einer freiheitlichen und demokratischen Debattenkultur fern jeglicher Indoktrination hält auch die Sozialdemokratin und Bundestagspräsidentin offensichtlich nichts. Bürger belehren und ihnen drohen, wenn sie das aus ihrer Sicht Falsche wählen, scheint der Politikstil von Bärbel Bas zu sein. Dabei hat sie selbst gerade im Bundestag ihre Kollegen an deren Vorbildfunktion erinnert.

Bärbel Bas ist kein Vorbild für die Demokratie

Bas selbst mag mit ihren jetzigen Drohungen kein Vorbild sein, anders kann ein aufmerksamer Beobachter diesen autoritären Politikstil einer Sozialdemokratin nicht bewerten. Denn sie spricht mit gespaltener Zunge. Schließlich mahnte sie im Bundestag noch im September: „Wir können Menschen für Politik begeistern, sie zur Mitwirkung einladen und zu politischem Engagement inspirieren.“ Das werde aber nur funktionieren, wenn die Debatten im Plenum des Bundestags sachlich und respektvoll geführt werden.

Mit Drohen und Belehren werden sie jedenfalls keine Bürger begeistern, Frau Bas. Im Gegenteil: Sie haben sie dazu aufgerufen, nun erst recht Protest zu wählen, gegen eine abgehobene und elitäre politische Klasse, die eine Nationale Front gegen politische Gegner organisiert. Die Alternative für Deutschland kommt daher vielen recht, trotz ihrer Rechtsausleger, weil sie die Folgen der grünen Energie- und Wirtschaftspolitik, Ausländerkriminalität oder die der grenzenlosen Asyleinwanderung anspricht. 85 Prozent potenzieller AfD-Wähler ist es laut Infratest inzwischen in Bayern egal, ob die AfD in Teilen als rechtsextremistisch gelten soll, weil sie eben die richtigen Themen anspreche.

Man muss die AfD nicht mögen, aber sie gehört samt ihrer größer werdenden Wählerschaft zum demokratisch gewählten Spektrum Links, Mitte, Rechts. Das haben wahre Demokraten zu akzeptieren. Ausgrenzen und „Brandmauern“ seien undemokratisch, das haben Medien und linksliberale Politiker im Fall der Teilhabe von SED-Rechtsnachfolgern immer ins Feld geführt. Doch jetzt soll das alles nicht mehr gelten.

Dabei hat die SPD von Frau Bas ja schon vier Jahre nach dem Ende des DDR-Regimes mit den Rechtsnachfolgern der SED alias PDS alias Linke in einer rot-grünen Minderheitsregierung in Sachsen-Anhalt paktiert. Politische Instabilität haben die Sozialdemokraten damit sogar riskiert, nur um dem Kanzler der Deutschen Einheit Helmut Kohl (CDU) und seiner schwarz-gelben Regierung in Bonn zu schaden. Sozialdemokraten wie Frau Bas haben halt auch heute kein moralisches Gewissen.

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