Tichys Einblick
Ablösung der Fossilen Energieträger

Wann sind Erneuerbare Energien so weit?

Fiktive Bilanz eines Ausstiegs aus den Fossilen Energieträgern á la „Fukushima" von Professor Dr. Günter Pusch.

Ich habe aus den neuesten Veröffentlichungen über Energiebedarfsprognosen der Internationalen Energieagentur  2015 recherchiert, welche Auswirkung ein spontaner Ausstieg, entsprechend dem Rückzug von der Kernenergie in Deutschland, auf die Versorgungslage weltweit haben würde.

Ablösung der Fossilen Energieträger

  • Grundlage der Erhebung ist der „World Energy Outlook (WEO) 2015“ der Internationalen Energie Agentur (IEA).
  • Hier wird ein Szenario der globalen Energieversorgung untersucht, das einen politischen Konsens für ein neues Klimaprotokoll in Paris 2015 zu Grunde legt.
  • Diese Szenario heißt „New Policies Scenario“ und setzt auf die Einhaltung freiwilliger Einschränkungen der Industrie- Schwellen- und Entwicklungsländer bei der „Dekarbonisierung“ der Primärenergieversorgung.
  • Dieses „Scenario“ kann kann mit dem Istzustand in Deutschland vergleichen und auf den „Rest der Welt“, angepasst an die Wirtschaftsstärke der Länder, übertragen.
  • Details sind aus der nachfolgenden Folie in der Originalform zu entnehmen.

Die Ölpreis-Entwicklung spielt naturgemäß eine weiter große Rolle.

Der Energiebedarf ist die Größe, welche Politik nicht einfach vorgeben kann.

Resümee der WEO 2015 Primärenergiebedarfsprognose

  • Heute und in naher Zukunft muss der Primärenergiebedarf zu mehr als 75 % aus dem Bereich der Fossilen Energieträger gedeckt werden.
  • Bei Kohle und bei Öl ist ein langsamerer Anstieg und eine nachfolgende Nivellierung nach dem Szenario der „New Policies“ zu erwarten.
  • Die Zunahme des Bedarfs durch den Bevölkerungsanstieg wird durch die Erdgasproduktion gedeckt.
  • Die höchste Zuwachsrate bei den Erneuerbaren Energien haben die Windkraft und Sonnenenergie, den höchsten Anteil aber die Energie aus Biomasse.
  • Der Anteil der Kernenergie in den Industriestaaten sinkt, wächst aber in den Schwellen-/ Entwicklungsländern und bleibt prozentual vernachlässigbar niedrig.

Welche politische Institution soll auf die regionalen Unterschiede einwirken können?

Erneuerbare Energien: Das Tempo ihres Wachsens kann niemand anordnen.

Für Produktion und Gebäude werden unterschiedliche Verläufe erwartet.

Die Erbeuerbaren bleiben ein Subventionsfall.

Der Kapitalbedarf zur Entwicklung steigt bis 2030 und fällt danach langsam.

Der durchschnittliche Jahres-Kapitalbedarf spiegelt das Tempo in den Regionen.

Zwischenbilanz

  • Weltweit könnten die Erneuerbaren Energieträger bis 2040 einen Stromanteil von 35 % erreichen, sofern die Wettbewerbsfähigkeit auf einem regulierten Markt verbessert werden kann.
  • Auf dem Wärmesektor lassen sich die Fossilen nur schwer ersetzen. Der Anteil der Erneuerbaren erreicht bei Industriewärme 12 % und im Haushaltssektor 17 %
  • In der Gesamtbeurteilung bleibt der Anteil der Erneuerbaren trotz nachhaltiger Investitionen von rd. 200 Mrd. US Dollar pro Jahr bei 18 % des Primärenergiebedarfs (Vision 28 %).
  • Die Hauptlast der Erneuerung liegt dabei auf Europa, den USA, Japan und China. Windenergie leistet den höchsten Anteil, gefolgt von Photovoltaik und Wasserkraft.

Als „Worst Case“ wurde hier für alle 3 Energieträger die gleiche „Decline“- Funktion zu Grunde gelegt.

Auswirkung eines spontanen Ausstiegs aus den Fossilen

  • Ein spontaner Ausstieg aus der Versorgung mit Fossilen Energieträgern, wie in Deutschland aus der Kernenergie nach der Fukushima Katastrophe hätte einen Investitionsrückgang/-stopp in der Entwicklung dieser Ressourcen zur Folge.
  • Die IEA hat recherchiert welcher Produktionsabfall in der Ölförderung danach auftreten könnte.
  • Für die Erdgasversorgung ist ein, durch langfristigen Lieferverträge bedingter, langsamerer Abfall der Produktion zu erwarten. Ebenso bei Kohle mit der höchsten Preisflexibilität.
  • Als „Worst Case“ wurde hier für alle 3 Energieträger die gleiche „Decline“- Funktion zu Grunde gelegt.
  • Daraus folgend wurden die auftretenden Versorgungslücken der Fossilen für die bekannten Absatzmengen in den Bereichen Verkehr, Wärmeversorgung und Industrieproduktion bestimmt und die Zeitdauer bis zum Versorgungsende ausgerechnet.
  • In der Realität müssten die nationalen Sicherheitsreserven und die Auswirkung eines rapiden Preisanstieges der Fossilen Energieträger in die Bilanz einbezogen werden.

Die Einstellung der Investitionen in die fossilen Energieträger Kohle, Erdöl und Erdgas würde in kurzen Zeitabfolgen von ein bis zwei Jahren zum Kollaps des Verkehrs, der industriellen Wärmeversorgung und Industrieproduktion und zuletzt auch der Wärmeversorgung der Haushalte führen.

„Lessons Learned“

  • Eine wachsende Weltbevölkerung, die unseren Planeten und seine endlichen Ressourcen nicht selbstzerstörerisch nutzen will, kommt an einer Reduzierung des Kohlendioxidausstoßes in die Atmosphäre nicht vorbei.
  • Der Weg der „Dekarbonisierung“ ist eine Einbahnstraße und kann in der Auswirkung auf die Weltwirtschaft, die diesen Weg finanzieren muss und auf die Weltbevölkerung, deren Wohlstand und Frieden durch Ausgleich politisch gesichert werden muss, nur schrittweise erfolgen.
  • Derzeit lässt sich nur ein Sektor als ansatzweise gelöst betrachten. Die Stromversorgung kann in fast allen Industrie und Schwellenländern über Photovoltaik und Windenergie bzw. Wasserkraft bis zu 35 % beim Kohlendioxidausstoß entlastet werden (Vision 50 %).
  • Für die Wärmeerzeugung, den Verkehrssektor und die Petrochemie stehen noch keine Patentlösungen, die wirtschaftlich eingesetzt werden können, zur Verfügung. Hier ist noch ein weiter Weg der Forschung und Technologieentwicklung zu beschreiten. Das betrifft insbesondere die Labor- und Prototypenentwicklung bis hin zur Serienreife auf den Gebieten der Energiespeicherung, Energiewandlung (Brennstoffzelle) und den Ersatz der Grundstoffe für die Petrochemie (Kunststoffe). Dieser Zeitraum beträgt in der Regel 10 bis 15 Jahre. Weitere Fortschritte sind bei der Energie- einsparung und der Erhöhung der Energieeffizienz erforderlich.
  • Auch wenn alle diese Voraussetzungen für eine Ablösung der Fossilen Energieträger erfüllt werden können, sind diese für eine Übergangszeit (im Minimum 35 Jahre) unersetzlich. Daher kein Harakiri wie nach Fukushima!