Tichys Einblick
Kein Klimaschutz ist der bessere Klimaschutz

Der Mensch kann mit dem Klimawandel sinnvoll umgehen

Wir seien unterwegs auf dem „Highway zur Klimahölle“, sagte UN-Generalsekretär António Guterres zur Eröffnung der diesjährigen Klimakonferenz in Ägypten. Die Daten widersprechen. Der Menschheit geht es immer besser, das Klima hat darauf längst keinen Einfluss mehr.

Symbolbild

IMAGO / Gottfried Czepluch

Der Menschheit geht es gut und ihre Lage verbessert sich stetig. Neben dem anhaltenden Wachstum der Population belegen dies vor allem der zunehmende Wohlstand und die steigende Lebenserwartung, zu der Fortschritte aus Bereichen wie Ernährung und Gesundheit beitragen. Diese positiven Trends gelten nicht nur im globalen Mittel, sondern in allen Weltregionen gleichermaßen. Milliarden Individuen haben in den letzten Jahrzehnten Abschied von Armut und Hunger nehmen können und sind Teil einer sich immer stärker herausbildenden globalen Mittelschicht geworden. Mit Ausnahme mancher afrikanischer Staaten südlich der Sahara gibt es schon jetzt im Grunde nur noch industrialisierte Länder mit starken und wachsenden Dienstleistungssektoren und solche, die es in wenigen Jahren sein werden.

Als Indikator dafür mag eine Zahl herhalten, die diese Dynamik besonders verdeutlicht. Verfügten noch im Jahr 1960 allein die USA und die Sowjetunion über die Option, Infrastrukturen im Erdorbit zu errichten, betreiben mittlerweile 53 Staaten eigene Satelliten im All.

 

Die menschliche Expansion schreitet in allen Aspekten – räumlich, technisch, ökonomisch und kulturell – unaufhaltsam voran. Phasen der Stagnation oder gar des Rückschritts sind meist regional begrenzt und immer nur vorübergehend. Als ursächlich für diese Krisen lässt sich in jedem Fall menschliches Handeln identifizieren. Bewaffnete Konflikte von Aufständen bis hin zu Kriegen sind zu nennen, aber auch politische Fehlsteuerungen, die zu schweren Wirtschaftseinbrüchen führen oder die Entfaltung von Produktivkräften gleich ganz verhindern.

Irrwege, auf die sich sogar demokratisch verfasste und marktwirtschaftlich organisierte Gemeinwesen mitunter begeben, wie das Beispiel Deutschland zeigt. Hierzulande bremsen derzeit die Nachwirkungen völlig nutzloser Corona-Maßnahmen und eine ideologiebasierte Zerstörung der Energieversorgung das weitere Fortkommen. Aber was auch immer für welchen Zeitraum auch immer einzelne Länder zurückwirft, ob Protektionismus, Planwirtschaft, Freiheitseinschränkungen oder Unterdrückung, ein Faktor macht sich in den Zeitreihen über den Zustand der Lebensbedingungen und das Wohlergehen der Menschen nie bemerkbar: der Klimawandel.

Der Klimawandel ist irrelevant

Das Leben meiner Großmutter, in dessen Verlauf sich gemäß der verfügbaren Messungen die Temperatur der bodennahen Luftschichten um etwa ein Grad erhöht hat, verdeutlicht die Irrelevanz klimatischer Veränderungen beispielhaft. Als sie geboren wurde, herrschte Kaiser Wilhelm II. über das Deutsche Reich, zum Zeitpunkt ihres Todes war Angela Merkel Kanzlerin der Bundesrepublik. Sie hat wirtschaftliche, soziale und politische Umbrüche sondergleichen erlebt, unterlegt von einem ununterbrochenen Strom an Innovationen. Sie, die in einem Haushalt aufwuchs, der noch nicht einmal über elektrisches Licht verfügte, konnte schließlich nur wenige Jahrzehnte später wie selbstverständlich in ein Flugzeug steigen, um in Spanien ihren Urlaub zu verbringen. Nur die Erderwärmung hat sie nie wahrgenommen.

Das verbindet sie bis heute, über ihren Tod hinaus, mit nahezu allen anderen Menschen auf diesem Planeten. Kaum jemand leidet wirklich unter klimatischen Veränderungen, denn für kaum jemanden sind diese von Bedeutung. Alles andere ist wichtiger.

Was nicht überrascht in Bezug auf eine Spezies, die längst jede Klimazone des Planeten erobert hat und überall gedeiht, von Helsinki bis Singapur, von Anchorage bis Rio de Janeiro. Durch Technologie ist es dem Menschen gelungen, sich umfassend von der Willkür einer gleichgültigen Umwelt zu emanzipieren. Worauf neben der Überwindung der Limitierungen eines äußerst kargen natürlichen Ressourcenangebotes vor allem die Neutralisierung der destruktiven Kräfte ungünstiger Wetterbedingungen einzahlt. Da der Klimawandel selbst im Extremfall auch nicht mehr als schlechtes Wetter zu bieten hat, kann man ihn also getrost ignorieren.

Die Klimaforschung scheitert schon beim aktuellen Wetter

Natürlich ist „Klima“ definiert als langjähriges statistisches Mittel unterschiedlicher Wetterwerte wie Temperaturen, Niederschlagsmenge oder Luftfeuchtigkeit, aber diese spürt man nicht. Wahrnehmbar ist lediglich die momentane Situation in ihrer Unbeständigkeit, in Stunden oder gar Minuten schwankend zwischen warm und kalt, windstill und böig, regnerisch und trocken. Und im Gegensatz zu Mittelwerten, die sich mit hoher Verlässlichkeit über Jahrzehnte im Voraus kalkulieren lassen, sind eben diese konkreten Ausprägungen des Wetters kaum über mehrere Tage vorhersehbar.

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Die Klimaforschung, deren aktueller Wissensstand alle paar Jahre in den Sachstandsberichten des IPCC zusammengefasst wird, vermag daher recht verlässlich einen Anstieg der mittleren globalen Temperatur um weitere ein bis zwei Grad bis zum Ende des Jahrhunderts zu prophezeien, aber was daraus lokal folgt, bleibt offen. Hier helfen lediglich Plausibilitätsbetrachtungen und eher instinktiv vorgenommene Einschätzungen, die letztlich nicht mehr als steigende Risiken für das Eintreten von Ereignissen oder das Fortschreiten von Prozessen aufzeigen, mit denen die Menschheit seit jeher konfrontiert ist.

Der Meeresspiegel etwa steigt schon seit der letzten Eiszeit, was allerdings niemanden auch außerhalb der Niederlande daran hindert, dem Ozean neues Land abzutrotzen. Spätestens seit der Industrialisierung sind außerdem keine Hafenstädte oder Inseln mehr im Wasser versunken. Wer Schreckensbilder dieser Art zeichnet, scheint von Wasserbau und Küstenschutz nicht viel zu verstehen. Es wird mehr warme und weniger kalte Tage geben, was nur von Vorteil ist. Klimatisierung, die problemlos von Innenräumen auf Außenbereiche, ja auf ganze Städte ausgedehnt werden kann, kompensiert Hitzewellen. Gegen Trockenheiten und Dürreperioden helfen künstliche Bewässerung und der Einsatz resilienter Nutzpflanzen.

Über Wassermangel als Bedrohung auf einem Planeten zu schwadronieren, der zu zwei Dritteln von Wasser bedeckt ist, erscheint ohnehin wenig nachvollziehbar. Ein Land wie Israel deckt bereits 70 Prozent seines Trinkwasserbedarfs aus der Meerwasserentsalzung. Bei Stürmen erkennt das IPCC keinen Trend, diese könnten an Zahl sogar abnehmen, da die vorwiegend nachts, auf der Nordhalbkugel und im Winter stattfindende Erderwärmung die Temperaturdifferenzen zwischen nördlichen und mittleren Breiten reduziert. Auf Starkregen lassen sich Infrastrukturen problemlos ausrichten.

Punkt für Punkt erscheint die Furcht vor dem Klimawandel vor allem einem Mangel an Zutrauen in die Anpassungs- und Abwehrfähigkeit menschlicher Gemeinwesen geschuldet. Am Wetter kann man nichts ändern, Extreme kommen vor, überall, schon immer und völlig unabhängig vom Kohlendioxid-Gehalt der Atmosphäre. Aber ihre Auswirkungen sind immer besser beherrschbar.

Kein Klimaschutz ist der bessere Klimaschutz

Einer Lebensmittelproduktion, die nicht mehr unter freiem Himmel stattfindet, sondern zunehmend in Treibhäusern, Ställen, hydroponischen Agrarfabriken oder gar in Bioreaktoren, kann die Witterung völlig egal sein. Sie funktioniert sogar auf Mond, Mars und Asteroiden, deren Klima wirklich lebensfeindlich ist. Eine Flut wie im Ahrtal ist letztlich unvermeidbar. Früher oder später wäre sie ohnehin gekommen, ob mit oder ohne Klimaschutz. Und es war eben nicht der Klimawandel, der eine frühzeitige Warnung, die Mobilisierung von Einsatzkräften und gezielte Evakuierungsmaßnahmen verhinderte, die die Menschen hätten retten können.

All dies und mehr ist den Fachwissenschaftlern, ist insbesondere dem IPCC durchaus bewusst. Deswegen finden sich im ganzen Bericht auf Tausenden von Seiten die Begriffe „Klimakatastrophe“ oder auch nur „Klimakrise“ kein einziges Mal. Ganz im Gegenteil zeigt nicht eines der durch das IPCC veröffentlichten Szenarien eine Verschlechterung der Lebensbedingungen der Menschen. Stattdessen sind es gerade die mit hohen Emissionen verbundenen Zukunftsprojektionen, in denen die Wirtschaftsleistung pro Kopf am meisten zunimmt. Schließlich verbrennt die Menschheit Kohle, Öl und Gas nicht aus Spaß, sondern um damit Wertschöpfung zu erzielen. Die zukünftige Welt wird reich, sehr reich, wenn man eine moderate Erwärmung in Kauf nimmt. Und es sind die mit fossilen Energieträgern betriebenen Maschinen, die genau dieser Welt die notwendigen Abwehrkräfte verleihen, um Naturereignisse von schädlich zu unbequem zu touristisch attraktiv zu degradieren.

Wenn also die Menschheit auf Klimaschutz verzichtet, wird es ihr bald nicht mehr einfach nur gut gehen, sondern sogar sehr gut. Dann wird im Jahr 2100 auch ein heute geborener Afrikaner auf ein von stetigen Verbesserungen geprägtes Leben zurückblicken und die Frage nach der Erderwärmung wie meine Großmutter mit einem „habe ich nie wahrgenommen“ beantworten können. Und um dies zu erreichen, sollte man nicht auf die Apokalyptiker hören, die vom bevorstehenden Untergang der Zivilisation auf einer bald schon unbewohnbaren Erde schwadronieren. Denn diesen Zeitgenossen mangelt es an Verständnis für eine Moderne, in der sich der Unterschied zwischen dem Eintrittsrisiko natürlicher Heimsuchungen einerseits und der von ihnen ausgehenden Gefährdung andererseits zunehmend ausweitet.